Viveiros: „Kanada hat Respekt vor uns“

Klare Vorgaben: Teamchef Manny Viveiros ließ in den letzten Wochen allen seinen Spielern Videos vom österreichischen Spielsystem zukommen.
Teamchef Manny Viveiros über das beste Turnier und Österreichs bestes Team.

Erstmals seit 2002 nimmt in Sotschi ein österreichisches Eishockey-Team wieder an Olympischen Spielen teil. Da die NHL ihre Saison für Olympia unterbricht, werden alle Stars des Sports nach Russland reisen. Auch Österreich stellt das nominell beste Team in der Historie. Headcoach Manny Viveiros spricht im Interview über die freudige Diskussion über den Kader, die leidige Diskussion über sein Olympia-Ziel und das Duell mit seiner ersten Heimat Kanada.

KURIER: Sind Sie froh, dass die Diskussion über den Kader jetzt endlich zu Ende ist?

Manny Viveiros: Ja und Nein. Es waren schwierige Entscheidungen zu fällen, weil ich weiß, was Olympia für einen Sportler bedeutet. Unsere Planung läuft seit der Qualifikation vor einem Jahr. Wir haben jeden Kandidaten analysiert und sind überzeugt, dass es die beste Mannschaft ist. Ich finde die Diskussionen auch positiv. Peintner war so viel in den Medien, dass er auch die Präsidentenwahlen gewinnen könnte.

Von den Namen her ist es auch das beste österreichische Team bisher, oder?

Ja. Wir haben drei NHL-Spieler dabei. Aber auch deshalb, weil wir es geschafft haben, dass wir in den letzten zweieinhalb Jahren den Stolz ins Team zurückgebracht haben. Es gab in den letzten zwei Jahren keine Absagen. Alle wollen immer dabei sein.

Ist es auch das, was Sie bei Ihrem Amtsantritt 2011 erreichen wollten?

Klar. Das Wichtigste war, dass die Spieler wieder mit Stolz zum Nationalteam kommen. Aber das war nicht mein Verdienst. Die Spieler haben eine neue Mentalität, eine neue Einstellung. Sie sind Vorbilder für die Jungen.

Wodurch hat sich das geändert?

Wir versuchen immer positiv zu sein. Kollektiv müssen wir eine andere Einstellung haben. Es geht sehr viel um Stolz. Und auch der Verband hat viel verbessert in der Organisation. Es sind jetzt mehr Betreuer dabei, es gibt bessere Hotels. Teamspieler brauchen eine NHL-reife Betreuung.

Thomas Vanek hat Sie nach der ersten Kaderentscheidung öffentlich kritisiert. Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?

Ich habe ihn am gleichen Tag angerufen. Er hat sich entschuldigt und gesagt, dass seine Meinung nicht so an die Öffentlichkeit hätte kommen sollen. Ich habe ihm meine Entscheidungen erklärt und wir haben uns ausgesprochen. Damit war das Thema erledigt.

Österreich spielt in Sotschi gegen Ihr Vaterland Kanada. Wie werden Sie sich fühlen, wenn Sie bei der kanadischen Hymne auf der anderen Seite stehen?

Ich habe im kanadischen Unter-20-Team bei einer Weltmeisterschaft gespielt. Aber ich bin schon lange in Österreich und meine Boys spielen auch in unseren Nachwuchsteam. Mein Herz ist hier. Wir werden alles tun, damit wir gegen sie gewinnen.

Wie ist die Aufmerksamkeit in Kanada? Haben Sie in kanadischen Medien auch schon Interviews gegeben?

Ja, mehrmals. Sie analysieren alles. Sie werden jeden Spieler von uns genau kennen. Jede Stärke und jede Schwäche.

Ist es gut zu sehen, dass sie Österreich Ernst nehmen?

Das machen sie alleine deshalb, weil wir dabei sind. Es haben mir viele Leute gratuliert, dass es ein so kleines Eishockeyland zu Olympia schafft. Die Kanadier wissen, dass sie Favorit sind, aber sie haben Respekt vor uns.

Das Testspiel am Dienstag gegen Dänemark in Wien wird die Generalprobe sein. Ist es schwer danach die NHL-Spieler Vanek, Grabner und Raffl einzubauen?

Die NHL-Spieler kommen erst am 10. Februar aus Nordamerika. Sie sind aber so gut, dass sie sich sehr schnell integrieren lassen. Sie sind Vorbilder. Jeder will das erreichen, was die drei geschafft haben. Die Energie im Team wird gleich um 40 Prozent höher sein. Außerdem haben wir in den letzten Wochen allen Spieler Videos geschickt, damit sie sich auf unsere Taktiken einstellen können.

Sie haben einmal gesagt, dass Ihr Ziel in Sotschi eine Medaille ist und wurden dafür in Österreich belächelt.

Als ich das im November gesagt habe, haben die Reporter nur einen Teil meines Zitates übernommen. Ich habe gesagt, dass wir eine Medaille wollen, aber auch wissen, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist. Jeder Sportler in Sotschi will eine Medaille. Warum nicht auch wir Eishockeyspieler? Wenn wir das nicht schaffen ist unser nächstes Ziel, dass Österreich stolz sein kann auf dieses Nationalteam.

Waren Sie überrascht von der Kritik?

Nein, nicht wirklich. Ich kenne Österreich schon. Unfair ist es, wenn Leute, die noch nie Eishockey gespielt haben, sagen, dass wir keine Chance haben. Fragt einen der anderen österreichischen Olympia-Teilnehmer, was er in Sotschi erreichen will.

In Nordamerika wird schon viel über Olympia berichtet. Die NHL rückt in den Hintergrund.

Ja, für manche Spieler scheint der Olympiasieg schon wichtiger zu sein, als der Stanley Cup. Die Mannschaften werden um eine Klasse stärker sein, als bei der Weltmeisterschaft. Ich will, dass wir gegen sie nicht nur mitspielen, sondern richtig dabei sind. Wenn jemand nur wegen des Kaviars nach Sotschi will, kann er nichts erreichen. Wenn aber 25 Spieler zusammenarbeiten, kann alles passieren.

Also keine Touristen sein ...

Genau. Für unser Entwicklungsprogramm ist es sehr wichtig, dass wir in Sotschi sind. Die Popularität durch die Olympia-Teilnahme kann uns nur helfen. Wir brauchen mehr Kinder beim Eishockey, mehr ausgebildete Trainer. Wenn die Nachwuchsteams besser werden, dann wirkt sich das auch auf das Seniorenteam aus. So haben es die Schweizer schon vorgezeigt.

Emanuel „Manny“ Viveiros wurde am 8. Jänner 1966 in St. Albert in Kanada geboren. Er konnte sich in der NHL nicht durchsetzen und heuerte 1991 in Villach an, spielte dann noch in Lustenau, beim WEV und beim KAC. 2006 beendete er seine Karriere als Spieler, wurde KAC-Cheftrainer und 2011 Teamchef. Viveiros ist mit Laurie verheiratet, seine Söhne Landan (20) und Layne (18) spielen ebenfalls Eishockey.

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