Ein Tennis-Star mit Wut und Würde: Abschied von Serena Williams
Margaret Court wird in dieser Zeit eher weniger gerne die Medienlandschaft im Blick haben. Denn diese wird sich Serena Williams zum Thema machen, die bei den US Open die große Bühne verlässt, die sie jahrzehntelang beherrschte.
Und dort wird sie beharrlich als beste Spielerin der Tennisgeschichte bezeichnet, dabei hat die Australierin Court mit 24 Grand-Slam-Titeln einen mehr als die bald 41-jährige Amerikanerin zu Buche stehen. Die meisten davon hat sie aber vor der Profi-Ära (ab 1968) erworben. Klar ist auch, dass Williams zwar noch immer die Kugel perfekt trifft, aber aus dem Favoritenkreis und damit aus der Anwärterschaft für Meisterinnenstück Nummer 24 auszuschließen ist.
Verständlicherweise heulen die Sirenen, wenn es darum geht, Serena zu huldigen. Verständlich, dass man stets darauf aufmerksam machen wird, dass eine Epoche des Filzkugelsports zu Ende geht. Welche Spuren wird Williams hinterlassen?
Die Sportlerin
Keine hat den Sport über so lange Zeit so dominiert wie sie. Als sie 1999 bei den US Open ihren ersten Grand-Slam-Titel holte, war sie noch nicht einmal 19. „A star is born“ war damals das Thema, von einer neuen Ära wurde gesprochen und geschrieben, nachdem sie im Endspiel die Vorherrschaft der jahrelang überragenden Schweizerin Martina Hingis gebrochen hat. Dabei wurde vor dem Turnier einer anderen Amerikanerin gehuldigt und von dieser erwartet, dass sie neue Sphären des Tennissports erreicht: Von der um 15 Monate älteren Schwester Venus, die sich erst im Jahr darauf ihren ersten von insgesamt sieben Major-Triumphen gutschreiben lassen konnte und die auch heuer in New York dabei ist.
Serena hätte es mehrmals in der kräftigen Hand gehabt, den 24. Triumph einzufahren, verlor aber seit 2017 in vier Endspielen. Dennoch wird der Tennissport ohne sie nicht mehr das sein, was er war. „Sie ist die beste Spielerin der Geschichte“, sagt Barbara Schett, Österreichs Beste der Geschichte. „Alles, was man über Serena sagen muss, ist, dass sie sich in das Pantheon der GOATs (Greatest of all time, Anm.) eingereiht hat, Billie Jean King, Muhammad Ali, Michael Jordan, Tom Brady. Da gehört sie hin“, sagt auch Legende und Kommentator John McEnroe.
Die Zielscheibe
Serena Williams kämpfte immer gegen Vorurteile und Rassismus. Und das musste sie tun. Viel zu oft stand sie im Mittelpunkt unfairer und idiotischer Attacken. Schon zu Beginn ihrer Karriere waren sie und ihre Familie Zielscheiben rassistischer und homophober Angriffe. In Indian Wells wurde sie als 19-Jährige gnadenlos ausgebuht. „Ich wünschte, es wäre 1975, wir würden euch lebendig häuten“, erzählte Vater Richard Williams später über Beschimpfungen. Der Rassismus mischte sich bald mit Sexismus. Ihr muskulöses Erscheinungsbild wurde zur Zielscheibe. Der Präsident der russischen Tennisföderation nannte Venus und Serena im Jahr 2014 etwa „die Williams-Brüder“. Ein Sportkommentator meinte 2001, dass Williams lieber für National Geographic als für den Playboy posieren solle.
„Unterbezahlt und unterbewertet“ sei sie oft gewesen, erinnert Serena Williams. Weil sie schwarz sei, weil sie eine Frau ist. Und es mussten Tragödien passieren, damit sich die Situation besserte. Auch dank der Bewegung „Black Lives Matter“, die entstand, als wiederholt schwarze US-Bürger von Polizisten getötet wurden. „Jetzt haben wir als Schwarze eine Stimme“, erklärte Williams.
Der Impuls-Mensch
Auf dem Platz agierte sie in mehr als 20 Jahren meist fair – mit ganz wenigen Ausnahmen. 2018 verdarb sie in New York mit ständigen Diskussionen und Disziplinlosigkeiten der Japanerin Naomi Osaka deren ersten Grand-Slam-Titel. Umpire Carlos Ramos verteilte Verwarnungen und Strafpunkte, die Tenniswelt war sich aber einig: Er hätte das Finale vorzeitig beenden müssen.
Die Mutter
Am 1. September 2017 wurde Tochter Olympia Ohanian geboren, Vater ist der Unternehmer Alexis Kerry Ohanian. Im Nachhinein für Williams das schönste Geschenk, mit dem sie aber anfangs Probleme hatte. Auf Instagram schrieb Williams 2018 gar von Depressionen. „Ich habe mich oft gefühlt, als sei ich keine gute Mutter“, erklärte Williams damals.
Der Film
Im 2021 erschienen Film „King Richard“ hat Serena nur eine Nebenrolle, da wird vor allem die Familie rund um den Aufstieg ihrer Schwester Venus beleuchtet. Aber der Streifen gibt einen Einblick in die harte Arbeit, die letztlich der Familie Millionen bescherte.
Der Abschied
Am Montag (19 Uhr Ortszeit, 1 Uhr MESZ/live Eurosport) könnte es schon die finale große Feier geben, wenn Serena Williams gegen Danka Kovinic aus Montenegro verliert. Natürlich in der Night Session, natürlich im Arthur Ashe Stadium, dem größten Tennis-Stadion der Welt. In der 24.000 Fans fassenden Arena hat der US-Star sechs Mal den Siegerpokal präsentiert. Williams, der mit Schwester Venus in New York auch noch einmal Doppel spielt, sieht ihren Abschied jedoch als „Evolution“, hin zu anderen Dingen, die wichtig sind. Gesprochen hat sie darüber nur „mit meinem Therapeuten“.
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