Wo Jung-Adler Diethart das Fliegen lernte

Früh übt sich: Schon als Kind trainierte Thomas Diethart mit seinem Vater den richtigen Absprung.
Im flachen Tullnerfeld wurde aus Thomas Diethart jener Überflieger, der die Tournee anführt.

Knapp 300 Einwohner hat der kleine Ort Michelhausen im Bezirk Tulln in Niederösterreich. Dort gibt es zwar weder einen Berg noch einen Sportplatz, dafür aber seit Mittwoch einen Skisprung-Weltcup-Sieger: den 21-jährigen Thomas Diethart. Beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen gelangen dem Flachländler zwei souveräne Sprünge und damit auch der Sieg bei einem Bewerb der Vierschanzentournee.

Wo Jung-Adler Diethart das Fliegen lernte
Skispringer Thomas Diethart, Lokalaugenschein in der Skispringer-Hood
In Dietharts Heimatort Michelhausen ist seit dem Neujahrstag nicht mehr alles so, wie es vorher war. Die Betreiber der örtlichen Trafik etwa haben ein Plakat gestaltet, das unübersehbar vor dem Haus positioniert wurde. „Wir sind von Herzen Stolz und vergönnen’s dem Buben sehr“, sagt Trafikantin Marion Regenspurger. Der Thomas sei schon immer ein sehr aktives Kind gewesen.

Ein „Springginkerl“ eben – das sagt nicht nur Dietharts Nachbar in Michelhausen, Harald Buchinger, sondern auch Dietharts Schwester Nadine, die Direktorin seiner ehemaligen Volksschule, der Bürgermeister und die ehemalige Kindergärtnerin Anneliese Heinl.

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Skispringer Thomas Diethart, Lokalaugenschein in der Skispringer-Hood
Die erinnert sich noch genau an eine Weihnachtsfeier im Kindergarten. Alle Eltern und Kinder haben sich im Turnsaal versammelt. Nur einer war verschwunden: der kleine Thomas. „Als knapp Zweijähriger ist er auf der obersten Sprosse der Sprossenwand gesessen. Ich hab geglaubt, mich trifft der Schlag“, sagt Heinl. Und nicht nur einmal hätten verängstigte ältere Herrschaften angerufen, dass da ein Bub im Baum vor dem Kindergarten sitzt. „Ja, das wissen wir eh, hab’ ich immer gesagt.“

Ähnlich wie Dietharts Kindergartentante ist es auch Volksschuldirektorin Maria Höfinger ergangen. An Dietharts ersten Schultag kann sie sich noch genau erinnern. So schnell habe sie gar nicht schauen können, ist der Thomas schon auf die Laterne vor der Schule gekraxelt. Höhenangst hatte er bereits damals nicht.

Hoch hinaus

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Skispringer Thomas Diethart, Lokalaugenschein in der Skispringer-Hood
Das erzählt auch Dietharts Schwester Nadine (23). „Manchmal ist er im Sommer einfach aufs Dach geklettert und hat sich dort sonnen lassen“. Oder er ist vom Garagendach gesprungen. Oder er hat Saltos auf dem Trampolin im Garten geschlagen. Oder er ist mit dem Einrad durch den Ort gefahren. Oder er ist mit den Inline-Skates auf dem Gehsteig vor dem Haus bergab gefahren und über eine vom Vater gebaute Holz-Schanze gesprungen. „Der Papa hat den Thomas dann immer so richtig gefangen, wie die Skisprung-Trainer“, sagt Schwester Nadine.
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Skispringer Thomas Diethart, Lokalaugenschein in der Skispringer-Hood
Ihr Bruder sei schon immer ein „Überflieger“ gewesen. Die Playstation habe ihn nie interessiert. Lieber sei er in die Garage klettern gegangen. Dort hat die Familie eine Kletterwand aufgebaut, damit der Sohn trainieren kann. Denn den Traum, Skispringer zu werden, hatte Thomas Diethart seit jeher. Am Samstag wird sein Traum fortgesetzt, auf dem legendären Bergisel. Ein Teil der Michelhausener will zu den letzten beiden Tournee-Stationen mit dem Bus anreisen, der Rest hat zugesagt, vor der Leinwand mitzuspringen: beim großen Public Viewing in Michelhausen.

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