Schranz 1972 von Winterspielen ausgeschlossen

Schranz 1972 von Winterspielen ausgeschlossen
92 Prozent der Österreicher werteten den Ausschluss von Karl Schranz von den Olympischen Spielen in Sapporo vom 1.

Februar 1972 als völlig ungerecht. Das Internationale Olympische Komitee hatte dem 33-jährigen Skistar tags zuvor wegen Verletzung der Zulassungsbestimmungen die Teilnahme verweigert und ihm damit die letzte Chance genommen, doch noch das so ersehnte Olympia-Gold zu holen.

Am Dienstag (31. Jänner) jährt sich diese Entscheidung zum 40. Mal. Schranz wurde damals bei seiner Rückkehr triumphal empfangen. Schranz spricht auch 40 Jahre nach seinem Ausschluss wegen eines Verstoßes gegen die Zulassungsbestimmungen von einer "unwahrscheinlichen Ungerechtigkeit". Das sei in dieser Zeit das Schlimmste gewesen, das man einem Sportler antun konnte, sagte die Ski-Legende vom Arlberg, die um die letzte Chance auf Olympia-Gold gebracht worden war, im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.

Dem IOC-Präsidenten Avery Brundage waren die Skirennläufer schon länger ein Dorn im Auge gewesen. Der US-Amerikaner, ein vehementer Verteidiger des schon damals überholten Amateur-Status, sah durch die Alpinen die Regel 26 verletzt. Deshalb drohte sogar dem gesamten Skisport das Olympia-Aus. Die Bestimmungen waren streng: Die Trainingsdauer war auf maximal 60 Tage pro Jahr beschränkt, kein Sportler durfte - direkt oder indirekt - seinen Namen, sein Foto oder seine sportlichen Erfolge zu individuellen Werbezwecken nutzen.

Karl Schranz stand als einer der Top-Läufer der damaligen Zeit im Mittelpunkt der Anschuldigungen. Schon Monate vor den Winterspielen gab es Gerüchte einer drohenden Aussperrung des Arlbergers. Die Zulassungskommission des IOC sammelte "Beweise", meist in Form von Zeitungsartikeln und machte wenige Tage vor den Spielen in Sapporo Ernst.

Die Aussagen der offiziell befragten österreichischen Funktionäre ließ man nicht gelten, es half nichts, dass das Zustandekommen eines in einer Zeitschrift veröffentlichten Fotos erklärt wurde, das Schranz bei einem Hobby-Match im Fußball-Dress mit der Aufschrift "Aroma-Kaffee" zeigte. Das Gremium empfahl - nicht nur wegen dieses Fotos allein - den Ausschluss des zweifachen Weltcupsiegers und die IOC-Vollversammlung stimmte mit 28:14 dafür.

Schranz erfuhr die Entscheidung unmittelbar nach einem Trainingslauf von einem österreichischen Journalisten. Das IOC-Mitglied Rudolf Nemetschke versuchte noch einen Einspruch, doch vergeblich. Schranz blieb eine "unerwünschte Person" und musste das olympische Dorf verlassen. "Man hätte alle ausschließen müssen, aber sie haben gesagt, wir nehmen den Populärsten", meinte Schranz dieser Tage zur APA. Der 73-jährige Hotelier aus St. Anton bezeichnete seinen "ungerechtfertigten" Ausschluss als "das Schlimmste, das man einem Sportler in dieser Zeit antun konnte".

Als Märtyrer sehe er sich aber keineswegs, betonte Schranz. Sein Fall sei aber der Anlass gewesen, dass Sportler später offiziell Geld verdienen durften. Zu seiner Zeit sei das noch anders gewesen. "Wir haben besser verdient als ein Maurer, aber keine Unsummen. Wenn Beträge genannt wurden, haben sich die Zeitungen gegenseitig nach oben lizitiert. Aber das hat nie der Realität entsprochen", sagt Schranz heute.

Eine Zeitung hatte 1971 etwa mit "Millionenvertrag für Schranz mit Kneissl" getitelt. Der dreifache Weltmeister und Olympia-Zweite von Innsbruck 1964 war das sportliche Aushängeschild der Tiroler Skifirma, bei der er als kaufmännischer Lehrling begonnen hatte und später als technischer Berater der Versuchsabteilung fungierte.

Nach seinem Ausschluss blieb Schranz noch einige Tage in Sapporo, nach seiner Rückkehr wurde ihm am 8. Februar 1972 in Wien ein triumphaler Empfang bereitet. Im Auto von Unterrichtsminister Fred Sinowatz aus dem offenen Schiebedach grüßend, fuhr der von Olympia ausgesperrte Favorit durch ein dichtes Menschenspalier ins Zentrum, auf dem Ballhausplatz jubelten ihm 10.000 Fans zu und forderten mit "Karli, Karli"-Sprechchören wiederholt sein Erscheinen auf dem Balkon des Bundeskanzleramtes, wo ihn Bruno Kreisky begrüßt hatte. Laut Polizei waren rund 100.000 Menschen auf den Beinen, um das Idol zu sehen. "Mit meinem Ausschluss hat man auch mein Land beleidigt", sagt Schranz, der nur eine Woche späte seine aktive Karriere beendet hat, auch heute noch.

Brundage hatte damals in Sapporo den Ausschluss gerechtfertigt. "Schranz war der Schlimmste, er hat sich keine Gelegenheit entgehen lassen, uns zu provozieren und der olympischen Idee großen Schaden zugefügt." Sein im September 1972 gewählter Nachfolger Lord Michael Killanin (IRL) kündigte zwar gegenüber Schranz eine Lockerung der Bestimmungen an, es dauerte aber bis 1990, ehe das IOC eine völlige Freizügigkeit in finanziellen Belangen beschloss. Bis dahin waren direkte Zahlungen an Athleten offiziell untersagt.

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