Wolfgang Mayrhofer ist langjähriger Geschäftsführer von Atomic in Altenmarkt. Ein Gespräch über Verschiebungen am Weltmarkt, teure Seilbahntickets und die Frage, welches Paar Ski man überhaupt kaufen soll.
KURIER:Eine Frage stellvertretend für alle, die das letzte Mal auf Skiern standen, als man mit 2-Meter-Brettern zu den Coolen gehörte: Welchen Ski muss man heute haben, um dazuzugehören?
Wolfgang Mayrhofer: Der Markt ist heute viel fragmentierter als früher. Generell kommt es darauf an, ob man im Tiefschnee oder auf der Piste fahren will. Oder Touren geht. 46 Prozent aller Skifahrer weltweit sind Frauen – es gibt eigene Frauenski.
Was soll das sein?
Das heißt, der Ski lässt sich leichter lenken (Anm.: mehr Radius im Schaufelbereich) und kann mit weniger Kraftaufwand gefahren werden. Zusätzlich gibt es noch die neue Revoshock Dämpfungstechnologie, die ebenfalls Kraft spart.
Produziert werden die Ski jedenfalls im Sommer und Herbst. Auf Bestellung der Händler oder ins Blaue?
Schon lange nur noch auf Bestellung der Händler. Aufgrund der sehr guten Auftragslage beginnen wir aber bereits im ersten Quartal mit der auftragsbezogenen Produktion.
Kaum zu glauben, wo angeblich in ganz Europa die Kaufkraft schwindet.
In Europa ist die Nachfrage in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich zurückgegangen. Um 25 bis 30 Prozent zum Vorkrisenniveau. Heuer werden wir etwa zehn Prozent unter der Rekordsaison 2019/20 liegen. Unter dem Strich geht sich trotzdem ein Plus aus, weil die USA und die Region Asien-Pazifik zulegen.
China war ja mit der Winter-Olympiade der Hoffnungsmarkt. Bisher hat die Branche im 1,4-Milliarden-Land die eher homöopathische Menge von 50.000 Paar Ski verkauft. Und dieses Jahr?
Es gibt keine offiziellen Statistiken, aber wir rechnen mit 70.000 bis 80.000 Paar. Die Skigebiete um Peking werden weiter ausgebaut, der Skisport gilt dort als exotisch und elitär. In zwei, drei Jahren wird der Markt mit 350.000 verkauften Paar Ski in etwa so groß sein wie heute jener in der Schweiz oder Frankreich. Es gibt eine Verschiebung der Größenverhältnisse Richtung Übersee.
Größter Markt bleibt aber jedenfalls die USA, gefolgt von Österreich. Hierzulande wird gerade wieder über die Liftpreise debattiert. Ein Problem für den angeblichen Volkssport Nummer 1?
Es wird viel getan, um breite Bevölkerungsschichten auf den Pisten zu halten. Wir kämpfen für die Schulskikurse, fördern und forcieren den Nachwuchs. Was den Tourismus angeht, sind Skiurlauber treu. Auch wenn der eine oder andere dann vor Ort weniger Geld ausgeben wird. In den USA ist der Zugang zum Skisport ganz anders. Dort war das schon immer etwas Elitäres. Für ein Tagesticket in Aspen oder Vail zahlen Sie um die 200 US-Dollar.
Trotzdem zieht es immer mehr Leute auf die Piste?
Die Skigebiete haben vom Homeoffice-Trend profitiert. Ihre Klientel ist plötzlich nicht mehr die ganze Woche im Büro in New York gewesen, sondern am Zweitwohnsitz in den Bergen. Spätestens, als dort das W-Lan funktioniert hat. Das hat der Branche weiteren Aufwind gebracht. Die Leute waren nicht mehr tageweise, sondern wochenweise da. Und der Outdoortrend ist geblieben. Wir kommen kaum mit dem produzieren nach.
Haben Sie auch Lieferkettenprobleme?
Da ist es uns mitunter gegangen wie der Autoindustrie, die wegen fehlender Rückspiegel ganze Serien nicht ausliefern konnte. Bei uns haben fehlende Komponenten, wie Kanten, Serien über Wochen hinweg lahmgelegt. Und so wie überall ist auch bei uns alles teurer geworden. Von den Rohstoffen bis zur Energie.
Wir müssen den Großteil der Kostensteigerungen durch Effizienzsteigerungen in der Produktion kompensieren. Die Preiserhöhungen werden sich mit etwa vier bis acht Prozent gegenüber dem Vorjahr zu Buche schlagen.
Sind jetzt schon alle Bestellungen draußen?
Jene nach Übersee, ja. Für Europa produzieren wir noch. Die Händler haben nach zwei Pandemiejahren heuer wieder viel bestellt.
Wie viel produziert Atomic eigentlich noch in Altenmarkt und wie viel im Werk in Bulgarien?
Etwa 70 Prozent kommen aus Österreich, wir haben auch gerade wieder in den Standort investiert, unter anderem in eine nachhaltigere Produktion. Wir sind bereits vor einigen Jahren von Öl auf Hackschnitzel umgestiegen und steuern das Thema Nachhaltigkeit auch in unsere Prozesse ein. Unser Ziel ist, dass wir 2030 am Standort in Altenmarkt energieautark sind. Wir nehmen das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst und es wird auch bei immer breiteren Bevölkerungsschichten ein wichtiges Thema.
Weltmarkt
Die österreichischen Marken Atomic, Blizzard, Fischer und Head rechnen für den bevorstehenden Winter mit einer annähernden Rückkehr des Weltmarktvolumens auf Vorkrisenniveau. Also mit dem Verkauf von 3,3 Mio Paar Alpin- und Touren-Ski und 2,2 Millionen Paar Langlaufski
Atomic
Die österreichische Marke ist Teil der finnischen Amer-Gruppe, die wiederum zum chinesischen Sportartikelriesen Anta gehört. Am Firmensitz in Altenmarkt (Sbg.) wird nicht gerüttelt. Dort produziert Atomic auch 70 Prozent seiner Ski, der Rest kommt aus einem Werk in Bulgarien
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