Als der WM-Wahnsinn ausbrach

Man kann’s versuchen. Natürlich kann man es versuchen, in Schladming der Ski-Weltmeisterschaft aus dem Weg zu gehen. Allein, es wird nicht gelingen. Früher oder später rennt man immer einem dieser vielen Hopsis über den Weg und man wird vom offiziellen WM-Maskottchen sofort für ein Erinnerungsfoto hops genommen. Tendenz eher früher.

Bimmelzug

Den Menschen, die ins Ennstal kommen, erschließt sich dieser Tage in Schladming die weite Welt der Ski-Weltmeisterschaften Made in Austria. Kein Winkel, und ist er noch so abgelegen, an dem nicht noch die Plakate und Fahnen hängen, keine Minute, an der sich die Welt hier nicht ums Ski und Après dreht. Wir sind Papst hatte die Bild-Zeitung frohlockt, als Joseph Ratzinger zum Benedikt XVI befördert wurde. Wir sind Ski-WM – so lautet das launige Motto nun eben hier in Schladming.

Wer dazugehören will zur großen Ski-Familie, der trägt Fahne, in all ihren Formen, und schließt sich dem Bimmel-Zug an, der pausenlos zwischen Planaistadion und der Fanzone verkehrt. Die knallgrünen Kuhglocken, die hunderte Fans um den Hals baumeln haben, sind kilometerweit zu hören.

Die Weltmeisterschaft ist immer und überall, an allen Ecken und Enden. In jedem Shop, in jeder Auslage steckt ein kleiner Weltmeister. Am Montag hat Marcel Hirscher mit seinen Raiffeisen-Teamkollegen die eigene WM-Bank eröffnet; seit Dienstag gibt es die Uniqa-Hall of Fame für Ski-Weltmeister und andere Würdenträger; die Post am Hauptplatz wirbt mit der Sondermarke zur WM und lädt die Menschen ein „Werden Sie WM-Maskottchen.“

Biopackage

Ein Haus weiter wird das offizielle Brillengesicht dieser WM gesucht, das lokale Biofachgeschäft bietet ein Ski-WM-Biopackage um 125 Euro an, praktisch jedes Geschäft hat die Auslage weltmeisterlich dekoriert. Bei Boutique Trude ist ein Bild des verstorbenen Schladminger Abfahrtsweltmeisters Sepp Walcher aufgestellt, bei Schnapsspezialitäten Toni stehen alte Holzski zwischen den Flaschen.

Im putzigen Stadtkino, das in Schladming noch „Klangfilmtheater“ heißt, stehen während der WM ausschließlich Ski-Klassiker wie „der schwarze Blitz“ oder „Zwölf Mädchen und ein Mann“ auf dem Programm, und selbst die Religion hat sich ganz der Ski-WM verschrieben. Die Vitrine der Evangelischen Kirche ist mit Pokalen und Medaillen geschmückt, man bittet zum „Sportgottesdienst“ und für die WM wurde sogar noch eine eigene Wintersportbibel aufgelegt.

Nachspiel

Auch die Athleten hat die WMitis natürlich voll erfasst. Die Milka-Rennläufer fahren in neu designten lila WM-Helmen, die Österreicher tauchten in Schladming im eigenen WM-Rennanzügen auf und schlafen in speziellen WM-Decken. Und selbstverständlich kann jeder Weltmeister von Schladming mit einem eigenen Schlumberger die WM-Sektkorken springen lassen.

Und dann? Was passiert dann, wenn alles vorbei ist? Wenn der Schladminger WM-Wahnsinn ein Ende nimmt?

Dann geht’s erst richtig los. Dann erlebt die Ski-WM im April ein Nachspiel – mit der offiziellen Musikanten-Ski-Weltmeisterschaft.

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