Dabei tut sich automatisch die Frage auf: Wie fährt Cyprien Sarrazin dann erst, wenn er einmal richtig ausgeschlafen ist?
Am Samstag legte der aufgeweckte Franzose in Kitzbühel eine Siegesfahrt hin, die viele unweigerlich an den legendären Lauf von Stephan Eberharter vor 20 Jahren erinnert hat, die als perfekter Streifzug in die Kitz’-Annalen eingegangen ist.
Wie auf Schienen
Wie auf Schienen zog Sarrazin auf der schwierigsten Abfahrt der Welt mit einer spielerischen Leichtigkeit seine Spuren und distanzierte Marco Odermatt um fast eine Sekunde. Der Schweizer hatte nach seiner Fahrt im Ziel dermaßen ausgelassen gejubelt, dass er offenbar schon mit dem ersten Sieg in Kitzbühel gerechnet hatte.
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Aber dieser Cyprien Sarrazin fährt gerade wie entfesselt Ski. Seit seinem ersten Abfahrtssieg vor drei Wochen in Bormio legt der 29-jährige Franzose ein unheimliches Tempo vor und katapultierte sich in Windeseile in den Rang des besten Abfahrers der Gegenwart: Von den letzten sechs Speed-Rennen, in denen der Draufgänger aus Gap ins Ziel kam, gewann Sarrazin vier, zwei Mal wurde er Zweiter. „Für mich ist gerade zwei Mal ein Traum wahrgeworden“, sagte er nach seinem Triumph am Samstag in Kitzbühel mit Tränen in den Augen. „Das ist definitiv der beste Tag in meinem Sportlerleben.“
Wie bestellt
Der Quereinsteiger, der erst im letzten Winter seine ersten Gehversuche in der Abfahrt unternahm, kommt für den Skisport wie bestellt, nachdem dem Weltcup in den vergangenen Monaten ein Star nach dem anderen abhanden gekommen war. Der Rücktritt von Lucas Braathen und die Verletzungen von Marco Schwarz, Alexis Pinturault sowie Aleksander Aamodt Kilde haben dieser Saison sehr viel Spannung genommen. Dank Senkrechtstarter Sarrazin gibt es nun jemand Neuen, der die Skifans zu faszinieren vermag, wie die Begeisterung am Samstag in Kitz’ beweist.
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Die 40.000 jubelten dann freilich auch noch einem Lokalmatador zu. Dem einzigen Österreicher, dem es in diesem vermurksten Abfahrerwinter läuft. Stefan Babinsky fuhr mit Rang vier sein bestes Weltcupergebnis ein und setzte seinen Aufwärtstrend der letzten Wochen fort. „Das ist ein Wahnsinn und unbeschreiblich. Mir taugt es extrem, dass ich es gerade in Kitzbühel auf die Ski gebracht habe“, meinte der Steirer. „Ein brutal gutes Gefühl.“
Solche Worte waren aus dem Mund von Vincent Kriechmayr schon länger nicht mehr zu hören. Der ehrgeizige Oberösterreicher wurde wieder einmal durch Fehler ausgebremst und musste sich nach dem sechsten Platz einmal mehr eingestehen. „Das ist zu wenig.“
Für zwei Abfahrer hieß es am Samstag Abschied nehmen. Der Salzburger Christopher Neumayer (12.) und der Deutsche Thomas Dreßen, 2018 Sieger auf der Streif, beendeten die Karriere.
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