Sternstunden im Davis-Cup: Als alles auf Holzbänken begann
Großes bewirkt: Kapitän Ronnie Leitgeb herzte Thomas Muster
Inmitten der Weltspitze, unter den besten acht Teams der Welt. Und dann noch gegen Italien. Die Nummer eins der Welt, Titelverteidiger und Gastgeber in Bologna. Obwohl am Mittwoch (16 Uhr, ORF 1) mit Jannik Sinner und Lorenzo Musetti Italiens Top-Ten-Leute fehlen, ist Österreich Außenseiter – aber schon das Antreten der Mannschaft um Kapitän Jürgen Melzer ist ein Highlight. Große Höhepunkte gab es zuhauf in Österreichs Team.
Die Zelle
Im Juli 1988 stand Österreich zwar noch nicht in der Weltklasse, aber in Zell am See wurde mit einem 5:0 gegen Großbritannien die Vorarbeit für spätere Erfolge geleistet. Die Organisation war perfekt, die Fans riss es von den Holzbänken. „Damals spielten wir eher vor Verwandten“, erinnert sich Doppel-Ass Alex Antonitsch.
Der Startschuss
Anfang Februar 1989 war es so weit – Österreich debütierte mit einem 5:0-Sieg im Wiener Dusika-Stadion über Australien in der Weltgruppe. Die Gäste kamen mit einem Top-Team um den damals regierenden Wimbledon-Sieger Par Cash. Die große Zeit der Musketiere war geboren – Thomas Muster, Horst Skoff und Antonitsch sollten noch für viel Freude sorgen. „Damals kam erstmals so richtig Euphorie auf. Dieses Spiel war eigentlich der Beginn für die erfolgreiche Zeit“, blickt der heute 59-Jährige zurück.
Skoffs Sternstunde
Nach dem Ausfall von Muster, der eine Woche zuvor vor dem Miami-Finale von einem betrunkenen Autofahrer verletzt worden war, sprang der damals 19-jährige Horst Skoff in die Bresche. Und wie – der 2008 verstorbene Kärntner befasste sich (erneut im Dusika) 6 Stunden und 4 Minuten mit dem damaligen Weltranglisten-Zweiten Mats Wilander, um nach einem Fünf-Satz-Thriller als Sieger vom Platz zu gehen. Es war lange Zeit das längste Davis-Cup-Match nach Einführung der Tiebreak-Regel. „Im fünften Satz, bei 5:5 habe ich schon Krämpfe gekriegt beim Aufschlag“, sagte der Kärntner noch auf dem Platz. „Ich weiß nicht, wie ich gewonnen habe.“ Der Länderkampf gegen Schweden ging dennoch verloren, weil Stefan Edberg drei Punkte holte (zwei im Einzel plus Doppel).
Die Premiere
Nach einem 5:0 über Italien zog Österreich 1990 erstmals in das Weltgruppen-Viertelfinale ein. „Das war damals aber noch ein machbarer Gegner, eine klare Sache“, erinnert sich Muster. Es war übrigens das bisher letzte Duell mit dem Mittwoch-Gegner. In Erinnerung blieb auch Paolo Cane, der einem schimpfenden Fan eine Sektdusche verpasste.
Der Zuschauer-Rekord
Rund sechs Monate später war alles angerichtet für den großen Schritt. Thomas Muster putzte vor rund 17.000 Fans im Wiener Stadion (heute Happel-Stadion) Michael Chang und Andre Agassi und Horst Skoff führte im Entscheidungsspiel gegen Chang mit 2:0 in Sätzen, bei 2:1 wurde wegen Dunkelheit abgebrochen und auf Montag vertagt. Viele Fans, auch Schüler bekamen frei und sahen Skoff am nächsten Tag untergehen. 2:3 gegen die USA, der Finaltraum war hiermit geplatzt.
Das „Bruderduell“
1994 zeichnete Ronnie Leitgeb für die Organisation in Unterpremstätten verantwortlich – und das Publikum kam gegen Deutschland voll auf seine Rechnung. Muster schlug wieder zu und zwar Marc-Kevin Göllner und in einem dramatischen Match Michael Stich. Verloren ging aber das Doppel, auch der damals nicht mehr in Hochform befindliche Skoff verlor beide Partien. „Aber ohne ihn wären wir dorthin nie gekommen“, verteidigt Antonitsch seinen Kärntner Kollegen.
Letzte Fiesta
Nach einem 4:1 über Großmacht Spanien mit einem sensationellen Gilbert Schaller qualifizierte sich das ÖTV-Team 1995 für lange Zeit zum letzten Mal für das Viertelfinale, in dem man in Schweden unterging.
Held in Wr. Neustadt: Jürgen Melzer
Das Comeback
In Wiener Neustadt klappte es im Februar 2012 wieder. Mit einem überragenden Jürgen Melzer und Andreas Haider-Maurer wurde Russland 3:2 besiegt. „Wir waren überrascht, als sie die besten Spieler nicht ins Einzel schickten. Aber ihre Ersatzleute waren im Ranking ähnlich platziert wie wir“, erinnert sich der heutige Kapitän. In Spanien war dann gegen David Ferrer & Co. nichts zu holen.
Liebesgrüße aus Moskau
Kaum Chancen hatte sich Österreich im April 2018 ohne Dominic Thiem beim Europa-Afrika-Spiel in Russland ausgerechnet, doch dann holte Melzer zwei Punkte (Einzel und Doppel) und Dennis Novak, der seine Karriere letzten Sonntag beendet hat, schlug sensationell Andrej Rublew. Österreich siegte unter Kapitän Stefan Koubek mit 3:2.
Kein Sieg, keine Fans
Es ist nicht das erste Finalturnier für Österreich. Das erste war 2021 (2020 war das Event wegen Corona ausgefallen), damals wurde auf drei Schauplätzen gespielt. Österreich scheiterte im Lockdown vor leeren Rängen in Innsbruck gegen Serbien und Deutschland. Fazit: Es war kein großes Fest ohne Fans.
Sport Talk mit Melzer, Neumayer und Miedler
Die Sensation
Dank des doch etwas überraschenden 3:2-Sieges gegen Ungarn in Debrecen durfte Österreich nach Bologna. Jurij Rodionov (zwei Siege) und Lukas Neumayer waren die Helden des Aufstiegs.
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