Thiem verliert 5-Satz-Thriller gegen Del Potro
Nur ein Punkt hat gefehlt: Zum erstmaligen Einzug ins US-Open-Viertelfinale, zum erstmaligen Einzug in die Top 5 der Weltrangliste und zum Match gegen Roger Federer. Dementsprechend enttäuscht war Dominic Thiem am Montagabend (Ortszeit) in New York nach einer dramatischen Fünf-Satz-Niederlage gegen einen gesundheitlich angeschlagenen Juan Martin Del Potro.
Kein Geburtstagsgeschenk
Für den als Nummer 6 gesetzten Niederösterreicher war es am Tag nach seinem 24. Geburtstag im Achtelfinale eine der bittersten Niederlagen seiner Karriere. Nach 3:35 Stunden musste sich der Schützling von Günter Bresnik trotz einer 2:0-Satzführung und später zwei Matchbällen mit 6:1,6:2,1:6,6:7(1),4:6 geschlagen geben.
Der Niederösterreicher hatte das Match überlegen begonnen, zudem wirkte Del Potro angeschlagen. Die Nase war feuerrot, die Augen schimmerten glasig. In den letzten Tagen hatte del Potro an einer fiebrigen Erkältung gelitten, erfuhr man während des Matches. Nach einer 5:0-Führung im ersten Satz ließ sich der Südamerikaner kurz behandeln, nach 37 Minuten stellte Thiem das 6:1 her. Auch im zweiten Satz, in dem sein Gegner an die Aufgabe dachte (O-Ton: "Ich habe in der Mitte des zweiten Satzes daran gedacht, aufzugeben, weil ich nicht atmen und mich nicht gut bewegen konnte. Dominic hat das Match so leicht dominiert"), führte Thiem rasch mit 4:0 und hatte auch Satz zwei schnell in der Tasche.
Im vierten Satz ist Thiem aber wieder gut reingekommen. In diesem führte er sogar schon mit 5:2 und er hätte sich bei 15:30 Aufschlag Del Potro mit einem Durchschnittsschlag schon zwei Matchbälle erspielen können. "Bei 5:2 denkst du dir, jetzt ist angerichtet und er hat ihn wieder ausgelassen", ärgerte sich Bresnik. "Da waren so viele Undiszipliniertheiten dabei in dem Spiel, das ist unglaublich." Del Potro schaffte das 3:5 und Thiem gab seinen Aufschlag mit Doppelfehler und einem Vorhandfehler zum 4:5 ab.
Bei 6:5 hatte Thiem dann bei 15:40 nach 2:37 Stunden Spielzeit zwei Matchbälle, doch da konnte man ihm nichts vorwerfen. Del Potro, dessen krachende Vorhand auch immer besser wurde, servierte zwei unnehmbare Asse und rettete sich ins Tiebreak. In diesem war der 28-Jährige dann zu stark.
Satz fünf verlief ebenfalls dramatisch: Bei 2:3, 0:40 spielte Thiem stark und vermied das Break noch. Danach ging es mit dem Aufschlag bis zum 5:4, doch Österreichs Tennis-Star musste dann seinen Aufschlag matchentscheidend abgeben.
Viele Fans des Argentiniers im Stadion
Der enorme Support der Fans habe del Potro viel Energie gegeben. "Ich habe gesehen, dass die Leute mehr Tennis sehen wollten, auf meine guten Vorhandschläge und Aufschläge warten. Ich habe all diese Energie gut aufgenommen, und mir gedacht zu fighten anstatt aufzugeben", erklärte der frühere US-Open-Sieger. Nun sei er einfach nur froh: "Ich habe einen fantastischen Kampf gegen einen der besten Spieler auf der Tour gewonnen."
Thiem wäre erst der zweite Österreicher nach Thomas Muster (dreimal) gewesen, der in Flushing Meadows die Runde der letzten 8 erreicht. Der zweifache French-Open-Halbfinalist (2016 und 2017) hat mit seinem siebenten Achtelfinale bei einem Major immerhin 253.625 US-Dollar (212.772,65 Euro) brutto sowie 180 Zähler auch für das ATP-Race geholt und sein Ergebnis aus dem Vorjahr erfolgreich verteidigt. Seinen nächsten Einsatz wird er vom 15. bis 17. September beim Daviscup gegen Rumänien in Wels (Europa-Afrika-Zone I/Play-off) haben.
Federer und Nadal kommen sich näher
Zwei Superstars erreichten problemlos das Viertelfinale. Dem topgesetzten Rafael Nadal und Roger Federer fehlt nach Drei-Satz-Siegen nur noch ein Erfolg zum Halbfinal-Duell. Es wäre das erste der beiden überhaupt bei den US Open.
Federer kann nur noch Thiem-Bezwinger Del Potro, Nadal der 19-jährige, russische Aufsteiger Andrej Rublew stoppen. "Ich glaube, es würde beiden von uns viel bedeuten", sagte Federer nach seinem Sieg am US-Feiertag "Labor Day" auf den möglichen Hit angesprochen. "Es wäre gut für das Tennis, aber wir werden sehen. Da gibt es auf der einen Seite Rublew, einen großartigen, jungen und aufstrebenden Spieler, dem ich gerne zusehe, und Del Potro, der heute ein episches Match hatte", warnte Federer vor vorzeitigen Frohlockungen.
Mit dem 6:4,6:2,7:5 über Philipp Kohlschreiber, Sieg Nummer 12 über den deutschen Kitzbühel-Sieger, machte Federer das Dutzend voll. Federer war vor dem Start des dritten Satzes zu einer Rückenbehandlung in der Kabine, aber der diesjährige Australian-Open- und Wimbledonsieger gab Entwarnung: "Das war eher eine Vorsichtsmaßnahme. Alles ist gut, keine Probleme und ich mache mir darüber auch keine Sorgen", sagte Federer. Nach zwei Fünfsatz-Erfolgen hat er nun zwei glatte Erfolge abgeliefert.
Der topgesetzte Nadal hatte sich gegen Alexander Dolgopolow beim 6:2,6:4,6:1 in 101 Minuten auch nicht lange aufgehalten. Der zehnfache French-Open-Champion trifft nun am Mittwoch im Viertelfinale auf den aufstrebenden Rublew, der den Belgier David Goffin 7:5,7:6(5),6:3 ausschaltete. Goffin hatte allerdings auch etwas Knieprobleme.
Aus für Thiem bei US-Open
Clarin: "Del Potro schafft Einzug ins Viertelfinale dank eines heroischen Comebacks. Das war kein Sieg wie jeder andere. Obwohl er keinen Titel und keine Medaille gewonnen hat, wird der Triumph gegen Dominic Thiem im Gedächtnis des Mannes aus Tandil eingraviert bleiben."
La Nacion: "Epischer Triumph für Del Potro. Körperlich durch Fieber geschwächt, spielte Del Potro eine unvergessliche Partie gegen einen weiteren speziellen Gegner: seine psychischen Schwankungen. Er verließ sich auf die Unterstützung des Publikums und in 3:35 Stunden schlug er den Österreicher Thiem in einer einzigartigen Nacht in Flushing Meadows."
La Prensa: "Del Potro gewinnt ein episches Spiel und trifft im Viertelfinale auf Federer. Der Mann aus Tandil schafft einen heroischen Sieg, der ihn an die Olympischen Spiele in Rio erinnerte."
Ole: "Vollblut Potro! Und Juan Martin schaffte es: Zwei Sätze gegen Thiem zurück, gelingt in einem epischen Spiel die Wende. Er steht im Viertelfinale der US Open, wo er sich zuhause fühlt. Und er hatte Fieber. Unglaublich."
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