Aufregung um Jury-Beschluss: ÖSV-Jungstar Kramer verpasst WM-Medaille
Marita Kramer hatte kaum festen Boden unter ihren Füßen, da ahnte sie schon, was es geschlagen hat. Und dass sich ihr Traum von einer Medaille schlagartig in Luft aufgelöst hatte. Entsetzt griff sie sich nach der verwackelten Landung auf den Kopf, und als nach langen Sekunden des Bangens und Hoffens schließlich auf der Anzeigetafel der Vierer aufleuchtete, konnte die junge Pinzgauerin die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Dabei schien alles schon angerichtet für eine erste österreichische Medaillenfeier bei dieser WM in Oberstdorf. Marita Kramer war im ersten Durchgang auf der Normalschanze 109 Meter weit geflogen, der neue Schanzenrekord bescherte der 19-Jährigen die Halbzeitführung und die Aussicht auf Gold.
Laute Kritik
Möglicherweise wurde Marita Kramer dann gerade dieser Rekordsprung zum Verhängnis. Denn im Wissen um die außergewöhnlichen Flugeigenschaften der dreifachen Saisonsiegerin und aus Angst vor einem zu weiten Satz verkürzte die Wettkampfjury im Finale unmittelbar vor Marita Kramer überraschend den Anlauf – und griff damit entscheidend in die Medaillenvergabe ein.
„Das war nicht fair. Diese Entscheidung ist für mich nur schwer nachvollziehbar“, schimpfte Cheftrainer Harald Rodlauer im ORF-Interview. „Da werden einige Leute schlecht schlafen.“
ÖSV-Direktor Mario Stecher legte nach dem Springen offiziell Protest gegen das Verhalten der Jury ein. Es hätte keine Grundlage gegeben, zusammenzutreten und den Anlauf zu verkürzen. "Uns geht's nicht darum, dass der Wettkampf annulliert wird, sondern darum, dass diese Leute, die in der Jury waren, nie mehr wieder dort oben stehen.
Erstaunlicherweise hielt sich bei der viertplatzierten Marita Kramer der Unmut über die Anlaufverkürzung in Grenzen. Die gebürtige Niederländerin ärgerte sich vielmehr über ihren schlechten zweiten Sprung und die niedrigen Haltungsnoten. „Schlechte Landung ist vierter Platz. Ich bin dumm gelandet und deshalb verdient Vierte“, so die selbstkritische 19-Jährige, der am Ende 4,4 Punkte auf die slowenische Weltmeisterin Ema Klinec fehlten.
Dieser vierte Platz passt irgendwie zu Kramers Pleiten-, Pech- und Pannenserie der letzten Wochen. Beim Heimweltcup in Hinzenbach war sie wegen eines Anzugvergehens disqualifiziert worden, am vergangenen Wochenende durfte sie beim Weltcup in Rasnov wegen eines vermeintlich positiven Covid-Tests nicht starten.
Neue Chance
Wahrscheinlich ist es gar nicht so schlecht, dass bereits heute der nächste Wettkampf auf dem Programm steht und Kramer gar nicht viel Zeit zum Hadern hat. Im Teambewerb gehören die Österreicherinnen zu den Mitfavoritinnen. Missgeschicke wie gestern, als Sophie Sorschag disqualifiziert wurde (falscher Anzug) dürfen dann aber nicht passieren.
Kommentare