Hoffen auf die Vernunft im Nationalteam

Quälende Wahl: Teamchef Viveiros muss trotz 15 Absagen eine Mannschaft für die B-WM bilden.
Slowenien war der letzte Gegner – und ist der erste, wenn am Donnerstag die Zukunft beginnt.

Am Donnerstag findet das erste Spiel der Nationalmannschaft seit Sotschi statt. Pikanterweise ist in Wien ausgerechnet Slowenien der Testgegner. Also jenes Team, das im Spiel um den Viertelfinaleinzug bei Olympia Österreich mit 4:0 besiegte. Während des Debakels wurde bekannt, dass sieben Österreicher nach dem Sieg gegen Norwegen bis in die frühen Morgenstunden gefeiert hatten und manche sogar noch beim Training stark beeinträchtigt waren. Die NHL-Stars Vanek, Grabner und Raffl entschuldigten sich bald, Verteidiger Iberer tat es wenig später auch. Die drei anderen nicht, zwei sind jetzt wieder im Team.

Reinigendes Gewitter

Sportdirektor Alpo Suhonen hofft, dass die Geschichte eine reinigende Wirkung hat. Aufpasser werden die Spieler auch bei künftigen Turnieren nicht bekommen. "Sie müssen Verantwortung übernehmen", sagt Suhonen. "Das ist eine Evolution." Solche Geschichten hat es laut Suhonen bei allen Teams immer wieder gegeben. In einer solchen Ausprägung aber nicht mehr. "Wenn man bei den großen Eioshockey-Nationen verfolgt, welche Spieler nicht für solche Turniere eingeladen werden: Welchen Grund hat das wohl?", fragt der Finne rethorisch.

Ob es ein Fehler war, Thomas Vanek zum Teamkapitän zu machen, wollte Suhonen nicht beantworten. Ein Teamleader hätte jedenfalls alle Mitspieler aufgefordert in den um 23 Uhr vor dem Österreicher-Haus wartenden Bus einzusteigen.

Kein Druck bei der WM

Teamchef Viveiros muss nach den 15 Rücktritten für die B-WM in Südkorea eine neue Abwehr bilden. Routiniertester Verteidiger ist Altmann (27). Das Durchschnittsalter ist um fünf Jahre auf unter 25 gesunken. Von Salzburg werden noch vier bis fünf Spieler erwartet. Die NHL-Spieler sind nicht dabei. Die Capitals Spieler Rotter (verletzt) und Klimbacher (Rücktritt) sagten auch ab. Viveiros’ WM-Ziel: "Die Spieler sollen Turnier-Erfahrung bekommen." Der Aufstieg habe nicht oberste Priorität. Nach den Spielen gegen Slowenien, Ungarn, Ukraine, Japan und Gastgeber Südkorea steigen zwei Teams wieder in die WM der besten 16 Nationen auf.

Der vorläufige Kader:

Tor: David Kickert (Vienna Capitals/0 Länderspiele), Bernhard Starkbaum (Brynäs Gävle/Sd/57), Rene Swette (KAC/31).
Verteidigung: Mario Altmann (VSV/75), Stefan Bacher (VSV/10), Maximilian Isopp (KAC/0), Daniel Mitterdorfer (Linz/12), Patrick Peter (Vienna Capitals/0), Markus Schlacher (Vienna Capitals/17), Martin Schumnig (KAC/44), Andreas Wiedergut (Graz/11).
Angriff: Mario Fischer (Vienna Capitals/12), Manuel Ganahl (Graz/9), Manuel Geier (KAC/18), Stefan Geier (KAC/15), Thomas Hundertpfund (Timra/Sd/44), Matthias Iberer (Linz/28), Thomas Koch (KAC/143), Brian Lebler (Linz/7), Daniel Oberkofler (Linz/65), Benjamin Petrik (VSV/13), Nikolas Petrik (Dornbirn/12), Kevin Puschnik (Vienna Capitals/0), Alexander Rauchenwald (VSV/0), Michael Schiechl (Vienna Capitals/25)

Testspiele:

Donnerstag, 10. April (20.30 Uhr in Wien): Österreich - Slowenien
Samstag, 12. April (16.00 Uhr in Budapest): Ungarn - Österreich

Der Teamchef kämpfte mit den Emotionen. Ärger und Enttäuschung waren ihm ins Gesicht geschrieben, der Blick traurig. „Entschuldigung an die Eishockey-Familie in Österreich“, sagte Manny Viveiros beim Pressetermin im Österreich-Haus. „Ich bin sehr enttäuscht über das, was passiert ist. Ich bin wie im Schock“, suchte der Austro-Kanadier nach Worten für das, was passiert war.

Vor dem wohl wichtigsten Spiel in der jüngeren Eishockey-Geschichte, dem Viertelfinal-Play-off gegen Slowenien am Dienstag war ein Teil seiner Mannschaft feiern gewesen. Bei manchen soll das feucht-fröhliche Fest nach dem 3:1-Sieg gegen Norwegen bis in die frühen Morgenstunden gedauert haben. Das müde 0:4 gegen Slowenien spiegelte die Vorgeschichte wider. Die NHL-Spieler Thomas Vanek, Michael Raffl und Michael Grabner, die mit von der Party-Partie gewesen sein sollen, versuchten zu beschwichtigen: „Wir sind der Meinung, dass dies keinen Einfluss auf die enttäuschende Mannschaftsleistung beim Play-off-Spiel gegen Slowenien hatte“, hieß es in einer Aussendung. „Aber wir wissen um unsere Rolle als Vorbilder und hätten das Feiern verschieben sollen.“

Konsequenzen

Teamchef Viveiros, der von den Eskapaden seiner Spieler erst nach der lauen Leistung gegen Slowenien erfuhr, beurteilte die Situation anders: „Ich glaube schon, dass das lange Feiern eine Rolle gespielt hat. Es wird Konsequenzen geben.“ Wie die Maßnahmen aussehen werden, soll intern beraten werden. In den nächsten Tagen werden aber die Namen der Beteiligten bekannt gegeben. „Für mich persönlich ist das ein Tiefschlag“, sagte auch Dieter Kalt, der Präsident des österreichischen Eishockeyverbandes.

Viveiros hatte auf die Vernunft der Spieler vertraut: „Ich konnte mir so etwas nicht vorstellen. Das ist doch kein U-18-Team, das einen Babysitter braucht“, murmelte er. „Es tut mir so leid, auch für die Spieler, die wir zu Hause gelassen haben. Für die wäre es ein Traum gewesen, dabei zu sein.“

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