Auf Österreich wartet das große Vorbild

Rundum erneut soll Österreichs Eishockey werden
Das Eishockey-Nationalteam eröffnet die WM gegen Vizeweltmeister Schweiz. Derzeit steht es 3:3.

Samstag, 2. Mai 2015: Österreich startet in die Weltmeisterschaft in Prag und Ostrau. Gegner seit 12.15 Uhr (Spielstand 3:3 i.V.) ist die Schweiz. Eine Eishockey-Nation, zu der österreichische Eishockey-Fans gerne mit Neid blicken.

Weshalb? Die Schweizer waren einmal auf einem ähnlichen Niveau wie die Österreicher.

27. April 2004: Österreich führt bei der WM in Prag in der Vorrunde gegen die Schweiz 4:1 und kommt am Ende noch zu einem 4:4. Nach dem 6:0 gegen Frankreich und dem 2:2 gegen Kanada war Österreich Gruppenzweiter und beendete das Turnier auf dem elften Platz. Es war die letzte A-WM, bei der Österreich auch aus sportlicher Sicht den Klassenerhalt geschafft hat.

Auf Österreich wartet das große Vorbild
Reinhard Divis (AUT ) Adrian Wichser (SUI)
Neun Jahre später: Im Mai 2013 steigt Österreich nach geschafftem Aufstieg zum fünften Mal in Folge gleich wieder ab. Gleichzeitig holt die Schweiz sensationell die WM-Silbermedaille. Der Erfolg war das Resultat jahrelanger harter und konsequenter Arbeit im Verband und bei den Vereinen.

Als Nachwuchsteamchef daran beteiligt war Roger Bader. Seit einem Jahr ist der 50-Jährige Österreichs Ausbildungschef und hat eine zentrale Rolle im Verband übernommen. Im KURIER spricht Bader über das Schweizer Erfolgsrezept und was davon auch auf Österreichs Eisflächen übertragen werden soll.

Mehr Aufwand: "Die Schweizer haben mehr Nachwuchs-Nationalteams, mehr Trainings und Spiele organisiert. Österreichs Teamspieler machen von der U 16 bis U 20 derzeit zwei Drittel von dem, was die Schweizer machen." So kommt es, dass junge Österreicher bei fünf Weitsprüngen aus dem Stand um zwei Meter (!) kürzer springen als ihre Alterskollegen auf der Schweiz. Durch den höheren Aufwand soll die Qualität steigen und Österreich wieder Top-Nationen als Testgegner bekommen. "Die Schweizer, die 2013 die WM-Silbermedaille gewonnen haben, haben 60 Spiele in der Juniorenzeit gegen Top-Nationen gehabt. Österreicher vielleicht zwei."

Einheimische Trainer: "Sie waren früher Exoten. Jetzt sind sie hoch angesehen. Das wollen wir auch." Österreichs Teamchef-Assistenten sind heuer Dieter Kalt, Christoph Brandner und Reinhard Divis. "Der ausländische Einfluss muss reduziert werden. Komisch, dass ich das als Schweizer sagen muss. Wir wollen eine österreichische Eishockey-Identität aufbauen."

Mentoring: Eine Maßnahme, die auch Österreich eingeführt hat, ist das Mentoring-Programm. "Ich habe neun Orte besucht, Vorträge gehalten, Mustertrainings gemacht sowie mit Trainern und Managern gesprochen." Das Wichtigste daran sei, dass Klubs und Verband kommunizieren. Der Verband kann so sein bei internationalen Begegnungen erworbenes Fachwissen den Klubs weitergeben. "An der Kommunikation hat es hier scheinbar früher gehapert."

Lizenzierung: Ob das System auf Österreich übertragbar ist, wird noch geprüft. Ein Schweizer Klub muss jede Saison seine Spieler lizenzieren lassen. Die Gebühr setzt sich aus dem Alter, der Anzahl der Länderspiele und der Liga, in der er gespielt hat, zusammen. "Dieses Geld wird an die Vereine ausgezahlt, die ihn ausgebildet haben. Klubs, die guten Nachwuchs ausbilden, die Spieler dann aber nicht halten können, bekommen immer wieder Geld zurück, mit dem sie ihre Nachwuchstrainer bezahlen können."

Pioniere: "Es braucht bei den Klubs Sportdirektoren und Präsidenten, die Pioniere sind", sagt Bader. "Es ist eine Ausrede, wenn Trainer sagen, die jungen Österreicher sind nicht gut genug. Die Englisch sprechenden Coaches interessieren sich nicht für die Jungen. Klar, es ist mühsamer mit einem 18-jährigen Österreicher als mit einem 25-jährigen Nordamerikaner. Ich kann jedem, den es interessiert, fünf Namen von 18- bis 23-jährigen Österreichern geben, die nicht zum Einsatz kommen, aber sofort in der EBEL spielen könnten."

Sieben Spiele hat Österreich bei dieser WM. In keinem einzigen ist das Team Favorit – weder gegen Frankreich, noch gegen Deutschland oder Lettland. Das Ziel Klassenerhalt kann also nur erreicht werden, wenn das Nationalteam positiv überrascht.
Die Ausgangslage ist 2015 aber eine andere als bei den Abstiegen 2005, 2007, 2009, 2011 und 2013. Österreich hat mit 25,85 Jahren das niedrigste Durchschnittsalter im letzten Jahrzehnt. Spieler, die nicht Feuer und Flamme für das A-Team waren, haben bereits Sommerurlaub. Teamchef Daniel Ratushny setzt in seinem aggressiven Spielsystem auf laufstarke Spieler.

Nach Jahrzehnten des Stillstandes hat der österreichische Verband endlich die Zeichen der Zeit erkannt und Schritte in die richtige Richtung gemacht. Sei es durch die Verpflichtung von Sportdirektor Alpo Suhonen, oder jene von Entwicklungscoach Roger Bader sowie den Assistenz-Trainern Dieter Kalt, Christoph Brandner und Reinhard Divis. Es wurden Nachwuchsprogramme entwickelt, die dank Sponsor Erste Bank auch verwirklicht werden.

Es herrscht Aufbruchsstimmung im österreichischen Eishockey. Ende Mai werden 120 Nachwuchsteamspieler von der Unter 15 bis zur Unter 20 in Wien den ersten Lehrgang der kommenden Saison absolvieren. Sie werden eine erfolgreichere Zukunft haben.
Egal, ob in Prag der Klassenerhalt geschafft wird – oder nicht.

Von Peter Karlik

Vorrundengruppe A (in Prag): Kanada, Lettland, Tschechien, Schweden, Schweiz, Frankreich, Deutschland, ÖSTERREICH.

Vorrundengruppe B (in Ostrau): USA, Finnland, Russland, Norwegen, Slowakei, Dänemark, Weißrussland, Slowenien.

Modus: Die zwei Gruppenletzten steigen ab, die jeweils besten vier Teams stehen im Viertelfinale

Die Spiele der Österreicher: alles live auf ORF Sport+

Samstag, 12.15 Uhr MESZ: Österreich - Schweiz

Sonntag, 12.15: Österreich - Schweden

Dienstag, 20.15: Österreich - Frankreich

Freitag, 16.15: Österreich - Tschechien

Samstag, 16.15: Österreich - Lettland

Montag, 16.15: Österreich - Deutschland

Dienstag, 12.15: Österreich - Kanada

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