Die Anforderungen an einen Skistar wurden vielfältiger. Schnell sein allein reicht nicht mehr. Ebenso wichtig ist eine sympathische Persönlichkeit, sowie ein professionelles Auftreten in allen Medien-Kanälen. Nur wenige Sportler haben das Potenzial zum absoluten Topstar. Diese haben dann breite Möglichkeiten zur Vermarktung. Die Vereinbarung mit dem Ausrüster ist für Stars der Szene im Normalfall immer noch wesentliche Einnahmequelle.
Rechnet sich das Engagement im Skisprung für einen Ausrüster oder hält Fischer Stefan Kraft und Co. eher aus Fairness, Patriotismus und PR-Gründen die Stange?
Bei Fischer hatte der nordische Bereich immer denselben Stellenwert wie der alpine. Das ist ein Grund, warum wir zum Weltmarktführer im nordischen Sport geworden sind und als solcher fühlen wir uns der nordischen Kerndisziplin Sprunglauf verbunden und verpflichtet. Wegen der geringen Mengen reden wir dabei nicht von einem klassischen Verkaufsartikel. Es geht vielmehr um Markenbekanntheit in den relevanten Märkten. Andere Skimarken haben die Rechnung anders angestellt und sich vom Skispringen verabschiedet.
Werden Sprungskier überhaupt im Sportfachhandel verkauft?
In Norwegen, dem Land mit den meisten aktiven Skispringern der Welt, werden Sprungskier tatsächlich auch im Sportfachhandel angeboten. In allen anderen Ländern, wo aktiv Ski gesprungen wird, geht es um die Versorgung des Nachwuchses.
Noch vor zehn Jahren galt Russland als Fischer größtes Absatzgebiet? Besteht noch Kontakt zu den wegen des Krieges gesperrten russischen Rennläufern und Springern, die Fischer ausgerüstet hatte?
Solange die russischen Athleten von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen sind, haben wir unsere Zusammenarbeit auf Eis gelegt.
Haben sich die Winterspiele in China, wo Fischer mit über 300 Athleten vertreten war, schon auf den Export nach China ausgewirkt?
Es war klar, dass man eine Skikultur nicht durch ein einmaliges Event in einem Land etablieren kann. Es gab im Vorfeld der Winterspiele eine Initiative der chinesischen Zentralregierung, um 300 Millionen Chinesen mit Wintersport in Verbindung zu bringen. Dazu wurde Infrastruktur geschaffen und in Sportprogramme investiert bei welchen man Trainer und Experten aus aller Welt ins Land holte. Offiziell hat sich die Zahl an Skifahrern zwischen 2015 und 2022 auch auf über 26 Millionen verdoppelt und es wurden mehr als 200 neue Skigebiete gebaut. Insgesamt gibt es China mittlerweile über 800 Skigebiete.
Und die Verkaufszahlen?
Da ist diese Entwicklung nicht unmittelbar abgebildet. Dass kann damit zusammenhängen, dass Skifahren nicht als klassische Wintersportaktivität betrieben wird, welche man regelmäßig ausübt. Sondern Skifahren wird oft als exotischer Adrenalinkick gesehen, welchen man einmal versucht haben muss – ähnlich einer Achterbahn. Dazu wird die Ausrüstung ausgeliehen. Ob der durchschnittliche chinesische Skifahrer jemals das tolle Gefühl eines schnellen, geschnittenen Carving-Schwunges gehabt hat, wage ich zu bezweifeln. Das große Potenzial liegt daher im Aufbau eines flächendeckenden Skilehrwesens welches gewisse Qualitätsstandards erfüllt. Hier könnte sich die Skination Österreich noch viel stärker positionieren.
Fischer verfügt über eine Fabrik in Mukachevo, wo bis vor Kriegsbeginn doppelt so viele Arbeiter beschäftigt waren wie im Stammwerk Ried. Kann zur Zeit in der Ukraine produziert werden?
Fischer kann. Mukachevo ist eine Stadt ganz im Westen der Ukraine in der Region Transkarpatien. Kiew ist von dort etwa gleich weit entfernt wie Linz. Dieses Gebiet war in der Monarchie-Zeit sogar Teil von Österreich. Diese Lage ist auch der Grund, warum wir bis dato von direkten, aber auch indirekten Kriegsfolgen großteils verschont blieben. Die Stadt war immer sicher und dient Flüchtlingen innerhalb des Landes als Zufluchtsort. Viele Firmen aus der Ostukraine verlegten ihren Standort in die Region.
Welche Chancen geben sie Marcel Hirscher mit seinem Van-Deer-Ski? Kann man sich als – wenn auch prominenter – Einzelkämpfer längerfristig auf dem heiklen Skimarkt durchsetzen? Oder rechnen Sie gar damit, dass Van Deer für die traditionelle Marken zum ernsthaften Konkurrenten wird?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich es mir nicht herausnehmen möchte über Mitbewerber zu urteilen. Fakt ist, dass Hirscher ein Team von absoluten Alpin-Rennsportexperten um sich geschart hat. Offensichtlich ist auch, dass externe Geldmittel zugeflossen sind und nicht unmittelbar Gewinne erwirtschaftet werden müssen. Von außen ist derzeit noch nicht klar erkennbar, welche Strategie mit den drei Marken – Augment, Van Deer, RedBull – verfolgt wird.
Head-Eigentümer Johan Eliasch ist seit 2021 Präsident des Weltverbandes FIS. Ist das vereinbar? Die Industrie war von Entscheidungen der FIS komplett ausgeschlossen. Reglementänderungen am Material wurden über unsere Köpfe weg entschieden. Der neue Präsident trat mit einer langen To-do-Liste und der Unterstützung aller Ausrüsterfirmen an. Ich gehe davon aus, dass er zwischen seinen Funktionen zu trennen weiß.
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