Herren-Chef Puelacher: "Dann krieg’ ich echt die Krise"

Optimist Puelacher: "Wir können in jedem Bewerb eine Medaille holen".
Herren-Chef Andreas Puelacher über Kritik, Stress und Hirscher.

Als passionierter Drachenflieger ist Andreas Puelacher Turbulenzen gewohnt. Seit 2014 ist der 52-jährige Tiroler als Cheftrainer für die Ski-Herren verantwortlich. In seine Amtszeit fallen Serienerfolge von Marcel Hirscher, aber auch eine Speed-Krise, die im vergangenen Winter die Ski-Nation beschäftigte. Vor der Weltmeisterschaft in St. Moritz spricht Puelacher im KURIER-Interview über ...

Den WM-Kader "Für mich sind das schwierige Momente und Entscheidungen. Einem Läufer, der einen vierten Platz vorweisen kann, sagen zu müssen, dass er nicht dabei ist – das tut weh. Es ist eine Sache, wenn man es rational begründen kann. Wenn man aber erklären muss, dass einem anderen Läufer der WM-Hang einfach besser liegt, dann geht das auch mir nahe. Andererseits ist mir die Situation lieber, als wenn ich nach Läufern suchen müsste, die wir mitnehmen können."

Die bisherige Saisonbilanz "Ich bin sehr zufrieden. Natürlich, die Norweger haben bis jetzt mehr Siege, aber was die Podestplätze betrifft, sind wir weit vorne. Wir haben mit Michael Matt und Frederic Berthold zwei neue Podestfahrer, mit Max Franz außerdem ein neues Siegergesicht. Und dann muss man ja nur einmal schauen, wie oft Marcel Hirscher heuer Zweiter oder Dritter geworden ist – und das meist nur aus taktischen Gründen, weil er für die große Kugel fährt."

Das Phänomen Marcel Hirscher "Marcel wird gerne so hingestellt, dass nur er hochprofessionell arbeitet. Ja, das macht er, aber es wäre ungerecht, wenn man das den anderen Läufern absprechen würde. Es ist auch nicht richtig, wenn man immer davon spricht, dass nur sein eigenes Team für die Leistungen verantwortlich ist. Marcel profitiert vom Training mit seinen Kollegen, und sie profitieren von ihm. Er sagt ja selbst auch, dass er die Konkurrenz in der Mannschaft benötigt. Er ist unbestritten ein Ausnahmekönner. Im Fußball gibt’s Messi und Ronaldo, im Tennis Federer, im Skisport ist’s eben der Marcel. Alle sagen: ,Mach’s doch, wie der Hirscher.’ Nur das geht halt nicht."

Den leidigen Kombinationsbewerb "In dieser Form hat die Kombination im Weltcup nichts verloren. Es sagt eh schon alles, wenn es im gesamten Winter nur zwei Bewerbe gibt. Da eine Kugel zu vergeben, finde ich nicht in Ordnung. Interessant ist aber: Bei einer WM oder bei Olympia sind das immer total spannende Bewerbe. Weil die Sportler die Kombination dort auch viel ernster nehmen, es gibt ja auch Medaillen. Wenn die FIS die Kombi weiter haben will, dann muss sie sich auch dazu bekennen. Im Moment sehe ich persönlich in Parallel-Rennen eher die Zukunft als in der Kombination."

Den WM-Stress "Nicht einmal dann, wenn wir viele Medaillen holen, kann ich eine WM richtig genießen. Der einzige Vorteil ist, dass du dich dann nicht verstecken musst und erhobenen Hauptes durchs Hotel gehen kannst. Als Cheftrainer musst du immer das gesamte Team betrachten. Da hatten wir bei der WM in Vail im Super-G und in der Kombi zwei Mal den Fall, dass wir den Weltmeister gestellt haben, zugleich aber auch den Vierten. Ich freu mich für den, der Gold geholt hat, aber ich muss auch auf die anderen Athleten schauen. Da bist du als Trainer immer hin- und hergerissen."

Die öffentliche Kritik "Wenn Kritik berechtigt ist, dann bin ich der Letzte, der damit ein Problem hat. Aber wenn ich die Schlagzeilen-Hascherei sehe, die ab und an betrieben wird, dann krieg’ ich echt die Krise. So was tut man nicht, das ist respektlos gegenüber jedem Athleten. Und es tut weh, wenn solche Ohrfeigen daher kommen und nach der Kitzbühel-Abfahrt von einer ÖSV-Pleite geschrieben wird. Ich geb’s zu, da hat’s mir richtig einen ausgehängt: Am Tag vorher gewinnen wir den Super-G und dann soll alles schlecht sein. Es gibt keinen Grund, auf der Speed-Mannschaft herumzuhacken."

Präsident Peter Schröcksnadel "Es sind teilweise zwei Sichtweisen, die da aufeinanderprallen. Wir sind nicht immer der gleichen Meinung, aber wenn ein Präsident mit so viel Herzblut dabei ist, dann darf er auch Kritik üben. Seien wir doch glücklich, dass wir bei uns so einen Präsidenten haben."

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