Sabrina Filzmoser kehrt vor K2 um: "Steinschlag wie ein Wasserfall“

Drei Jahre nach dem Mount Everest wollte die frühere zweifache Judo-Europameisterin Sabrina Filzmoser, 45, auch den (mit 8.611 Metern) zweithöchsten und schwierigsten Berg der Welt bezwingen.
Der K2 war dagegen. „Aber alle meine Finger und Zehen sind noch dran“, lässt die verwegene Oberösterreicherin ausrichten. In derselben Region war die deutsche Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier, 29, am 28. Juli beim Abstieg vom 6.069 Meter hohen Leila Peak durch Felsbrocken tödlich getroffen worden. Davon hat Filzmoser in 5.000 Metern Höhe erfahren.
Eine dreimonatige Vorbereitung auf den K2 blieb unbelohnt. Vor zwei Jahren hatten Sie das Projekt K2 vom Basecamp aus abgebrochen, als weiter oben ein einheimischer Gepäckträger auch wegen fehlender Hilfeleistung gestorben war. Was bewog diesmal zur Umkehr?
Sabrina Filzmoser: Der Steinschlag kam wie ein Wasserfall. Verursacht vor allem durch die hier seit Wochen herrschende extreme Trockenheit.
Hat auch der tragische Bergtod von Laura Dahlmeier, die beim Abstieg vom 6.069 Meter hohen Leila Peak vom herabstürzenden Fels erschlagen wurde, Sie und Ihr Team zum Verzicht auf den K2 bewogen?
Ja, auch. Das schockierende Unglück ist nur 15 Kilometer Luftlinie von uns entfernt passiert. Das alles bekommt man im Basecamp schon irgendwie mit.
Wird es einen dritten K2-Versuch noch geben? Das weiß ich noch nicht. Ich muss erst Abstand gewinnen von dem, was passiert ist. Ich hatte mich im Basecamp in unfassbar guter körperlicher Verfassung gefühlt.

Wie ist das möglich, wenn man sich drei Wochen lang zum Akklimatisieren in 5.000 Meter Höhe aufhält?
Weil sich, bedingt durch die Höhenlage, extrem viele rote Blutkörperchen bilden. Dazu ist notwendig, fünfmal am Tag zu essen. Und das habe ich natürlich getan.
Womit Sie sich auch als Lager-Köchin bewährten?
Das war nicht notwendig. Im Basecamp übernehmen lokale Küchenteams diese Aufgabe. Die beherrschen das großartig.
Es fällt auf, wie euphorisch Sie immer von den Einheimischen schwärmen. Ist die Zusammenarbeit mit diesen ein Mitgrund, weshalb sie via Whatsapp trotz des abgeblasenen Gipfelsturms von einer erfolgreichen Mission schrieben?
Ja. Und weil ich g’sund vom Berg herunten bin. Und seither gilt meine Konzentration wieder Judo für Peace.
Für dieses Projekt sind Sie schon im Juni in pakistanischen Medien als Entwicklungshelferin, als eine mit Judosport verbundene Friedensbotschafterin groß gewürdigt worden. Auch für Österreich wurde Reklame gemacht.
Ich trainiere täglich mit Kindern, die meist nichts haben, außer Begeisterung für den Sport. So unterschiedlich die Kulturen und religiösen Vorschriften in dem 260 Millionen Einwohner zählenden Riesenland Pakistan auch sind – trotz ihrer Armut ist die Bevölkerung in den diversen Provinzen unvorstellbar gastfreundlich. Ich wurde überall außergewöhnlich herzlich empfangen.
Dazu muss man wissen, dass Ihre Anreise Richtung K2 auf rekordverdächtige Art mit vielen Zwischenstopps erfolgt war.
Zunächst bin ich 2.324 Kilometer mit dem Rennrad unterwegs gewesen, die letzten 130 Kilometer mit dem Mountainbike, ehe ein sechstägiger Anmarsch, auch über Gletscher, erfolgte.
Und jetzt kümmern Sie sich selbst nach diesen Strapazen noch in Islamabad um Ihre Judo-Kinder?
Ja. Auch gibt es ein anderes Wiedersehen, das mir riesige Freude macht. Ich durfte in Islamabad soeben meine Tiroler Bergfreunde Lukas und Vincent Wörle sowie Ales Cesen aus Slowenien in die Arme schließen. Ihnen ist am 7. August als erste Menschen überhaupt die Besteigung des 6.224 Meter hohen Cherireen Sar gelungen.
Morgen will Filzmoser von Karachi aus heimfliegen. Ihre Mission „Judo für Peace“ ist nicht beendet. Darüber hinaus ist die karenzierte Polizistin eine speziell für Rettungsflüge ausgebildete Hubschrauber-Pilotin sowie Umweltbotschafterin des Weltjudoverbandes und Vorsitzende der Athletenkommission.
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