ÖSV-Ass über Hamas-Terror in Israel: "Es ist absolut schrecklich"

Figlmüller. Das musste sein. Ein riesiges Wiener Schnitzel. Wohlwissend haben Avital Carroll und ihr Mann Bob das Mittagessen ausgelassen, um die ganze Portion zu schaffen. Die Sachertorte mit Schlag folgte am nächsten Tag. Die Carrolls haben so richtige Touristenstunden in Wien verbracht.
Vom ÖSV gab es einen Stadtplan geschenkt für den ersten Trip nach Wien, wo die Buckelpistenfahrerin und WM-Bronzemedaillengewinnerin nach der vergangenen – höchst erfolgreichen Saison – ihren Wurzeln auf der Spur war.
New York und Österreich
Ihre Großmutter Elfi Straub war erst sieben, als sie Wien verließ. Dennoch erinnert sie sich an vieles. Von der Blumauergasse im zweiten Bezirk zum Beispiel, in der sie ihre ersten Jahre verbrachte, hat sie ihrer Enkelin Avital Carroll erzählt. Straub heißt heute Hendel, sie ist Jüdin, der Terror des Nationalsozialismus hatte sie 1944 aus ihrer Heimat vertrieben, zunächst nach Italien und dann per Schiff nach New York.

Avital Carrolls Großmutter Elfi Hendel (geborene Straub) musste aus Wien mit sieben Jahren flüchten
52 Jahre später kam dort ihre Enkeltochter auf die Welt. Avital lernte Skifahren. Über ihre ältere Schwester fand sie auf die Buckelpiste und ins starke US-Team. Eine Gesetzesnovelle in Österreich machte es möglich, dass sie nun für den ÖSV startet. Denn hier hat sie einen Startplatz im Team sicher.
Sie dankte es dem Verband mit zwei WM-Bronzemedaillen im Februar in Georgien. Irgendwie ging alles ganz schnell.
„Die Gesetzesänderung sah nach einer tollen Möglichkeit aus, meine Herkunft zu repräsentieren und gleichzeitig zu zeigen, wie sehr sich Österreich als Land verändert hat“, sagt Carroll. Sie benutze ihre Website und ihre neu gewonnene Bekanntheit, um die Geschichte der Nazizeit zu beleuchten. „Je bewusster die Menschen sind, desto weniger wird so etwas wieder passieren“, glaubt die New Yorkerin mit österreichischem Pass.
- Familie und Herkunft
Geboren als Avital Shimko 1996 in New York. Die Buckelpistenfahrerin lebt und trainiert die meiste Zeit in Utah. Zum Skifahren brachte sie ihre Oma, Elfi Hendell, die einst vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt Wien geflüchtet war.
- Staatsbürgerschaft
Eine Novelle im österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz von Mai 2022 ermöglichte es der US-Amerikanerin Carroll als Enkelin einer Holocaust-Vertriebenen, die Staatsbürgerschaft anzunehmen.
- Erfolgreich
2 Bronzemedaillen gewann Carroll – mittlerweile Österreicherin – bei der Weltmeisterschaft in Bakuriani (Georgien).
„Absolut schrecklich“
Sie selbst habe bisher kaum Diskriminierung wegen ihrer jüdischen Wurzeln erlitten. „Ich denke, ich hatte Glück. Aber ich weiß, dass die Community auf der Welt noch viele derartige Dinge erleiden musste und muss.“ In den vergangenen Wochen ist dieser Satz erschreckende Realität geworden. Denn seit dem Hamas-Terror vom 7. Oktober haben in vielen Teilen der Welt antisemitische Übergriffe zugenommen.
„Es ist absolut schrecklich. Diese Nachrichten waren wirklich schwer für mich – und für Juden überall auf der Welt“, sagt Carroll. Sie selber habe Verwandte in Israel. Ein Cousin wurde in die Armee einberufen und kämpfe jetzt an der Front, erzählt die Austro-Amerikanerin.
Umso wichtiger war es für die 27-Jährige, sich auf die Spuren ihrer jüdischen Familie zu machen. In Wien besuchte sie die jüdische Gemeinschaft und Synagogen, sie traf auch Oskar Deutsch, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, und machte für ihre Großmutter Fotos von der Blumauergasse.
Ihr Haus entdeckte Elfi nicht mehr. „Oma hat bittersüß reagiert“, erzählt Carroll. „Sie freute sich für mich, aber sie hatte hier nicht die besten Erfahrungen.“ Für Avital Carroll selbst war das ein wichtiger Besuch in der Vergangenheit der Familie.
Jetzt wolle sie den Blick auf die nächste Saison und ihre sportlichen Ziele richten. Ein Weltcup-Podium sei das nächste. Carroll hat außerdem noch ein kühnes Vorhaben.
➤ Wissenswertes: Was man über die Buckelpiste wissen sollte
Sie will ihren Sport in Österreich bekannter machen. Was es dafür braucht? "Resultate", sagt die New Yorkerin. Mit den Bronzemedaillen hat sie schon den Grundstein gelegt. Gemeinsam mit der österreichischen ehemaligen Buckelpistenfahrerin Melanie Meilinger und dem ÖSV will sie der jüngeren Generation die "Moguls", wie es auf Englisch heißt, näherbringen.
Den ersten Trip nach Wien werde sie jedenfalls „niemals vergessen“. Und schon bald werde sie wiederkommen.
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