Es war eine eigenartige Partie damals in Málaga. Österreich war für die WM in Italien qualifiziert und absolvierte ein Testspiel gegen Spanien. Zur Pause lag die Fußball-Großmacht mit den damaligen Real-Madrid-Stars Butragueño, Martín Vázquez und Míchel mit 2:0 vorn.
Österreichs Teamchef Josef Hickersberger brachte zur Pause vier neue Spieler. Und siehe da: Erst gelang Hörtnagl der Anschlusstreffer, dann Polster gar der Ausgleich, und schließlich Gerhard Rodax sogar die Sensation mit seinem Supersolo in der 89. Minute des Spiels.
Für den damals 24-jährigen Gerhard Rodax zahlte sich das Tor aus. Der pfeilschnelle Stürmer stand damals stets im Schatten der violetten Urgesteine Toni Polster und Andreas Ogris. „Damit hatte ich nie Probleme“, sagt der bodenständige Rodax, der „Hartl“ genannt wurde. Er wirkte immer schon ein bisschen aus der Zeit. „An viele meiner Tore kann ich mich nicht erinnern.“ An das in Málaga aber schon.
In der Saison 1989/1990 schoss er für die Admira 35 Treffer, war damit drittbester Stürmer in Europa hinter dem Bulgaren Stoitschkow und dem Mexikaner Sánchez. Doch genau das Tor in Málaga ebnete Rodax den Weg zu Atlético Madrid, beeindruckte dessen exzentrischen Präsidenten Jesus Gil y Gil, Bauunternehmer, Bürgermeister von Marbella und Großmeister im Trainerrauswurf.
Damals durften die Klubs nur drei Legionäre beschäftigen. Neben Rodax waren dies Paulo Futre und Bernd Schuster. Der Portugiese Futre hatte mit 21 Jahren im Porto-Dress im Meistercup-Finale 1987 in Wien gegen Bayern München geglänzt und wurde deshalb von Atlético geholt. Der Deutsche Schuster kam nach acht Jahren bei Barcelona und zwei bei Real Madrid gemeinsam mit Rodax zu Atlético.
Rodax bestritt 20 Länderspiele für Österreich, erzielte drei Tore, darunter eines bei der WM in Italien. Erst vier Tage vor dem Abflug zur WM stand fest, dass Rodax ins Flugzeug steigen konnte: Weil es vor dem Wiener Arbeitsgericht, bei dem er gegen seinen Klub Admira um die Freigabe für Atlético Madrid kämpfte, einen Vergleich gab. Für 16 Millionen Schilling, damals in Österreich eine sehr hohe Summe, wechselte Rodax nach Spanien.
Dort feierte er mit seinem Treffer zum 1:1 in Valencia und dem 2:0 beim Heimdebüt gegen Betis einen gelungenen Einstand. Rodax wurde Cupsieger und Vize-Meister. Allerdings wurde er von Verletzungen zurückgeworfen. Zudem wurde seine Frau schwanger und wollte wieder nach Hause.
Auch das Leben in einer Siedlung vor den Toren von Madrid in Majadahonda war nicht nach dem Geschmack des Ehepaares. Und zeigte sich Rodax einmal in der Stadt, wurde der „Rubio“, der Blonde, von Fans stets erkannt, umringt, oft auch bestürmt. Rodax war stets freundlich, doch der Rummel um seine Person war nie seine Sache.
Nach einem Jahr war das Abenteuer Spanien vorbei. Im Frühjahr 1992 heuerte er bei Rapid an. Dort herrschte Chaos, die Spieler drohten wegen ausstehender Gehälter mit Streik. 1993 lief der Vertrag aus, Angebote blieben aus, Rodax beendete die Karriere. Noch nicht ganz. Im Frühjahr 1996 lief er noch für seine Admira auf. Und er absolvierte im Juni sein letztes Spiel, erzielte in der Relegation gegen Gerasdorf sein letztes Tor zum 6:0-Endstand.
Rodax war stets einer der stilleren Fußballer, einer der schon früh an die Zeit nach der Karriere dachte, der als Jung-Kicker auch die Matura machte.
Schon im Jahr 1989 kaufte er mit 23 Jahren eine Tennishalle in seiner Heimatstadt Traiskirchen. „Ich wollte ein zweites Standbein haben“, sagt er. Damals boomte die Sportart, Thomas Muster war 22 Jahre und auf dem Weg ein ganz Großer zu werden.
Mit Musters Karriereende ebbte auch der Boom ab. Rodax hat mit seiner Halle aber die Tennis-Krise nach der Jahrtausendwende überstanden. Und Tennis wurde wieder in. Jetzt, in der Corona-Krise darf niemand auf die sechs Plätze, auch die Kegelbahnen und das Restaurant stehen still.
Vom Fußball hat er sich schon lange verabschiedet, Ende 2008 trat er als Trainer der Amateure von Admira zurück. Und in der Halle in Traiskirchen erinnern keine Bilder an die Vergangenheit das Chefs. „Heute weiß keiner mehr, dass ich einmal Fußballer war.“ Eine Aussage typisch für den Ex-Kicker ohne Allüren. Er ist in zweiter Ehe verheiratet, hat eine achtjährige und eine 29-jährige Tochter.
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