Vorreiter für den US-Sport: Die Corona-Gefahr in der Blase

Black Power: Dunkelhäutige Fußballer protestierten gegen Rassismus nach dem Vorbild von 1968.
Die Fußball-Profis sind die Versuchskaninchen für den Neustart im US-Sport. Trotz Abschottung und Vorsicht in der Disney World macht das Virus mehr Schlagzeilen als die Sportler.

550 Fußballprofis vergnügen sich seit etlichen Tagen in Disney World in Orlando, im US-Bundesstaat Florida. Sie vertreiben sich die Zeit nicht im Vergnügungspark, sondern auf den Fußballplätzen. Sie leben in einer Blase, werden regelmäßig getestet, tragen Masken und halten Abstand. Im „ESPN Wide World of Sports Complex“, so der Name des Riesengeländes, sind 25 Teams der US-Profiliga MLS mit über 1.000 Personen kaserniert. Die US-Fußballliga MLS will der Vorreiter sein im US-Sport in der Corona-Krise.

Donnerstag um 2 Uhr früh MESZ war es dann so weit. Zum Restart der Liga gab es vorerst deutliche Zeichen gegen Rassismus. Die Spieler von Orlando und Miami stellten sich um den Mittelkreis auf, dann kamen dunkelhäutige Spieler der anderen Klubs, die 8 Minuten und 46 Sekunden alle ihre rechte Faust in einem schwarzen Handschuh in die Luft streckten wie einst Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen Sommerspielen 1968 in Mexiko. Unmittelbar vor dem Anpfiff gingen dann die Spieler von Miami, Orlando und die Schiedsrichter erneut auf ein Knie. Die gewählte Protestdauer war dabei eine Solidaritätsgeste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd, dem ein weißer Polizist für knapp neun Minuten sein Knie in den Nacken gedrückt hatte.

Über 60.000 Neuinfektionen

Aber es war weniger die Rassismusdebatte denn das Virus, das vor dem Neustart dominant war. Die USA bekommen die Corona-Krise nicht in den Griff: Innerhalb von 24 Stunden wurden Donnerstagmorgen 58.600 neue Fälle gezählt, mehr als 10.000 davon in Florida.

Das zweite Spiel des Neustarts, Nashville gegen Chicago, musste schon verschoben werden.Bei Nashville gab es neun positiv getestete Spieler. Die MLS beschloss deshalb, die Mannschaft  vom Bewerb auszuschließen. So wie man den FC Dallas schon ausgeschlossen hat. Gleich zehn Spieler und ein Betreuer der Texaner waren positiv. Noch bei der Abreise sind alle Mitglieder negativ gewesen, in Orlando aber waren die Tests positiv.

D.C. United konnte erst im dritten Anlauf aus Washington anreisen, weil ein Mitarbeiter Krankheitssymptome aufgewiesen hat. Deswegen wurde das Auftaktspiel gegen Toronto von Freitag auf Sonntag verschoben. Auch die Red Bulls aus New York kamen später als geplant, weil es einen unklaren Corona-Test gab. Beim Verein des Steirers Daniel Royer hieß es erst am Sonntag: „Angekommen in der Blase“. Ein paar Tage früher war der New York City FC gekommen, bei dem Ismael Tajouri-Shradi beim gestrigen ersten Spiel gegen Philadelphia Union in der Startelf stand. Der österreichisch-libysche Staatsbürger hat erst vor Kurzem bis 2022 unterschrieben. Der 26-jährige Flügelspieler, der in Wien aufgewachsen ist, meinte: „Es hat eine Zeit gebraucht, um sich an die Stimmung hier, an das Leben in der Blase zu gewöhnen.“ Das Leben in der Sportler-Blase ist aber doch nicht so sicher wie erhofft. „Wir haben auf die ,Bubble‘ vertraut. Jetzt immer mehr positiv getestete Spieler zu haben, ist erschreckend und wirft einige Fragen bei mir auf“, sagte der 26-jährige deutsche Profi Julian Gressel, der 2013 in die USA gegangen ist, in der Washington Post.

31 positive Baseballer

Dabei sollten die Fußballer die Versuchskaninchen für die anderen Sportarten sein. Die NBA will am 30. Juli ebenfalls in Disney World in Orlando den Spielbetrieb wieder aufnehmen, die Teams, darunter auch die San Antonio Spurs mit dem Wiener Jakob Pöltl, reisen in diesen Tagen schon an. Baseball soll in zwei Wochen wieder gespielt werden. Doch 31 positive Tests bei Spielern sowie sieben bei Klub-Mitarbeitern lassen den Saisonstart der MLB schon jetzt ordentlich wackeln – 19 der 30 Klubs sind betroffen. Und die Eishockey-Profis der NHL wollen Anfang August wieder auf das Eis.

Das Turnier „MLS is back“ soll am 11. August mit dem Finale beendet werden. Mittwochabend, Ortszeit, schlug Orlando FC David Beckhams Klub Inter Miami 2:1. Nani – der 33-jährige Portugiese war 2007 bis 2014 ein Star bei Manchester United – erzielte in der 98. Minute den Siegestreffer. Nach dem Turnier soll die nach zwei Spieltagen unterbrochene reguläre Saison fortgesetzt werden.

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