Vor seiner dritten Tournee als Cheftrainer ist der Tiroler gelassen und zuversichtlich wie noch nie. Was soll ihn auch noch aus der Ruhe bringen? Es gibt ja praktisch kein Unbill mehr, was Widhölzl und seinem Team rund um die Tournee noch nicht widerfahren wäre.
2020 hatte das Coronavirus die ÖSV-Springer lahmgelegt. Im Vorjahr wurden die Österreicher beim Auftakt in Oberstdorf ein Opfer der Witterung und waren nach dem ersten Bewerb schon aus dem Rennen um den Gesamtsieg. "Die Ausgangsposition ist diesmal definitiv besser als in den letzten beiden Jahren", weiß Andreas Widhölzl.
Das liegt einerseits daran, dass das Wohl der Skisprungnation bei dieser Vierschanzentournee nicht nur an Stefan Kraft hängt, der in der Vergangenheit meist allein in der Verantwortung stand. "Wir sind breiter aufgestellt. Ein Manuel Fettner oder ein Michael Hayböck sind in der Lage, ganz vorne mitzuspringen und haben das auch bereits bewiesen", sagt Andreas Widhölzl.
Die mannschaftliche Stärke – Österreich führt aktuell mit großem Vorsprung im Nationencup – nimmt aber auch etwas Druck von Stefan Kraft. Der letzte heimische Tourneesieger (2014/’15) präsentiert sich in diesem Winter so stabil und souverän wie schon lange nicht mehr. "Wenn er einmal einen schlechteren Sprung auspackt, dann wird er trotzdem Achter. Sein Niveau ist extrem hoch", lobt Andreas Widhölzl.
Und trotzdem ist gerade der größte österreichische Hoffnungsträger auch das größte österreichische Sorgenkind: Auf dem Weg nach Oberstdorf muss Stefan Kraft eine Erkältung aufgeschnappt haben. Jedenfalls klagte der 29-Jährige über Kopfschmerzen und Schüttelfrost.
Dass er nicht ganz auf der Höhe ist, zeigte sich dann auch in der Qualifikation. Mit 109,5 Metern schaffte Kraft mit Ach und Krach als 44. den Sprung in den Bewerb der besten 50. Dort wartet auf den dreifachen Weltmeister im K.o.-Duell mit Lokalmatador Karl Geiger am Donnerstag ein harter Gegner. „Ich mache körperlich alles auf Sparflamme und hoffe, dass es besser wird“, sagt Kraft.
Sieht man einmal von den gesundheitlichen Beschwerden ab, verspürt Stefan Kraft endlich wieder das Tournee-Feeling, das er sehr vermisst hatte. Nach drei Jahren Geisterspringen sind bei der Tournee wieder Zuschauer zugelassen, in Oberstdorf waren bereits 16.000 Fans bei der Qualifikation. „Wenn man oben auf der Schanze steht und unten keine Leute sieht, ist das schräg. Mit Zuschauern ist ein anderes Kribbeln drinnen. Dieses Kribbeln kann man nicht herzaubern.“
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