Krisen-Verlierer: Womit das österreichische Eishockey zu kämpfen hat

Krisen-Verlierer: Womit das österreichische Eishockey zu kämpfen hat
Die ICE Hockey League hat in der Corona-Krise starke Einbußen hinnehmen müssen. So manches Problem ist aber hausgemacht. Eine Ursachenforschung.

Welche der folgenden Fragen können Sie als Sportfan ohne nachzusehen beantworten?

Wer ist aktuell Tabellenführer der ICE Hockey League? Wer ist ihr Top-Scorer? Wer ist der derzeit beste österreichische Stürmer in der Liga?

Nur noch echte Insider wissen, dass Innsbruck die ICEHL anführt, dass Brady Shaw mit 50 Punkten in 33 Partien die Scorerwertung anführt und dass Martin Ulmer (Innsbruck/Rang 19) und Peter Schneider (Salzburg) die derzeit erfolgreichsten österreichischen Stürmer sind.

Das Interesse an Klub-Eishockey im Land ist spürbar gesunken. Der Sport kommt bundesweit nur noch selten über die Grenzen seiner kleinen Szene hinaus. Welche Erklärungen gibt es dafür?

Krisen-Verlierer

Die österreichischen Klubs sind dank der finanziellen Hilfen der Regierung gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Was jedoch nicht ausgeglichen werden konnte: Die Fans müssen sparen. Ein Besuch eines Spiels mit Partner und Kinder kann mit Konsumation schon eine dreistellige Summe ausmachen. Größter Verlierer ist Graz, das nur 54 Prozent der Zuschauer von der Vor-Corona-Saison 2018/ 2019 hat. Die Vienna Capitals haben 22 Prozent verloren, Linz 47 Prozent.

Die Teilnehmer

Bei international bekannten Klubs kommen Zuschauer nicht wegen des Gegners, sondern wegen der eigenen Mannschaft. Aber den Wiener Fans zum Beispiel muss man für ihr Durchhaltevermögen gratulieren, dass sie in der Woche vor Weihnachten Heimspiele gegen Asiago und Fehervar besuchten.

Die Liga hat mit ihrer jüngsten Erweiterung den Bogen überspannt. Die Aufnahme von Asiago hat dem Produkt geschadet. Denn der Klub hat nicht jenes Niveau, das in der Liga sonst gefordert wird und ist auch keine Attraktion.

Die Tabelle

Ein Blick auf den Stand in der ICEHL verrät nur Grundsätzliches. Drei Spiele Unterschied haben die Teams. Das macht neun Punkte Differenz. Ein Vorteil im Kampf um die Top-6 und somit um den vorzeitigen Einzug ins Viertelfinale ist schwer absehbar.

Unterhaltung

Der allgemeine Sportfan geht nicht zu einem Spiel, weil ihn taktische Finessen interessieren. Ein Besuch muss Unterhaltung bieten. Das kann auch ein Selbstläufer werden, wenn etwa wie bei Rapid mehr Leute kommen, weil die Stimmung so gut ist.

Enger Horizont

Klub-Eishockey hat eine eingeschworene, aber eng begrenzte Fan-Gemeinde. Sieht man nach Deutschland, dann wird dort seit 2013 alle zwei Jahre ein Freiluftspiel in einem Fußball-Stadion veranstaltet. Im Dezember waren in Köln 40.163 Zuschauer beim 4:2 der Kölner gegen Mannheim. Ein solches Event sorgt dafür, dass auch Menschen erreicht werden, die sonst nicht in die Halle gehen. In der NHL findet übrigens heute im Baseballstadion der Red Sox das Winter Classic zwischen Boston und Philadelphia statt (20 Uhr, Sky)

Absehbare Erfolge

Salzburg, KAC, Bozen, vielleicht Capitals oder Linz. Die Favoriten sind seit Jahren die Gleichen. Die Spannung in der Liga ist ähnlich wie in der deutschen Fußball-Bundesliga, wo am Ende auch immer die Bayern voran sind. Es würde der Liga guttun, wenn Innsbruck im Play-off ähnlich erfolgreich spielt, wie jetzt im Grunddurchgang. Oder wenn Linz mit Trainer Philipp Lukas ernsthaft um den Titel spielt.

Keine Langzeitplanung

Das Konzept der meisten Klubs beruht auf das Hoffen auf Transferschnäppchen. Teams, abgesehen von Klagenfurt und Salzburg, sind dann erfolgreich, wenn bei den Legionären Glücksgriffe gemacht wurden. Aber welche Klubs haben eine langfristige Planung? Wann wurde zum letzten Mal als sportliches Ziel ausgegeben, in ein paar Jahren mit einheimischen Spielern die Meisterschaft zu gewinnen?

Zur Verteidigung der Klubs muss auch erwähnt werden, dass einigen das Wasser bis zum Hals steht und so die Perspektive auf ferne Ziele schwierig ist.

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