Sensation in Wimbledon: Hurkacz demütigt Altstar Federer
War das wirklich Roger Federer? War das tatsächlich der Mann, der dieses Turnier so häufig wie kein anderer Spieler gewonnen hat (8) und der den Centre Court von Wimbledon sein Wohnzimmer nennt? Der auf Rasen für gewöhnlich einsame Klasse ist und dort Tennis so spielerisch leicht aussehen lässt?
Er war es wirklich. Und Roger Federer war nicht wiederzuerkennen. Dem Schweizer unterliefen Fehler, die man so von ihm nicht kannte. Er wirkte teils fahrig und unkonzentriert und schoss Volleys ins Out oder ins Netz, die er an einem normalen Tag mit geschlossenen Augen verwertet hätte.
Das soll die Leistung von Hubert Hurkacz im Viertelfinale keineswegs schmälern, tatsächlich zog der Pole dem Altstar mit seinem mutigen und sicheren Spiel den Nerv. Doch Hurkacz hatte es an diesem Tag auch mit einem Roger Federer zu tun, der für seine Verhältnisse ziemlich von der Rolle war.
Demütigung für Federer
Nach 28 Minuten hatte der 24-jährige Pole den ersten Satz mit 6:3 entschieden, im zweiten ließ sich die Nummer 17 der Welt auch von einem frühen Break nicht aus dem Konzept bringen und behielt im Tie-Break mit 7:4 die Oberhand.
Der dritte Satz wurde dann für Roger Federer regelrecht zu einer Demütigung. Der Mister Wimbledon machte kein einziges Game mehr. Zum blanken Entsetzen der Tausenden Fans, die spürten, dass dies möglicherweise der letzte Auftritt von Roger Federer auf dem Centre Court in Wimbledon gewesen ist. Der Schweizer wird in einem Monat 40, das Karriereende ist wahrscheinlich.
Wie es für ihn weitergeht, wollte der Routinier erst nach einer Analyse mit seinem Team entscheiden. Ob es sein letztes Spiel bei dem Rasen-Klassiker gewesen sein könnte, hielt er sich offen.
"Ich weiß es wirklich nicht", sagte der 39-Jährige. "Natürlich würde ich es gern noch einmal spielen, aber in meinem Alter weiß man nie, was kommt", ergänzte der Schweizer. Ein Rücktritt kommt für Federer offenbar noch nicht infrage. Bei Gesprächen in den kommenden Tagen will der 20-fache Grand-Slam-Gewinner über seine Perspektiven nachdenken und unter anderem überlegen, ob er an seinem Start bei den anstehenden Olympischen Spielen in Tokio festhält.
Er hoffe, bald etwas zu seiner Zukunft mitteilen zu können, wolle sich aber nicht drängen lassen. "Ich will mir Zeit lassen, um die richtige Entscheidung zu treffen. Das Ziel ist natürlich zu spielen", sagte Federer. Die langjährige Nummer eins der Welt hat nach zwei Knieoperationen in diesem Jahr nur wenige Spiele bestritten.
Für Hurkacz läuft es hingegen nach Wunsch, er hat den Sprung unter die Top 20 im Ranking geschafft und kann sich mit einem Erfolg im ersten Grand-Slam-Halbfinale weiter nach vor arbeiten. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin so glücklich", verlautete der 24-Jährige nach seinem größten Karriereerfolg. "Vom Platz zu gehen und zu realisieren, Roger Federer geschlagen zu haben - damit ist eine Art von Kindheitstraum wahr geworden."
Gegner in der Vorschlussrunde ist der Italiener Matteo Berrettini. Der auf Position sieben eingestufte Akteur schaltete den Kanadier Felix Auger-Aliasssime mit 6:3,5:7,7:5,6:3 aus und darf sich erstmals im Wimbledon-Halbfinale versuchen. In einem Major-Halbfinale stand der fünffache ATP-Turniersieger auch schon bei den US Open 2019, konnte da gegen Rafael Nadal aber keinen Satz gewinnen.
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