Klaus Kröll überraschte sich selbst

Cowboy Kröll: "Ich konnte es im Ziel gar nicht glauben und meinte zu träumen."
Kröll wurde nur von Paris geschlagen. Fünf der letzten acht Abfahrten gewann ein Italiener.

Sicher könnte man jetzt Klaus Kröll des bewussten Tiefstapelns beschuldigen, als er vor seinem Saisonauftakt in der Abfahrt von Lake Louise vor allem hoffte, den Rückstand auf die Konkurrenz im Dezember so weit auszumerzen, dass er im Jänner wieder um Siege mitfahren kann. Doch man würde dem Öblarner Unrecht tun. Denn Klaus Kröll bezeichnete seinen zweiten Platz, drei Hundertstelsekunden hinter dem Südtiroler Dominik Paris, selbst als „Wunder. Ich konnte es im Ziel gar nicht glauben und meinte zu träumen.“

Keine acht Wochen nach der letzten Operation an der lädierten linken Schulter kann der Steirer noch immer seinen linken Arm nicht so bewegen, wie er es gern könnte; rund acht Monate nach seinem Oberarmbruch beim Finale der letzten Saison in der Schweizer Lenzerheide fehlt ihm, den sie den Bullen nennen, die Kraft. Und: „Ich habe nach wie vor Lähmungen in den Schultermuskeln. Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, am Start ans Limit zu gehen und zu pushen. Es war ein wirklicher Hardcore-Test. Ich hatte die Schulter aber so weit im Griff, dass ich nicht daran denken musste.“

Und dann leuchtete tatsächlich der Einser auf der Anzeigetafel auf, als Klaus Kröll im Ziel angekommen war. Sein Gesichtsausdruck war irgendwo zwischen Fassungslosigkeit und Staunen angesiedelt, und als nur noch Dominik Paris, dieser Kanten aus dem Südtiroler Ultental (1,83 Meter, 97 Kilo), schneller war, da wusste Klaus Kröll schon, was er zu tun hatte – Danke sagen. „Danke an meine Familie, Trainer, Physios, Doktoren, meinen Servicemann und an alle, die mir geholfen und an mich geglaubt haben, dass ich es wieder an die Spitze schaffen kann.“

Hinzu kam ein Glücksgriff beim Material – die weniger aggressive Abstimmung der Schuhe war zwar riskant, erwies sich aber als goldrichtig.

Serienhelden

So wie Klaus Kröll schon wieder mittendrin im Geschehen ist, sind es auch die italienischen Kollegen. Dominik Paris, im letzten Winter Sieger in Bormio und Kitzbühel und damit nicht von irgendwelchen Rutscher-Rennen, obendrein auch Vizeweltmeister in Schladming, schrieb die Erfolgsserie der Italiener fort. Fünf der acht Abfahrten im letzten Winter hatten die Azzurri gewonnen, der Erfolg vom Samstag war der 30. italienische in einer Weltcup-Abfahrt.

Für den AC-Milan-Fan ist freilich schon jetzt klar, dass ihn im Olympiawinter noch viel Arbeit erwartet: „Es war hier extrem eng und spannend. Und so wird es die gesamte Saison bleiben.“

Und es gibt ja noch andere Kandidaten auf Siege. Etwa Paris’ Landsmann Christof Innerhofer, der vorerst aber noch mit Rückenproblemen hadert. Eines aber haben die beiden gemeinsam: Sie wurden im Oktober ex aequo als Italiens Skisportler des Jahres ausgezeichnet.

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