"Der Funaki hat alle unsere Alben"

Ein Käfig voller Narren-Freiheit: Die Lieder-Palette von Christoph Drexler (links) und Lorenz „Lollo“ Pichler reicht von Espen Bredesen bis zu Karl-Heinz Grasser.
Mit "Schispringerliedern" erlangte das Duo Kultstatus. Ein Gespräch über Sport und (Klein)-Kunst.

Fast zwei Stunden. Exakt eine Stunde, 59 Minuten und 12 Sekunden. So lange haben sich Christoph Drexler und Lorenz "Lollo" Pichler, beide Jahrgang 1977, beruflich mit Skispringern beschäftigt. Ausschließlich. Die beiden Wiener sind weder Trainer noch Sportwissenschaftler, sondern – Liedermacher. Herausgekommen ist eine Alben-Trilogie (Schispringerlieder, Mehr Schispringerlieder, Schispringerlieder 3) – und große Kleinkunst.

Im Mai wird "Christoph & Lollo" mit dem Salzburger Stier einer der wichtigsten Kabarettpreise im deutschsprachigen Raum verliehen. Dabei hat das Duo den Schanzen längst den Rücken gekehrt, besungen werden Ex-Politiker ("Karl-Heinz"), Parteien ("Wahlkampfhymnen") und der Alltag ("In der Therme"). So ganz los kommen sie doch nicht von Telemark und Schanzentisch: Am Samstag begleiten sie das Bergiselspringen mit einem Konzert in Innsbruck und auch beim Weihnachtskonzert in Wien, als der KURIER zum Interview bittet, forderte einer der Besucher lautstark: "Funaki! Funaki!"

KURIER: Wann habt ihr das letzte Mal beim Skispringen im Fernsehen zugesehen?

Christoph: Bewusst ist das schon ewig her. Skispringen im Fernsehen ist ideal zum Einschlafen. Armin Kogler hat diesbezüglich eine ideale Stimme. Und inhaltlich fesselt es einem ja auch nicht unbedingt.

Lollo: Den letzten Sport im Fernsehen, den ich mir bewusst angesehen habe, war dieser Baumgartner-Sprung.

Christoph: Das ist doch kein Sport.

Lollo: Ja, aber so ein großes Live-Ereignis. Das war schon spannend. Hast du das gesehen?

Christoph: Schon. Das Spannendste war dieser dicke Physiker im TV-Studio, der immer gesagt hat, was das nicht für ein Blödsinn sei. Das könne jeder, meinte der.

Was ja nun auch bewiesen wurde von einem Google-Manager.

Lollo: Als Nächstes macht es Stephen Hawking, habe ich gehört.

Kabarettisten oder Musiker – wie bezeichnet ihr euch selbst?

Christoph: Wir sind Unterhalter. Manchmal muss ich mich auf der Bühne schnäuzen. Das ist weder Kabarett noch Musik, aber die Leute lachen.

Lollo: Die Statistik Austria hat uns als darstellende Künstler eingestuft.

Passt das?

Christoph: Schon. Uns als Musiker zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für andere Musiker. Dass wir Musiker darstellen, das passt schon irgendwie.

Die Kritiken zu euren Liedern und Auftritten sind teilweise schon überschwänglich. Wartet man da auf eine negative?

Lollo: Wir hatten eine negative zum aktuellen Album: in der Krone Steiermark.

"Der Funaki hat alle unsere Alben"
Das Liedermacher-Duo Christoph & Lollo im Stadtbahnbogen-Lokal "Chelsea". Wien, 16.12.2014
Christoph:Ich als Sänger bin ein bisschen gekränkt, wenn immer steht, die Lieder seien so schön. Von der Schönheit des Gesangs steht da nix. Und von der des Sängers schon gar nix.

Anton Innauer hat mal über die Skispringer-Lieder gesagt, er hofft, dass kein Sportler die je hört. Gab es noch andere Reaktionen aus dem Sport?

Lollo: Wir wissen, dass die meisten der damaligen Athleten die Lieder gekannt hatten. Der Funaki hatte alle unsere Alben. Pointner, Innauer und sogar Kojonkoski mit dem gesamten norwegischen Team waren einmal bei einem unserer Konzerte.

Christoph: Andi Goldberger sind wir öfters begegnet. Tradition ist, dass wir ihm immer eine unseren CDs schicken. Reaktion gab’s bisher keine. Vielleicht stimmt die Adresse einfach nicht.

Lollo: Einmal vor einem Wettbewerb am Kulm kam ein junger Skispringer zu uns ins Konzert und Christoph hat ihm eine Sachertorte angeboten. Der war richtig entsetzt.Christoph: Der hat wenig später aber ohnehin aufgehört. Die Torte hätte er ruhig essen können.

Warum gibt es kein Lied über einen österreichischen Springer?

Lollo: Der Hauptgrund ist, dass die Österreicher nicht so lustige Namen haben wie die Japaner, Finnen und Tschechen. Außer Willi Pürstl. Nach dem haben wir immerhin unseren Newsletter benannt. Und zweitens wollten wir weder Heldenhymnen schreiben, noch jemanden beleidigen, der von Peter Schröcksnadel beschützt wird.

Der Szene bleibt ihr aber treu. Traditionell gibt es am 1. Jänner ein Konzert zum Neujahrsspringen im Kabarett Niedermair am 3. Jänner in Innsbruck.

Lollo: Wir arbeiten daran, dass wir in 50 Jahren große Konzerte spielen und als Nebenveranstaltung Skisprung-Bewerbe stattfinden.

Christoph: Am Anfang unserer Karriere war es tatsächlich der Plan, einmal die gesamte Vierschanzentournee mit Konzerten zu begleiten. Über Innsbruck und einmal Oberstdorf sind wir noch nicht hinauskommen. Und zum Konzert am 1. Jänner im Niedermair: Die finden wohl niemanden, der freiwillig am Tag nach Silvester auftreten will.

Schauplatzwechsel: Ihr seid beide unweit des damaligen Horr-Stadions aufgewachsen. Habt ihr einen Verbindung zur Wiener Austria?

"Der Funaki hat alle unsere Alben"
Christoph & Lollo
Lollo:Ich war immer leicht dagegen. Mein erster Eindruck von dem Verein war: Immer wenn die Austria ein Heimspiel gehabt hat, hat mein Vater gesagt, dass wir die Rollos runterziehen soll, damit uns die Fans am Heimweg nicht sehen und die Scheiben einschlagen.

Was sagt der österreichische Sport über Österreich aus?

Christoph: Eine gewisse Eindimensionalität ist zu erkennen. Im Fernsehen sieht man ja nur Skifahren, Skispringen, Fußball und Formel 1. Bei der Fan-Problematik merkt man, dass das Thema nicht bis zur letzten Konsequenz angegangen wird. Ich sehe niemanden, dem es tatsächlich am Herzen liegt, eine Lösung zu finden. Das lässt sich in Österreich durchaus auch auf andere gesellschaftliche Bereiche umlegen.

Lollo: Es reicht ja schon, wenn keine Innenstädte brennen.

Politisch seid ihr bei der vergangenen Nationalratswahl mit euren Wahlkampfhymnen für Puls4 bekannt geworden. Wird es neue geben?

Christoph:Eher nicht. Es ist ja alles beim Alten geblieben. Okay, ein paar Parteien gibt’s nicht mehr und die Neos haben kein Lied.

Lollo: Die brauchen aber auch kein eigenes.

Werdet ihr mittlerweile anders wahrgenommen, als noch zum Anfang eurer Karriere mit den Skispringer-Liedern?

Lollo: Wir sind jetzt total in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Christoph: Geh bitte, sag’ so was doch nicht!

„Er steht treu zum Gesetz und kommt nicht in Verruf, lebt als strenger Asket, ist nur selten im Puff.“
Funaki

„Eddie springt zehn Meter, wenn der Rückenwind bläst. Eddie war noch nie auf einem Siegespodest. Eddie hat noch nie ein Mädchen geküsst, Eddie wird im Pub äußerst selten gegrüßt.“
Eddie

„Mit einem solchen Namen hat man nie Erfolg bei Damen. Er kann es nicht ertragen, seinen Nachnamen zu sagen.“
Janne (Väätäinen)

„Beim Hautamaeki-Duell da geht’s um Leben und Tod. Beim Hautamaeki-Duell, färbt sich die Anlaufspur rot.“
Hautamaeki-Duell

„Wann muss der schene Karli-Heinzi täglich zittern,ob eam da Fritzl unter da Duschn ned sekkiert?“
Karl-Heinz

„Weil man hört die unterdrücken ihre Frauen und fangen manchmal Kriege an – so was würden wir Christen uns nie trauen.“
Islamlied

„Unsere Hände sind schwielenbesetzt, weil der Golfschläger so wetzt“
Wahlkampfhymne der SPÖ

„Nicht einmal unsere Eltern wählen uns, die sind alle ÖVPler.“
Wahlkampfhymne der Grünen

„Wer senkt die Steuern der großen Konzerne, wen finanzieren diese Konzerne gerne?“
Wahlkampfhymne der ÖVP

Kommentare