Was Sabrina Filzmoser im Krisengebiet zwischen Indien und Pakistan macht

Sabrina Filzmoser startet mit ihrem Rad
Erst im April spitzte sich der Konflikt zwischen den Atommächten Pakistan und Indien gefährlich zu. Die Taliban veranstalteten tödlichen Terror, Indien schlug zurück. Mindestens 80 Menschen kamen ums Leben im von beiden Ländern beanspruchten Kaschmir.
Genau dort hat sich die zweifache österreichische Judo-Ex-Europameisterin Sabrina Filzmoser mit 16 großen Taschen freiwillig hinbegeben. Und dort, mitten in dieser politisch wie wetterbedingt extrem heißen Grenzregion, gelang telefonischer Kontakt mit der Grenzgängerin. Der Gipfel des 8.611 Meter hohen K2 ist ihr Ziel.
„Einseitige Bilder“
„Die Menschen hier beschäftigt der Krieg weniger. Ihr wahres Problem ist, wie man täglich bei 45 bis 50 Grad zu genügend Wasser kommt“, richtet Filzmoser aus. „In Europa werden nur sehr einseitige Bilder in den Medien gezeigt.“
In der Vorwoche unterbrach Filzmoser ihr Asien-Abenteuer, weil ihre Anwesenheit bei der Judo-WM in Budapest gefragt war. Denn die Oberösterreicherin ist Umwelt-Botschafterin des Judo-Weltverbandes, setzt sich als Vorsitzende der Athletenkommission für verbesserte Bedingungen ein.
Ungleich bescheidener sind die Ansprüche in Pakistan, wo oft ohne Matte auf kalten Steinböden trainiert oder geturnt wird. Und wo Filzmoser viel von den mitgebrachten 390 Kilo Sportausrüstung zur Förderung des von ihr gegründeten Everest-Judo-Projekts zurücklassen wird.

Die Worte und Werte „Geduld, Verzicht, Respekt, Hingabe, Demut, Aufopferung und Bescheidenheit“ bekamen von ihr sowohl Medienvertreter in Islamabad als auch viele Jugendliche in der Region, in der Karakorum, Hindukusch und Himalaja aneinanderstoßen, wiederholt zu hören.
„Englisch gelehrt wird hier fast in jeder Schule.“ Das mache die Verständigung für alle leichter. „Denn in jedem Bergdorf wird eine andere Sprache gesprochen“, sagt sie.
Englisch ist für Filzmoser auch zur Berufssprache geworden, hat sie doch auf Hawaii eine über einjährige US-Spezialausbildung als Hubschrauber-Pilotin absolviert und mittlerweile vielen Touristen die pazifische Inselwelt von oben gezeigt.
Höhenluft
Mit Höhenluft der anderen, extremeren Art wird Filzmoser in den nächsten Sommerwochen konfrontiert werden.
Vor drei Jahren gelang ihr die Besteigung des Mount Everest. Vor zwei Jahren am K2 blieb sie im letzten Lager, als es zu einem verantwortungslosen „Massenansturm“ mit Todesfolge für einen unzureichend ausgerüsteten Pakistani kam. Der hatte geholfen, die Route abzusichern. Überehrgeizige sollen über den Sterbenden sogar drübergestiegen sein. Nur, um die hohe fünfstellige Dollar-Gebühr, die für eine Beteiligung am Unternehmen K2 Voraussetzung war, nicht verfallen zu lassen.
Nach diesem heftig kritisierten Touristenharakiri wurden offensichtlich Konsequenzen gezogen. Heuer jedenfalls ist es – auch der brisanten politischen Lage geschuldet – ungleich schwerer, von den Behörden eine „Permit“ für einen Gipfelsturm zu bekommen. Filzmoser wird so eine Erlaubnis erhalten, auch weil sie sich als „Friedensbotschafterin“ regionaler Wertschätzung erfreut.
Konditionell ist die vierfache, soeben 45 Jahre alt gewordene, Olympiateilnehmerin ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Während ihres Hawaii-Aufenthaltes hatte sie jede flugfreie Minute zum Laufen und Radfahren genutzt. Letzteres kann im Dreiländereck China/Indien/Pakistan, wo sie unzählige Kilometer strampelnd zurücklegte, ungleich problematischer sein.

Der Gipfel des K2
„Nebenbei“ auf den K2
Oft wird sie gastfreundlich empfangen. Manchmal aber durfte Filzmoser trotz großer Hitze nur mit langer Hose und langen Ärmeln in die Bike-Pedale treten, weil in jeder Provinz ein anderer ethnischer Clan herrscht. Und weil Frauen hier oft wenig Rechte haben. „Da werden zwölfjährige Mädchen zwangsverheiratet, bevor sie dann zwölf Kinder haben.“
Umso mehr gelten Filzmosers Sympathien den genügsamen friedlichen Menschen. So wie sie von diesen umgekehrt bewundert wird. Auch weil sie im zweiten Anlauf den zweithöchsten Berg der Welt, den K2, bezwingen will, der als schwieriger gilt als der um 237 Meter höhere Mount Everest. Manch Himalaja-Profis nennen den K2 sogar den heikelsten aller 14 Achttausender.
5 Wochen in 5.000 Metern
Noch hat Filzmoser von Skardu aus drei Etappen mit dem Mountainbike bis Askole-Jhula-Paiju (170 km) vor sich. Danach folgen fünf Tage Trekking über 60 Kilometer über den Baltoro-Gletscher bis zum Broad Peak und zum K2-Basiscamp in 5.000 Meter, wo eine fünfwöchige Akklimatisierungszeit erforderlich ist. Und wo vielleicht noch einmal eine telefonische Kontaktaufnahme mit der Heimat möglich ist, ehe das finale Unternehmen K2 Anfang August gestartet wird. Wetterglück vorausgesetzt.
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