Damen-RTL: Neuer Schnee, neue Hoffnung
Man muss schon weit zurückblättern, um einen österreichischen Podestplatz im Damen-Riesenslalom zu finden. Am 7. März 2016 hatte Eva-Maria Brem im slowakischen Jasna gewonnen, in den folgenden 21 (!) Weltcupbewerben schaffte es keine ÖSV-Dame mehr aufs Podest. Im Fall von Eva-Maria Brem lag es an ihrem Schien- und Wadenbeinbruch, von dessen Folgen sich die Tirolerin noch immer nicht erholt hat, weshalb sie auch nicht für Südkorea nominiert worden ist.
Überhaupt, der Riesenslalom, diese Basisdisziplin des alpinen Skirennlaufs: Noch nie gab es eine österreichische Olympiasiegerin, immerhin stehen aber sechs Silbermedaillen (zuletzt Anna Veith 2014, damals noch unter ihrem Mädchennamen Fenninger) und drei aus Bronze (zuletzt Elisabeth Görgl 2010) zu Buche.
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Neuland
Höchste Zeit also, an der Bilanz zu arbeiten, und genau das haben Stephanie Brunner, Ricarda Haaser, Bernadette Schild und Anna Veith am Montag ab 2.15 Uhr Mitteleuropäischer Zeit vor (Zweiter Lauf 5.45 Uhr). Gefahren werden die technischen Bewerbe im Skigebiet von Yongpyong, nur ein paar Kilometer vom Olympiapark von PyeongChang entfernt. Für die Damen ist das Neuland, denn bislang wurden dort nur Herren-Weltcuprennen bestritten.
Die Favoritinnen sind freilich auch diesmal andere, allen voran Weltmeisterin Tessa Worley aus Frankreich, Mikaela Shiffrin aus den USA, Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg aus Deutschland – und die starken Italienerinnen um Federica Brignone. Dessen ist sich auch Anna Veith bewusst. "Es ist unrealistisch, dass ich im Riesenslalom eine Medaille hole", sagt die 28-Jährige, "in Sotschi war ich in Höchstform, jetzt bin ich in einer ganz anderen Situation. Ich bin froh, dass ich überhaupt nominiert worden bin." Ihre schwere Knieverletzung im Herbst 2015 und die Folgen der Patellarsehnenoperation im vergangenen Jahr sind längst nicht überwunden, "außerdem starte ich wohl mit Nummer 31, das ist auch ein Nachteil. Und meine Form ist auch noch nicht so stabil."
Neulinge
Unbefangen gehen die Olympia-Debütantinnen Stephanie Brunner und Ricarda Haaser an die Aufgabe heran. Die Tirolerin Brunner hat in der jüngsten Pause am Beheben ihrer Defizite gearbeitet, die sie nach einem guten Start in die Saison in Kranjska Gora und am Kronplatz aus der Erfolgsspur gebracht haben. "Ich habe mein Selbstvertrauen wiedergefunden", freut sich die 23-Jährige, "und ich hab’ auch keinen Druck, denn hier erwartet sich keiner etwas von mir."
Die Tirolerin Haaser ist "ein bissl stolz, hier dabei sein zu dürfen. Ich hab’ sowieso die Außenseiterrolle, ich kann nur mich und die anderen überraschen." Auf den sehr eigenwilligen, aggressiven Schnee hat sich die 24-Jährige nach anfänglichen Problemen ebenso gut einstellen können wie Bernadette Schild.
Die Salzburgerin wohnt nicht im olympischen Dorf, sondern mit ihren Eltern und Ehemann Armin in einem Appartement mitten in PyeongChang. "Eine Lehre aus den Winterspielen in Sotschi", sagt die 28-Jährige, "damals war ich absolut überfordert. Ich hatte damals die Erwartung, dass Olympia einfach nur ein Weltcuprennen sei, aber das Drumherum ist halt doch ganz anders. Hier kann ich mich jetzt frei bewegen, und hier habe ich die Ruhe, die ich einfach brauche."
Man sieht Mikaela Shiffrin an, dass ihr diese Frage unangenehm ist. "Ihr seid doch alle verrückt", meint die 22-Jährige, nachdem US-Medien zuletzt bereits erste Vergleiche zwischen ihr und Schwimmer Michael Phelps gezogen haben. "Euch ist schon klar, dass er 23 Goldmedaillen gewonnen hat. Ich kann nicht glauben, dass ihr mich auf eine Ebene mit ihm stellen wollt."
Das hat Mikaela Shiffrin jetzt also davon, dass sie im Skisport so viele Meilensteine gesetzt hat. Wer in ihrem Alter Olympiasiegerin, dreifache Weltmeisterin, Gesamtweltcupsiegerin und Gewinnerin von 41 Weltcuprennen ist, dem werden zwangsläufig Wunderdinge zugetraut. "Aber 23 Medaillen? Das geht sich ja schon rein rechnerisch nicht aus."
Dabei hat Mikaela Shiffrin bei diesen Winterspielen durchaus große Ambitionen. "Ich würde hier gerne alle Bewerbe fahren", erklärt die 22-Jährige vor dem Riesentorlauf am Montag. Allerdings nur, sofern sie sich dafür auch fit und frisch genug fühlt. "Ich weiß nicht, ob ich die Energie dafür habe", gesteht Shiffrin.
Bei ihren letzten vier Rennen vor Olympia war die Amerikanerin drei Mal nicht ins Ziel gekommen, im Slalom in Lenzerheide hatte sie sich auf dem Weg zum sicheren Sieg einen leichtfertigen Ausrutscher geleistet. "Da haben bei mir die Alarmglocken geläutet. Ich habe geweint und geschrien, ich war nicht mehr ich selbst. Der mentale Stress war einfach zu groß." Nun, nach einer kleinen Auszeit, ist sie wieder bereit.
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