Miss Slalom Mikaela Shiffrin nimmt weiter Fahrt auf

Der US-Jungstar tanzt auf mehreren Hochzeiten und traut sich in vier Disziplinen Siege zu.

Manchmal muss sich Mikaela Shiffrin zwicken, um sicherzugehen, dass sie sich nicht gerade im Reich der Träume befindet: Was die 19-Jährige in ihrer kurzen Zeit im Skizirkus schon alles erleben durfte, bleibt den meisten Sportlern während der gesamten Karriere vorenthalten. "Diese beiden Saisonen waren unglaublich spektakulär", sagt Shiffrin, und in ihrer Stimme schwingt ein Hauch von Fassungslosigkeit mit.

"Wahnsinn."

WM-Gold. Kleine Kristallkugeln. Olympia-Gold – das sind die begehrenswerten Trophäen, die Shiffrin in ihren jungen Jahren bereits gewonnen hat. Die Amerikanerin ist gern gesehener Gast in den wichtigsten Talkshows ihrer Heimat, beliebtes Fotomotiv und kann von sich behaupten, neuerdings sogar auf einer Stufe mit Boris Becker zu stehen: Auch der Slalom-Star ist seit Kurzem Namenspate. Während nach Becker lediglich eine Meeresschnecke benannt ist (Bufonaria borisbeckeri), hat Shiffrin für ihre Verdienste gleich eine eigene Sieger-Straße erhalten. Ihr ganz persönlicher "Mikaela Way" liegt in Avon, exakt zwischen ihrem Wohnort Eagle-Vail und dem WM-Schauplatz Beaver Creek im US-Bundesstaat Colorado. "Es ist surreal, eine eigene Straße zu haben."

Populär & sympathisch

Unglaublich, wie die gesamte Karriere der amerikanischen Senkrechtstarterin, die es inzwischen selbst im Sportland der Touchdowns, Homeruns und Dunks zu einer beachtlichen Popularität und einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht hat. "Wenn du bei Olympia gewinnst, dann wird das in Amerika sehr wohl registriert", berichtet Kilian Albrecht, der österreichische Manager von Shiffrin. "Aber ich werde immer noch in Europa von mehr Leuten angesprochen", ergänzt die sympathische 19-Jährige.

Nach all den Titeln, Trophäen und Triumphen (zehn Weltcupsiege), die sie schon auf der Habenseite hat, könnte Shiffrin eigentlich leiser treten und ihr Leben als Teeniestar auskosten, aber die Amerikanerin macht partout keine Anstalten, sich auf den Erfolgen auszuruhen. Ganz im Gegenteil: Der fulminante Karrierestart hat der Ausnahmeerscheinung erst Lust auf mehr gemacht, und in ihrem Ehrgeiz erinnert Shiffrin fast ein wenig an ihre Landsfrau Lindsey Vonn. Auch die prominente Teamkollegin hat sich stets nur die größten Ziele gesetzt.

Hungrig & siegessicher

"Lindsey hat den Weg für den Damen-Rennsport geebnet, weil sie mit ihrem Siegeswillen nicht hinter dem Berg gehalten hat und sich nicht dafür schämt, gewinnen zu wollen", weiß Shiffrin, die gar kein Hehl daraus macht, dass sie Vonn nacheifern und im Idealfall sogar übertrumpfen möchte. "Jeder, der einmal den Erfolg gekostet hat, will mehr."

Bei Mikaela Shiffrin sieht dieses Mehr weitere Disziplinen vor. Die 19-jährige Slalomspezialistin will künftig ihre Erfolgsspur durch den gesamten Weltcup ziehen. Dass sie auf dem besten Weg zur perfekten Allrounderin ist, hat Shiffrin bereits mit ihrem ersten Riesentorlauf-Sieg in Sölden bewiesen. Ihre Einschätzung muss für die Konkurrenz daher wie eine Drohung klingen: "Ich sehe weitere vier Disziplinen, in denen ich gewinnen kann."

Im zweiten Weltcup-Slalom dieser Saison in Aspen steht am Sonntag (18 bzw. 21 Uhr MEZ, live ORFeins) naturgemäß Mikaela Shiffrin wieder im Mittelpunkt. Nicht nur, weil die 19-Jährige in den vergangenen beiden Wintern in ihrer Paradedisziplin das Maß aller Dinge war, sie ist – zumindest im Moment auch noch – der einzige gesunde Star im US-Skiteam. Ihre prominenten und älteren Teamkollegen, die im vergangenen Jahrzehnt auf den Pisten die US-Fahnen hochgehalten hatten, befinden sich gerade im Krankenstand oder stehen erst vor dem Comeback.

Lindsey Vonn

Ist sie etwa bereits wieder ganz die Alte? Wird sie überhaupt je wieder an ihre alten Glanzzeiten und -taten anschließen können? Haben die schweren Verletzungen Spuren hinterlassen? Das sind die brennenden Fragen vor dem Comeback von Lindsey Vonn. Die vierfache Weltcup-Gesamtsiegerin kehrt in der kommenden Woche in Lake Louise nach zwei Knieoperationen in den Weltcup zurück und kann es kaum noch erwarten, wieder im Renntempo über die Piste zu rasen. „Ich bin aufgeregt“, ließ die 30-Jährige via Facebook wissen. Die Stürze und Verletzungen scheint Vonn jedenfalls schon einmal gut verdaut zu haben. „Ich habe Spaß und bin nicht gestürzt. Wer behauptet, dass man seine Ängste nicht überwinden kann?“

Und Lake Louise ist sowieso wie gemacht für das Comeback des US-Stars: Die Pisten in Kanada müssten eigentlich längst nach Lindsey Vonn benannt sein, die 30-Jährige hat dort 14 (!) ihrer 59 Weltcupsiege gefeiert.

Ted Ligety

Der beste Riesentorläufer der vergangenen Jahre (Doppelweltmeister, Olympiasieger) hat gerade ein Riesen-Handicap. Ligety brach sich vor wenigen Tagen das linke Handgelenk und hat nun alle Hände voll zu tun, um wieder fit zu werden. Vorsichtshalber verzichtet der 30-Jährige auf einen Start im heutigen Super-G in Lake Louise, um sein lädiertes Handgelenk zu schonen, das mit vier Schrauben stabilisiert werden musste. Am kommenden Wochenende bei der WM-Generalprobe in Beaver Creek möchte Ligety allerdings wieder am Start stehen.

Bode Miller

Während es bei Vonn und Ligety nur noch eine Frage von Tagen ist, bis sie wieder im Weltcup auftauchen, zieht sich die Rückkehr von Bode Miller hin. Der 37-Jährige musste sich eben erst einer Operation am beleidigten Rücken unterziehen und musste sein Comeback abermals verschieben. Langsam drängt auch die Zeit, denn die Heim-WM in Vail, der Saisonhöhepunkt für Miller, rückt immer näher. Der Routinier möchte im Jänner wieder auf der Piste stehen.

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