Artisten, Adler, Attraktionen: Die KURIER-Haltungsnoten für die Tournee
Die 71. Vierschanzentournee ist gelaufen. Wer fiel auf dem Luftweg von Oberstdorf nach Bischofshofen positiv auf, wer fiel unten durch. Der KURIER spielt Wertungsrichter und vergibt die Haltungsnoten für diese Tournee.
- 0,5 Markus Eisenbichler
Der sechsfache Weltmeister ging in Oberstdorf in seinem Duell mit dem Türken Fatih-Arda Ipcioglu k.o. und verhalf dem Exoten aus Erzurum zu einem Weltcuppunkt.
Eisenbichler steht sinnbildlich für fast das gesamte deutsche Team. Kollege Karl Geiger, einer der Favoriten, qualifizierte sich am Bergisel nicht für den Wettkampf. So weit wie heuer waren die Deutschen selten einmal vom ersten Gesamtsieg seit 2002 weg.
- 3,5 Ryoyu Kobayashi
Keine Ahnung, was der Dominator des letzten Winters (Olympiagold, Sieg im Gesamtweltcup und bei der Tournee) in der Vorbereitung auf diese Saison gemacht hat, mit Skispringen dürfte es wohl wenig zu tun gehabt haben. Schon erstaunlich, wie tief der Höhenflieger aus Japan innerhalb weniger Monate gesunken ist. In Innsbruck gelang Kobayashi nicht einmal mehr der Sprung in den Finaldurchgang.
- 7,0 Bei sich bleiben
Irgendein Vogel hat den Adlern einmal eingeredet, dass sie bei sich bleiben müssen. Heute ist es ein geflügeltes Wort rund um den Schanzentisch. Kaum ein Interview, in dem dieser Satz einmal nicht zu hören ist. Wahrscheinlich bekommen es die Sportler heute schon beim Skisprung-Abc vorgesagt, dass das bei sich bleiben wichtiger ist als ein Telemark.
- 13,0 Philipp Aschenwald
Die Trainer preisen den Zillertaler seit Jahren als einen der hochveranlagtesten Springer der Gegenwart. Doch der 27-Jährige schafft es selten einmal, sein Potenzial auch im Wettkampf abzurufen. Beim Heimspringen am Bergisel schaffte es der Lokalmatador nicht in den zweiten Durchgang. In dieser Form wird es auch schwer mit einem WM-Ticket.
- 15,5 Erik Belshaw
Bei seiner Tournee-Premiere in Oberstdorf sprang der 18-jährige US-Amerikaner als 26. gleich in die Punkteränge. Ein kleines Lebenszeichen einer Nation, die im Herren-Skispringen zu einem Niemandsland verkommen ist.
Als das letzte Mal ein US-Amerikaner im Weltcup gewann, war das Gros der heutigen Springer-Generation noch nicht auf der Welt – Mike Holland 1989 in Bischofshofen. Bis dahin ist es für Erik Belshaw noch ein weiter Weg, aber die USA scheinen wieder auf der Skisprung-Landkarte auf – auch mit dem Weltcup in wenigen Wochen in Lake Placid.
- 17,5 ÖSV-Team
Österreichs Springer stellten unter Beweis, dass ihnen der Sieg im Nationencup und Team-Gold bei Olympia im letzten Winter nicht nur einfach zugeflogen sind. Für einen Podestplatz reichte die Teamstärke aber nicht. Weder bei den vier Bewerben noch im Gesamtklassement. Angeführt von Michael Hayböck (4.) schafften es in Bischofshofen vier ÖSV-Adler in die Top Ten, in der Gesamtwertung war Stefan Kraft (6.) der Beste.
- 18,0 Daniel Tschofenig
Der Kärntner, Jahrgang 2002, gab wieder eine Talentprobe ab. Tschofenig ist mit Abstand der jüngste Springer in den Top Ten, Platz acht im Gesamtklassement ist der verdiente Lohn für die aktuell größte ÖSV-Skisprung-Aktie.
- 19,5 Thomas Thurnbichler
Der 33-jährige Tiroler hat den Polen wieder auf die Sprünge und aus dem Abseits geholfen. Im vergangenen Winter hatte es nur zu Platz sechs im Nationencup gereicht, seit der junge Chefcoach auf der Kommandobrücke steht, befindet sich das polnische Team im Aufwind. Für den Tourneesieg hat es zwar nicht gereicht, aber Polen brachte im Gesamtklassement gleich drei Athleten in die Top fünf und stellt mit Dawid Kubacki auch den Weltcup-Leader.
20,0 Halvor Egner Granerud
Die Umlaufbahn, in der sich der Norweger bei dieser Tournee bewegte, war für die Konkurrenz unerreichbar. Granerud schwebte über den Dingen und landete den ersten norwegischen Tourneesieg seit 16 Jahren (Anders Jacobsen). Mit ein bisschen mehr Windglück wäre für den 26-Jährigen sogar der Grand-Slam möglich gewesen, einen Sieg in Innsbruck vereitelten aber schlechte Verhältnisse im ersten Durchgang.
- 20,0 Die Atmosphäre
Endlich wieder ein Fahnenmeer, endlich wieder ein „Ziiiiiiiiiieeeh“ aus tausenden Kehlen, endlich wieder Begeisterung bei der Tournee. Nach den Corona-Wintern und den Geisterspringen durfte wieder das Skisprung-Virus grassieren. Über 100.000 Fans kamen in die Stadien.
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