Der Tennissport lebt. Weil er vor allem von den Fans lebt.
Die Entbehrungen der vergangenen Wochen haben sich vor allem für die Spieler ausgezahlt. Dominic Thiem und die Tennisfreunde bekamen am Freitag bei einer Exhibition in Adelaide gegen den Spanier Rafael Nadal einen Vorgeschmack darauf, was die nächsten drei Wochen im 650 Kilometer entfernten Melbourne auf sie zukommen wird. Tolle Matches, aber vor allem ein enthusiastisches Publikum.
Der Startschuss
Die Herren starten am Montag mit zwei ATP-Turnieren, auch bei den Damen gibt es mehrere Vorbereitungsbewerbe auf die Australian Open (ab 8. Februar) – alles in Melbourne. Für die österreichischen Nachtschwärmer gibt es in der Nacht auf Dienstag die ersten Leckerbissen, Österreich startet im Melbourne Park gegen Italien in den ATP-Cup (ab Mitternacht). Thiem ist gut beisammen. Dass der 27-jährige US-Open-Sieger Nadal im Show-Duell mit 5:7, 4:6 unterlag, ist egal. Was zählte, war die prall gefüllte Tribüne. „Es war ein sehr hartes Jahr für alle und eine Freude für uns, seit fast einem Jahr wieder vor vollem Haus zu spielen.“
Im Vorjahr scheiterte Österreich beim ATP-Cup unter Teamcoach Thomas Muster in der Gruppenphase, heuer übernimmt Thiem-Vater Wolfgang das Zepter. Zweiter Gegner ist am Donnerstag Frankreich. Pikant: Thiem, der in Australien auf den an Corona erkrankten Coach Nicolás Massú verzichten muss, dürfte dabei auf Gaël Monfils treffen, der künftig mit Thiems Ex-Trainer Günter Bresnik arbeitet. Der 34-jährige Monfils holte sich mit dem Niederösterreicher in Dubai den Feinschliff. Der 59-jährige Bresnik flog aber nicht nach Australien: „Zwei Wochen Quarantäne tu’ ich mir nicht mehr an.“
Spieler, die das Glück hatten, dass kein Corona-Fall im Flieger nach Down Under saß, konnten zwei Wochen in normale Quarantäne gehen, durften also für Trainingseinheiten das Hotel verlassen. Andere – etwas mehr als 70 – hatten weniger Glück. Sie saßen zwei Wochen in Isolation, manche hatten im Hotelzimmer nur Gesellschaft von Kakerlaken und konnten Bälle auf den Kasten schießen.
Rückendeckung bekamen die „Eingesperrten“ von Novak Djokovic und Thiem, die auf die Benachteiligung aufmerksam machten. Unter den Isolierten war auch das Vorarlberger Doppel-Ass Philipp Oswald. Er hatte nur vier Tage, um sich anständig auf den ATP-Cup vorzubereiten. Der 35-Jährige nimmt es mit Humor: „In der Kürze liegt die Würze. Zumindest bleiben zehn Tage für die Australian Open.“ Positiv: Unter den Covid-19-Fällen war laut Australian-Open-Boss Craig Tiley kein Spieler.
Der Höhepunkt
Klingt paradox: Spieler mussten in Quarantäne, dafür dürfen an den ersten acht Turniertagen der Australian Open 30.000 Fans pro Tag die Anlage stürmen. Die letzten sechs Tage bei weniger Spielen immerhin 25.000. Es gibt nach gegenwärtigem Stand auch keine Maskenpflicht, nur eine Empfehlung. Aber es gibt auch vor Ort so gut wie keine Corona-Infektionen mehr. Nach fast einem Jahr gibt es also wieder ein richtiges Tennisfest. Wimbledon wurde 2020 abgeblasen, die US Open fanden ohne Fans statt, die French Open mit wenigen.
„Wir müssen den Australiern dankbar sein, was sie für uns gemacht haben“, sagt Thiem, der im Vorjahr in einem dramatischen Endspiel Djokovic unterlag und heuer sowieso Teil des Favoritenkreises ist. Der Titel führt wohl über den Rekordchamp bei den Australian Open, Djokovic darf schon acht Siegertrophäen polieren. Nadal holte von seinen 20 Grand-Slam-Titeln nur einen in Melbourne (2009) und sagt: „Das wissen die Leute gar nicht mehr.“
Der Pechvogel
Man stelle sich vor, man würde nach Australien fliegen, zwei Wochen in Quarantäne leben und unverrichteter Dinge wieder heimfliegen. Oliver Marach zog sich im Training eine Rückenverletzung zu, hatte tagelang keinen Arzt, der ins Hotel kommen konnte und sagte ein Vorbereitungsturnier ab. Nicht nur das: „Für die Australian Open wird’s eng“, sagt der Grazer, der 2018 den Doppel-Titel geholt hat.
Kommentare