Usain Bolt – der gefallene Star

Der Superstar am Boden: Bolts Abschied verlief nicht nach Wunsch.
Der Krampf und der Sturz in seinem letzten Rennen dürften eine Folge der Kälte in London gewesen sein. Nur der Rollstuhl blieb dem Jamaikaner erspart.

Usain Bolt geht nicht mit Gold, er humpelt mit Schmerzen aus dem Londoner Olympiastadion. Ein Oberschenkelkrampf stoppt den schnellsten Mann der Welt in seinem Abschiedsrennen. Ein Sport-Drama. Vom "Zusammenbruch eines Imperiums" schreibt eine Zeitung.

Zumindest der Rollstuhl blieb Usain Bolt erspart. Doch zum Drama eines denkwürdigen Abends wurde sein letztes Rennen allemal: Krampf und Schmerzen statt Gold und Gloria. Die Lichtgestalt der Leichtathletik, der schnellste Sprinter des Planeten, ging nicht strahlend und als Sieger, er humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Londoner Olympiastadion. Seine drei Staffelkollegen mussten ihn stützen und trösten.

Ein Volunteer begleitet das am Boden zerstörte Jamaika-Team, er schiebt einen Rollstuhl, schaut fragend zu Bolt rüber: Aber nein! Der tragische Held schafft die allerletzten Meter seiner Karriere dann doch (fast) allein, in jener Arena, wo er fünf Jahre zuvor zum dreimal vergoldeten Olympia-Helden aufgestiegen war. Der Entertainer, der bei seinem Berliner 9,58-Sekunden-Weltrekord Tempo 45 draufhatte, dieser Modellathlet fährt im Rollstuhl in den sportlichen Ruhestand? Es wäre das Foto des Jahres gewesen.

Erste Botschaft

Noch in der Nacht schickte Bolt eine emotionale Neun-Worte-Botschaft an seine treuen und traurigen Anhänger: "Danke euch, meine Leute. Unendliche Liebe für meine Fans", schrieb der Jamaikaner auf Twitter und Facebook, wo ihm seit Jahren zig Millionen folgen.

"Das tut schon weh, so eine echte Legende, einen echten Champion so zu sehen: wie er da rausgeht und dann so strauchelt", meinte Mitstreiter Yohan Blake. "Das tut mir leid mit der Verletzung. Aber er ist immer noch der Beste auf der Welt", meinte der Amerikaner Justin Gatlin, Bolts Dauerrivale in vielen Sprintduellen. Dass die US-Männer mit dem früheren Dopingsünder Gatlin nur Silber hinter den britischen Sensationssiegern holten, geriet zur Randnotiz.

Denn es war wie immer: Wo Bolt auftaucht, da ist Bolt das Thema Nummer 1, selbst als Verlierer, wie zu WM-Beginn bei seinem Bronzelauf über 100 Meter. Er ist und bleibt der Größte. Dass seine Karriere nun so zu Ende geht, neun Tage vor seinem 31. Geburtstag, das stand nicht im Drehbuch der Abschiedsgala. 56.000 Zeugen im Olympiastadion litten mit dem gefallenen Star.

"Es war ein grausamer und unvorstellbarer Abschied", befand die spanische Zeitung Marca – "der Zusammenbruch eines Imperiums." Und AS kommentierte: "Das letzte Rennen von Bolt wird als Schock in die Geschichte eingehen."

Was war überhaupt passiert, in der "Nacht, in der Götter fallen" (La Repubblica)? Ein Muskelkrampf im linken Oberschenkel hatte Bolt im dramatischen Staffelfinale ins Straucheln gebracht und gestoppt. Als um 22.03 Uhr alles aus war, lag die Lichtgestalt der Leichtathletik auf dem Boden.

Britische Kälte

Offenbar war die extrem lange Wartezeit der Finalstaffeln bei abendlicher Kühle schuld daran, dass Schlussläufer Bolt schon nach wenigen Metern einen Krampf bekam. "Mann, das war irrwitzig! Wir haben wirklich ganz lange gewartet", schilderte Startläufer Omar McLeod. Auch Gatlin vermutet die Kälte als Grund für Bolts Verletzung. "Wir haben unsere Sachen wohl ein bisschen zu früh ausgezogen. Es ist etwas kühl hier, und ich glaube, daher kam der Krampf."

Kommentare