Werner Schlager bittet wieder zu Tisch

APA8914900 - 03082012 - LONDON - GROSSBRITANNIEN: OLYMPISCHE SPIELE 2012 IN LONDON - Werner Schlager (AUT) während des Tischtennis-Teambewerbs gegen Ägypten am Freitag, 03. August 2012, in der ExCeL-Arena in London. (!!!BILD AUFGENOMMEN MIT MEHRFACHBELICHTUNG!!!) APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
2003 wurde Werner Schlager Weltmeister. Nun kehrt die WM nach Paris zurück. Und mit ihr der 40-Jährige.

Sohn Nick, vier Jahre jung, hat sein Spielzeug auf dem Schreibtisch des Vaters verteilt, Lebensgefährtin Bettina trägt Tochter Nea, noch kein Jahr alt, im Arm. Werner Schlager drückt ihr noch rasch einen Kuss auf die Wange, dann tritt er ins Licht.

Die kommenden zwei Stunden gehören ihm ganz allein: Werner Schlager, dem Tischtennis-Profi. 22 Tische sind hell erleuchtet in der Schwechater Tischtennis-Akademie, die seinen Namen trägt. Talentierte, athletische Spieler aus Österreich, Ägypten und Portugal verteilen sich in der Halle. Sie dreschen im Sekundentakt auf die weißen Bällchen ein. Es knattert. Kaum ein Wort ist zu verstehen in diesem Gewitter, kaum ein klares Bild zu fassen in diesem Sturm aus Eindrücken.

Routinier

Dann spielt Werner Schlager den ersten Ball. Die Bilder werden schärfer. Die Präsenz, die der mittlerweile 40-Jährige an einen Tischtennis-Tisch bringt, ist noch immer enorm.

Zwei Meter entfernt hat sich ein Kameramann in Stellung gebracht, sein Objektiv ist starr auf den Niederösterreicher gerichtet. Er filmt Schlagers Gesten nach einem Fehlschlag, sein Lächeln nach einem Kunstschuss. „Nein, nein, nein“, flucht Schlager und fordert seinen Körper auf: „Beinarbeit!“ Für solche Szenen ist das Kamerateam für einen Tag extra aus Paris angereist. Die Franzosen sind auf der Suche nach guten Geschichten, Werner Schlager hat eine sehr gute zu erzählen.

„Brutales Spiel“

Im Jahr 2003 wurde er in Paris Weltmeister, am Sonntag, zehn Jahre danach, kehrt die WM ins Palais Omnisports de Paris-Bercy zurück. Und mit ihr Werner Schlager.

Seither hat sich viel verändert im Tischtennis: die Spielweisen, das Training, die Athletik. „Das Spiel ist brutal geworden“, sagt der Ex-Weltmeister. „Dem Schlager von 2003 würde ich heute fünf Punkte pro Satz vorgeben, damit es halbwegs ausgeglichen wäre.“

Ein guter Satz.

Der WM-Titel und seine Begleiterscheinungen haben Schlager ein finanziell sorgenfreies Leben beschert. „Ich bin kein Millionär, aber mehr als zufrieden und dankbar“, sagt die ehemalige Nummer eins der Welt.

Sentimentalität ist ihm fremd. Es geht Schlager um die Herausforderung, um den Reiz. Wie weit er sich und seinen Körper noch einmal, vielleicht ein letztes Mal, treiben kann. „Dass das Turnier in Paris stattfindet, ist ein süßer Bonus.“ Seit Februar bittet er nun wieder regelmäßig zu Tisch: drei Mal pro Woche, für jeweils zwei Stunden. Das ist viel für ihn und nichts im internationalen Vergleich.

Vorbereitung

Der Referenzwert wurde ihm erst letzte Woche wieder vor Augen geführt. Wie schon in den Vorjahren bereiteten sich Chinas Spieler in der Werner Schlager Academy auf die WM vor. Zwei Trainingseinheiten pro Tag, dazwischen ein Besuch in der Kraftkammer. Die Auswahl gleicht weniger einem Nationalteam, mehr einer Armee, die sich die gesamte Sportart einverleibt hat. Seit der WM 2003, seit Werner Schlager, hat China alle Trophäen im Welt-Tischtennis abgeräumt.

Das verleiht seiner ohnehin guten Geschichte eine einzigartige Note. Eine Wiederholung gilt als ausgeschlossen. „Es kann sein, dass ich in der ersten Runde ausscheide“, sagt Schlager. Und dann? „Dann gehe ich ins Hotel mit meiner Familie.“

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