Wut nach IOC-Entscheidung: "Skandal", "Schande", "Verrat"

Kritiker: Kiews Bürgermeister Vitali und Wladimir Klitschko
Das Internationale Olympische Komitee empfiehlt, russische Athleten zuzulassen. Teile der Sportwelt reagieren empört.

„Diese Entscheidung verseucht den olympischen Geist und ist wie dieser Krieg: ein Unsinn! Thomas Bach bedient nur die Interessen von Russland.“ Zu diesem Beitrag auf Twitter postete Wladimir Klitschko ein Foto von sich mit seiner olympischen Goldmedaille von 1996 aus Atlanta um den Hals. Der heute 47-Jährige kennt die olympische Bewegung – und er kennt den Krieg in seiner Heimat, der Ukraine.

Der Bruder von Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew, ist einer der schärfsten Kritiker des IOC-Präsidenten. Im Interview mit der FAZ sagte er: „Her Bach sollte nach Butscha fahren. Es ist an der Zeit, dass er die Propaganda aus Moskau mit der Realität vor Ort vergleicht.“

Nicht nur der ehemalige Box-Weltmeister ist empört über die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees, russische und belarussische Sportler wieder zu Bewerben zuzulassen. Erbost reagierten große Teile der (Sport-)Welt.

Die Empfehlung sei ein „Verrat am wahren Geist des Sports“ schrieb auf Twitter Mateusz Morawiecki, der polnische Regierungschef, wo ab 21. Juni die Europaspiele ausgetragen werden. „Wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass der Sport frei von russischem Einfluss bleibt.“

Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk sprach von einem „Tag der absoluten Schande“ für das IOC. Die Entscheidung würde Wladimir Putin ein gewichtiges Argument für seine Propaganda geben.

Dass russische Sportler unter neutraler Flagge antreten müssen, ändert für viele Kritiker wenig. So sagte etwa die ukrainische Fecht-Olympiasiegerin Olga Charlan: „Ihre Flagge ist blutbefleckt, aber auch ohne sie werden sie nach Russland zurückkehren und für ihre Siege gefeiert werden, für ihre Stärke.“

Enttäuscht und empört war man allerdings auch in Russland. Naturgemäß nicht ob der möglichen Zulassung russischer Sportler. Vielmehr stieß man sich daran, dass Athleten weiterhin fix ausgeschlossen bleiben, sofern sie Russlands Krieg medial unterstützen oder der Armee nahestehen. Zudem werden russische Mannschaften weiterhin nicht in Bewerben starten dürfen.

„Die Sportler bereiten sich jahrelang auf Olympia vor. Das ist ihre Arbeit und ihr Leben. Ihnen dieses Recht zu nehmen, ist inhuman“, schrieb Russlands Sportminister Oleg Matyzin. Der neutrale Status sei „eine offensichtliche Diskriminierung nach nationaler Herkunft.“ Unbegründet, überflüssig und juristisch nicht haltbar seien zudem die zusätzlichen Dopingkontrollen für russische Sportler.

Vergessen wird dabei offensichtlich die noch immer nicht gänzlich aufgearbeitete Affäre um ein staatlich aufgezogenes Dopingsystem rund um russische Sportler während Olympia 2014 in Sotschi. Putin soll zumindest Mitwisser gewesen sein.

Keine Leichtathleten

Ungeachtet der Empfehlung des IOC obliegt es den Sportverbänden, ob sie Russen und Belarussen wieder zulassen. So legte sich etwa der Leichtathletik-Weltverband bereits fest, dass er der Empfehlung nicht folgen wird.

Doch andere Verbände werden einknicken, wie auch der deutsche Rodel-Olympiasieger Felix Loch befürchtet: „Das IOC will am Ende nicht den Schwarzen Peter haben. Wenn etwa der Rodelverband russische Sportler ausschließen sollte, wird Russland eben gegen den Rodelverband vorgehen und nicht gegen das IOC. Da will Herr Bach sich anscheinend keinen Schiefer einziehen bei Herrn Putin.“

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