Heuchelei in der Causa Mayer und Ärger bei Ski-Legende Klammer

30.000, darunter Bundespräsident, Kanzler und Erzbischof in der Münchner Allianz Arena – die größte Trauerfeier in Europas Sportgeschichte verfolgten via ARD eine Million Deutsche mehr als davor die Übertragung von der Hahnenkamm-Abfahrt. Zwei Stunden lang wurde in emotionaler Weise des einzigartigen Fußballers, vor allem aber des „wunderbaren Menschen Franz Beckenbauer“ (O-Ton Bayern-Ministerpräsident Markus Söder) gedacht.
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Hätte der Franz seine Rehabilitierung noch erleben dürfen, wär das für sein krankes Herz die beste Medizin gewesen, sagen seine Freunde in Kitzbühel. Dort, wo er oberhalb vom Schwarzsee ein Haus besaß und wo später Hansi Hinterseer mitlitt, als Beckenbauer in Deutschland medial hingerichtet wurde.
Seit seinem Ableben aber wird er in Coverstorys als „unser Kaiser Franz“ posthum gewürdigt. Von denselben, die ihn 2015 an den Pranger stellten und vor Gericht brachten. Weil Deutschland dank der Repräsentationsfigur Beckenbauer auf nicht ganz astreine Art die WM 06 zugesprochen bekommen hatte .
Wurde wirklich geglaubt, dass man bei der FIFA, in der eine Großnation mit zwei Millionen aktiven Spielern genauso viele Stimmen (= eine einzige!) wie ein südpazifischer Inselstaat mit 700 Kickern hat, allein mit lieben Worten zum WM-Topgeschäft kommt?
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Selbst in vermeintlich weniger dollardominierten Sportarten wird zwecks Erlangung einer WM finanziell nachgeholfen . So hatte, wie’s Franz Klammer weiß, „der Schröcksi“ (=Ex-ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel) mit dem Geldkoffer nach Neuseeland müssen, ehe St. Anton die WM 01 im Vergabe-Ort Christchurch bekam. (Ski-)Kaiser Franz ärgert, wie „Weltverbesserer“ mit (Fußball-)Kaiser Franz umgingen. In Kitz schüttelte er aus anderem Grund nur kurz den Kopf.
Während Fußball-Teamchef Ralf Rangnick auf der Red-Bull-Tribüne am Hausberg den Streif-Krimi verfolgte, wurde Klammer im Ziel am Betreten der Läufer-Areals gehindert. Von Ordner-Typen darf auch nicht erwartet werden, dass sie einen Vierfach-Sieger kennen.
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Am Tag genau vor 40 Jahren gewann Klammer zum letzten Mal auf der Streif. Als Athleten noch keine Werbung machen, Veranstalter kein Preisgeld zahlen durften; als so getan wurde, als würden Rennläufer, die Monate auf Mutproben a la Kitz hintrainierten, dies für Häferl Jaga-Tee tun; und als Tempomessungen auf FIS-Geheiß nicht an der schnellsten Stelle erfolgten, um Kritikern vorzugaukeln, dass die Streif ohnehin nicht so gefährlich sei.
Aber die Heuchelei hat immer Saison. Wie entbehrliche Online-Reaktionen auf den irritierenden, in Polizeibegleitung erfolgten Abgang des Dreifach-Olympiasiegers Matthias Mayer während eines Empfanges in Kitzbühel zeigen.
Bricht sich ein Star ein Bein , ist das Mitleid groß. Hat er psychische Probleme, dominieren Gerüchte und Häme. Zeit, dass ein Umdenken stattfindet. Und ein neurologisches Handicap genauso vorurteilslos akzeptiert wird wie ein körperliches.
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