Der Beginn der Dürr-Periode

Dürr hat sich in den vergangenen Monaten einen Namen gemacht.
Der Niederösterreicher Johannes Dürr stürmt im Langlauf-Weltcup die Top Ten.

Einen Punkt wollte er nur. Nicht mehr. „Einen depperten Weltcuppunkt“, erinnert sich Johannes Dürr. Als Lohn für die Mühen über all die Jahre, und als Bestätigung, dass er seinerzeit doch den richtigen Weg eingeschlagen hat. Denn Dürr hätte mit 14 auch Fußballer werden können, die Aufnahmeprüfung für das Bundesnachwuchszentrum St. Pölten war schon bestanden. Aber der Niederösterreicher entschied sich für einen Weg voller Widerstände und Hindernisse, für ein Leben voller Entbehrungen und Anstrengungen: Johannes Dürr wurde Langläufer. „Das war die richtige Entscheidung. Der Ausdauersport hat mich menschlich geprägt“, sagt der 26-Jährige.

Aus dem einen, depperten Weltcuppunkt, den er sich noch im Jänner so sehnlich gewünscht hatte, sind mittlerweile viele geworden. Johannes Dürr hat sich in den vergangenen Monaten einen Namen gemacht und dabei einige Erfolgsspuren hinterlassen. Nach seinem hervorragenden siebenten Platz zuletzt beim Weltcup in Davos (30 Kilometer Skating) liegt der 26-jährige Ausdauerspezialist im Langdistanz-Weltcup sogar in den Top Ten. „Das fühlt sich alles so unecht an“, sagt Dürr.

Aha-Erlebnis

Dabei hätte der Niederösterreicher noch zu Jahresbeginn seine Langlaufskier am liebsten „irgendwo ins Eck gepfeffert“, nachdem er zum x-ten Mal in seiner Karriere an den Punkterängen vorbeigelaufen war. „Ich hab’ mir gedacht: ,Das darf doch nicht wahr sein, dass ich da nicht reinkomm.‘“ Als er dann wenige Tage später bei der Tour de Ski mit der vierten und der achten Zeit ins Ziel kam, hatte Johannes Dürr endlich die Bestätigung und sein persönliches Aha-Erlebnis. „Da hatte ich dann das erste Mal schwarz auf weiß in der Ergebnisliste, dass ich Langlaufen kann“, erinnert sich der gebürtige Melker.

Als riesiges Talent mit perfekten Ausdauerwerten und großem Potenzial hatte Johannes Dürr ja schon immer gegolten. Gesundheitliche Probleme hatten den Österreicher aber jahrelang aus der Bahn geworfen. Dass er heute trotz aller Rückschläge noch seine Spuren zieht, hat der 26-Jährige seiner Zähigkeit und seinem Kampfgeist zu verdanken. „Als Langläufer muss dir klar sein: Es geht nicht einfach, du musst viel investieren. Du musst ein Beißer sein, anders schaffst es gar nicht. Aber wenn du das durchziehst, dann hast du richtig viel geleistet.“

Exotenstatus

Johannes Dürr hat in den letzten Monaten jedenfalls viel für den österreichischen Langlaufsport geleistet. Das merkt er auch selbst bei den Weltcuprennen. „Die Leute schauen auf mich. Und die sehen jetzt: Langlaufen ist vielleicht doch nicht nur Norwegen und Russland.“

In Österreich freilich, da sieht’s mit der öffentlichen Wahrnehmung und der Akzeptanz der Langläufer schon ungleich schwieriger aus. Neben den Alpinen und den Adlern geht ein siebenter Platz im oft belächelten Ausdauersport fast unter. „Als Langläufer hat man in Österreich Exotenstatus“, meint Johannes Dürr, „die Leute können die Ergebnisse auch nicht richtig einordnen. Ein Top-Ten-Platz im Langlaufen ist sicher wie ein Podestplatz bei den Skifahrern.“

Die Ansprüche an Johannes Dürr sind durch die jüngsten Erfolge gestiegen. „Aber wenn jetzt jemand von mir gleich eine Olympiamedaille erwartet, dann ist das einfach nicht realistisch“, meint der Jungvater. Ihn würde schon freuen, wenn sich der Imagewandel des heimischen Langlaufs fortsetzen würde. Denn: „Die Leute sollen sehen, dass da eine super Truppe am Werk ist, die ehrlich und mit Spaß arbeitet.“

Laufbahn: Johannes Dürr (*12. März 1987 in Melk) gelang in diesem Jahr der Durchbruch. Der Vierte der Junioren-WM von 2007 wurde im Jänner bei der Tour de Ski einmal Achter (15 Kilometer klassisch) und einmal Vierter (Verfolgung). In dieser Saison lief er zuletzt in Davos auf Rang sieben (30 Kilometer Freistil). HSZ-Athlet Dürr lebt mit Freundin und Sohn im Südtiroler Antholzertal, wo er auch trainiert.

Langlauf-Erfolge: Zwischen 1998 und 2006 waren österreichische Langläufer Stammgäste auf dem Siegespodest. Die goldene Ära unter dem mittlerweile geächteten Trainer Walter Mayer wurde 1998 mit der ersten olympischen Langlaufmedaille (Markus Gandler) eingeläutet.

Bei der Heim-WM 1999 in Ramsau gewann die Herren-Staffel Gold, zudem gab es drei Medaillen. 2002 wurde Christian Hoffmann nachträglich Olympiasieger über 50 km.

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