Wenn Dominique Heinrich durch den Kabinengang der Vienna Capitals geht, dann sieht das schon sehr vertraut aus. Mit 33 Jahren wird der Nationalteamverteidiger beim heutigen Saisonauftakt der ICE Hockey League in Graz erstmals in seiner Profikarriere für einen Verein seiner Heimatstadt spielen.
Für den KURIER nahm sich der zweifache Familienvater Zeit für ein Interview. In seinen Ansagen ist er ähnlich offensiv wie seine Rolle auf dem Eis. Was er über den Abschied aus Salzburg denkt, wie er mit 1,72 Metern Größe zu einem Top-Verteidiger wurde und warum Pierre Page heuer bei den Capitals ein wenig mitspielt.
KURIER: Haben Sie sich in Ihrer Heimatstadt schon eingelebt? Dominique Heinrich: Ja, sehr gut. Die Capitals haben alles getan, damit wir uns wohlfühlen. Es ist kein Geheimnis, dass die ersten Wochen schwierig für die Familie waren. Die Umstellung für die Kinder war groß. Mein Sohn hat oft gefragt ’Papa, wann fahren wir wieder heim?’ Aber in den letzten Tagen hat sich einiges getan. Er ist jetzt in die Schule gekommen. Ich war 16 Jahre in Salzburg. Daher war der Wechsel ein großer Schritt. Wir kannten es nicht, wie es ist, umzuziehen.
Wo lebt die Familie in Wien?
Ich habe vom Verein eine Wohnung gleich hinter der Eishalle bekommen. Bei den Temperaturen zuletzt geht’s mit Flip Flops in die Eishalle. Ich kann mich nicht beschweren.
Wie wird es für Sie persönlich sein, erstmals als Wiener für einen Wiener Verein Profi-Eishockey zu spielen?
Stimmt, die WEV-Zeiten kann man nicht als Profizeit sehen. Ich bin ja schon mit 17 nach Salzburg gegangen. Ich freue mich darauf. Das ist die Halle, in der ich das Eishockeyspielen gelernt habe. Ich habe viele coole Erinnerungen. Und 2015 haben wir ja hier den Titel geholt. Ich freue mich darauf. Die Steffl-Arena ist ja die beste Eishalle in der gesamten Liga.
Eine Umstellung wird wohl die Wärme in der Halle betreffen, oder?
Das ist richtig. Wenn du aus der kalten Salzburger Halle kommst, dann glaubst du, du sitzt in der Sauna. Als Heimteam ist es vielleicht ein Vorteil.
Die Ergebnisse der Capitals in der Vorbereitung waren nicht besonders gut. Hat das eine Aussagekraft?
Es war durchwachsen. Aber das ist zu erwarten, wenn es einen solchen Umbruch gibt mit vielen neuen Spielern, neuem Trainer und neues System. Das dauert, bis alles funktioniert. Wir sind einem sehr guten Weg. Marc (Anm. Trainer Habscheid) legt viel Wert darauf, dass die Führungsspieler viel Verantwortung übernehmen.
Der Trainer hat angekündigt, dass er seine Spieler gerne mental herausfordert. Haben Sie das schon erlebt?
Wegen der Liga-PK in Velden sind wir sieben Stunden im Auto gesessen, da haben wir uns lange unterhalten und uns noch besser kennengelernt. Ich schätze ihn sehr als Trainer und als Mensch. Für uns Spieler ist es wirklich cool, so viel Verantwortung zu bekommen. Er will , dass wir Führungsspieler es zuerst regeln, wenn in der Mannschaft Blödsinn passiert. Aber auch im positiven Sinn.
Wie werden die Vienna Capitals in dieser Saison auftreten? Was will Trainer Habscheid sehen?
Wir wollen mit viel Puckbesitz spielen, also spielerisch Lösungen finden und nicht die Scheibe wegschießen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Das ist ein Spiel, das mir sehr liegt. Das haben wir in Salzburg auch unter Pierre Page gespielt. Für die Fans ist das ein sehr attraktiver Spielstil. Das dauert aber sicher noch ein bisschen, bis das alles greift. Die Wiener haben in den letzten Jahren etwas ganz anderes gespielt.
Das klingt für einen kanadischen Trainer sehr unkanadisch...
Ja, doch. Das kommt noch aus den Montreal-Zeiten in den 70er und 80er-Jahren, als die Canadiens so erfolgreich waren.
Bei Pierre Page war aber auch alles auf Tempo ausgelegt ...
Das ist es bei uns jetzt auch. Die Stürmer haben viele Freiheiten und sollen Tempo aufnehmen, damit wir Verteidiger unseren Mann finden. In der offensiven Zone sollen wir mit Spielwitz und Spaß an die Sache herangehen.
Sie haben mehrmals schon das Ziel Meistertitel ausgesprochen. Wie realistisch ist das?
Ich glaube schon, dass es realistisch ist. Es ist nicht fair, die Mannschaften jetzt schon zu beurteilen. Teams wie Salzburg haben kaum Neuzugänge. Sie kennen sich alle. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.
Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?
Auf dem Papier hat Bozen einen richtig starken Kader. Salzburg natürlich auch. Pustertal hat eine super Mannschaft. Aber das ist nur Papier. Das ist nicht das Gleiche wie auf dem Eis.
Wie sehr freuen Sie sich, dass es losgeht?
Es war ein durchwachsener und stressiger Sommer und doch gemischte Gefühle durch den überraschenden Abschied in Salzburg. Jetzt freue ich mich richtig auf die neue Aufgabe.
Sie haben sich trotz Ihrer geringen Körpergröße zu einem Top-Verteidiger entwickelt. Wie erklären Sie das einem Eishockey-Laien?
Ich behaupte, dass ich wahrscheinlich cleverer bin als andere. Ich muss mich anders verhalten, weil ich einen 1,90-Mann mit 100 Kilo nicht abdrängen werde. Ich war ja früher Stürmer. Ich bin da hineingewachsen in einer Zeit, in der sich das Eishockey mit den strengeren Regeln verändert hat. Eisläuferisch bin ich sehr gut und die Übersicht passt. Man muss eben die Körpergröße irgendwie kompensieren.
Beim Coaches-Symposium der A-WM wurden Sie explizit für Ihre spielerische Klasse gelobt. Haben Sie das mitbekommen?
Ja, das ist eine riesen Ehre. Für das Selbstvertrauen war das sehr schön zu lesen nach den Vorfällen in Salzburg. Dass man doch wertgeschätzt wird. Da bekommst du in Salzburg keinen Vertrag, weil du nicht gut genug sein sollst, und dann sagt ein Ex-NHL-Trainer auf einem Coaching-Symposium, dass du sehr gut bist. Eine Bestätigung für mich, dass es vielleicht doch eher am Management in Salzburg lag.
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