Im Gegensatz zu ihrer zweieinhalb Jahre älteren Schwester Emily, ebenfalls mit Tennistalent versehen, bleibt Kim noch immer dem Leistungssport treu. Sie nimmt dafür auch einiges an Entbehrungen auf sich – Montag und Freitag 6 Stunden Schule und 3 Stunden Training, Dienstag und Donnerstag 2 Stunden Training, 3 Stunden Schule, 2 Stunden Training, Mittwoch 1 Stunde Training, 6 Stunden Schule, 2 Stunden Training. Es ist nur ein Tag in der Woche frei, weil auch Samstag oder Sonntag trainiert wird.
Kim hat mit sechs Jahren mit dem Tennis begonnen, mit zehn Jahren trainierte sie dann schon vier Mal in der Woche, mit 14 ging sie in die Liese Prokop Privatschule in der Südstadt, wo die Lehrpläne mit den Trainingsplänen koordiniert werden.
Trainiert hat Kim schon mit 12 Jahren in der Südstadt unter der Leitung von Dominic Thiems Vater Wolfgang. Als der die Südstadt Anfang 2020 verließ, blieb Kühbauer dort, wo sich zumindest drei Trainer um sie kümmern und ihr Günter Bresnik von Zeit zu Zeit auf den Schläger schaut. In der U12 gewann sie die Meisterschaften in der Halle wie im Freien und das Masters. Mit 13 wurde sie Dritte in der U14-Meisterschaft.
Doch dann kamen die Verletzungen. Es begann 2020 mit Schmerzen in der Leiste. Im Sommer 2021 bekam sie Ödeme im rechten Ellbogen, auf ihrer Schlaghandseite. Es folgten im Dezember 2021 Ödeme im Mittelfußknochen, ein Ermüdungsbruch der großen Zehe und zuletzt entzündeter Schleimbeutel und Sehnenansatz im Ellbogen – diesmal im linken. Eine Corona-Infektion gesellte sich auch dazu.
Verletzungsteufel
Kim Kühbauer kennt jetzt auch die Schattenseiten des Leistungssports, hat gelernt, mit Verletzungen und Schmerzen umzugehen. Und sie hat sich nicht unterkriegen lassen. Irgendwann zwischen den Verletzungen gewann sie in Israel zwei internationale U14-Turniere. Bei einem Turnier in Piestany in der Slowakei verlor sie im Semifinale gegen Mathilde Ngijol-Carré. Die um ein Jahr ältere Französin spielte in diesem Jahr beim Juniorinnen-Turnier der French Open.
Und dort soll es in der Karriere einmal hingehen. Zu einem der prestigeträchtigen Nachwuchsbewerbe bei den Grand-Slam-Turnieren. Dafür spielt Kühbauer vor allem Turniere, die für die ITF-Rangliste zählen – sie darf mit 15 Jahren 15 davon pro Jahr spielen. Aber auch ein Antreten bei einem WTA Future wäre ein Traum, das ist der Unterbau der WTA Tour.
Auch dieses Jahr hat Kühbauer trotz der Verletzungen zumindest so viele Punkte gesammelt, dass sie in der ITF-Weltrangliste unter den besten Österreicherinnen des Jahrgangs 2007 ist. „Und das alles, obwohl ihr wegen der Verletzung viel Turniererfahrung abgeht“, sagt Ingrid Kühbauer. Ihr ist es wie auch ihrem Mann Didi am wichtigsten, dass die Tochter von sich aus will, Druck gibt es auch von seiner Seite keinen. Er war als Fußballprofi ein Mentalitätsspieler mit dem Winner-Gen. „Kim darf sich nicht aus der Spur bringen lassen, wenn einmal etwas nicht klappt oder wenn die Gegnerin auf einmal Top-Schläge auspackt. Das muss sie abhaken und auf die eigenen Stärken vertrauen. Nur nicht hadern.“
Dass „im Einzelsport der Schädel noch wichtiger ist“ als im Teamsport, hat er als Fußballtalent hautnah erlebt. Damals, als er in der Südstadt alle aufstrebenden Tennisspieler traf. Thomas Muster, Alexander Antonitsch, Horst Skoff – schon damals ein Lebemann. Kühbauer: „Aber mein Lieblingsspieler war immer Thomas Muster.“ Der hat damals mit den Admira-Talenten in der Halle mitgespielt. „Er war nicht schlecht mit dem Fußball, aber natürlich weit weg von uns. Dennoch hat er nie aufgegeben. So oft wir ihn ausgespielt haben, so oft wir ihn an der Bande gecheckt haben. Er ist immer aufgestanden und hat weitergespielt.“
Er selbst hat damals in der Südstadt kaum mehr Tennis gespielt, obwohl er schon mit zehn Jahren im burgenländischen Landesfinale stand. Auch in den Profijahren bei der Admira und Rapid wurde kaum Tennis gespielt. „Ich habe erst wieder damit begonnen, als ich Ingrid kennen gelernt habe.“ Und die erinnert sich: „Wenn ich auf seine schwächere Rückhand gespielt habe, haben wir manchmal eine halbe Stunde nicht miteinander geredet.“ Jahre später gibt Didi zu: „Wenn ein Spiel eng wird, würde ich das genauso machen.“ Diesen Siegeswillen braucht auch ein Talent wie Kim, um nach oben zu kommen.
Aber was ist, wenn es nichts wird mit der großen Karriere? „Kein Problem“, sagen Ingrid und Didi. Ingrid ist aber wichtig, dass Kim, die auch in der Schule ehrgeizig ist, einen Abschluss macht. „Die Schule in der Südstadt macht sie auf jeden Fall fertig. Und vielleicht ist College-Tennis ein zweiter Bildungsweg, eine zweite Chance.“
Aber eines ist auch klar, aus Spaß wurde Ernst, aus dem Hobby wurde Leistungssport. Ingrid Kühbauer: „Jetzt ist nicht mehr alles reine Gaudi. Letztlich muss sie wissen, was für sie das Richtige ist.“
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