Kitz-Dominator Sarrazin auf den Spuren von ÖSV-Legende Eberharter

Kitz-Dominator Sarrazin auf den Spuren von ÖSV-Legende Eberharter
Der Franzose gewann in bestechender Manier die zweite Abfahrt auf der Streif und wird für den Skisport in schwierigen Zeiten zum Segen.

Da stand er nun. Breitbeinig und mit weit ausgestreckten Armen thronte Cyprien Sarrazin im Zielraum der Streif auf der Werbebande und ließ sich von den Massen feiern. Die eindrucksvolle Pose hätte auch vom jungen Arnold Schwarzenegger sein können, der dem Helden dieser Hahnenkammrennen von der Ehrentribüne aus zujubelte.

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Selten einmal ist ein Abfahrtssieger in Kitzbühel so aus sich herausgegangen wie dieser Cyprien Sarrazin, der gerade im Skiweltcup alle begeistert. Und das muss man ja erst einmal zusammenbringen: Nach der kräftezehrenden Fahrt über die Streif auch noch die Energie zu haben, aus dem Stand auf die Werbebande zu hüpfen. "Ich habe über diesen Jubel schon im Bett nachgedacht", gestand der 29-jährige Franzose, der auch genug Zeit dafür hatte. "Nach meinem Sieg am Freitag habe ich die ganze Nacht nicht geschlafen."

Dabei tut sich automatisch die Frage auf: Wie fährt Cyprien Sarrazin dann erst, wenn er einmal richtig ausgeschlafen ist?

Am Samstag legte der aufgeweckte Franzose in Kitzbühel eine Siegesfahrt hin, die viele unweigerlich an den legendären Lauf von Stephan Eberharter vor 20 Jahren erinnert hat, die als perfekter Streifzug in die Kitz’-Annalen eingegangen ist.

Kitz-Dominator Sarrazin auf den Spuren von ÖSV-Legende Eberharter

Wie auf Schienen

Wie auf Schienen zog Sarrazin auf der schwierigsten Abfahrt der Welt mit einer spielerischen Leichtigkeit seine Spuren und distanzierte Marco Odermatt um fast eine Sekunde. Der Schweizer hatte nach seiner Fahrt im Ziel dermaßen ausgelassen gejubelt, dass er offenbar schon mit dem ersten Sieg in Kitzbühel gerechnet hatte.

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Aber dieser Cyprien Sarrazin fährt gerade wie entfesselt Ski. Seit seinem ersten Abfahrtssieg vor drei Wochen in Bormio legt der 29-jährige Franzose ein unheimliches Tempo vor und katapultierte sich in Windeseile in den Rang des besten Abfahrers der Gegenwart: Von den letzten sechs Speed-Rennen, in denen der Draufgänger aus Gap ins Ziel kam, gewann Sarrazin vier, zwei Mal wurde er Zweiter. „Für mich ist gerade zwei Mal ein Traum wahrgeworden“, sagte er nach seinem Triumph am Samstag in Kitzbühel mit Tränen in den Augen. „Das ist definitiv der beste Tag in meinem Sportlerleben.“

Kitz-Dominator Sarrazin auf den Spuren von ÖSV-Legende Eberharter

Wie bestellt

Der Quereinsteiger, der erst im letzten Winter seine ersten Gehversuche in der Abfahrt unternahm, kommt für den Skisport wie bestellt, nachdem dem Weltcup in den vergangenen Monaten ein Star nach dem anderen abhanden gekommen war. Der Rücktritt von Lucas Braathen und die Verletzungen von Marco Schwarz, Alexis Pinturault sowie Aleksander Aamodt Kilde haben dieser Saison sehr viel Spannung genommen. Dank Senkrechtstarter Sarrazin gibt es nun jemand Neuen, der die Skifans zu faszinieren vermag, wie die Begeisterung am Samstag in Kitz’ beweist.

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Die 40.000 jubelten dann freilich auch noch einem Lokalmatador zu. Dem einzigen Österreicher, dem es in diesem vermurksten Abfahrerwinter läuft. Stefan Babinsky fuhr mit Rang vier sein bestes Weltcupergebnis ein und setzte seinen Aufwärtstrend der letzten Wochen fort. „Das ist ein Wahnsinn und unbeschreiblich. Mir taugt es extrem, dass ich es gerade in Kitzbühel auf die Ski gebracht habe“, meinte der Steirer. „Ein brutal gutes Gefühl.“

Solche Worte waren aus dem Mund von Vincent Kriechmayr schon länger nicht mehr zu hören. Der ehrgeizige Oberösterreicher wurde wieder einmal durch Fehler ausgebremst und musste sich nach dem sechsten Platz einmal mehr eingestehen. „Das ist zu wenig.“

Für zwei Abfahrer hieß es am Samstag Abschied nehmen. Der Salzburger Christopher Neumayer (12.) und der Deutsche Thomas Dreßen, 2018 Sieger auf der Streif, beendeten die Karriere.

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