Phänomen Thiem: Schlag für Schlag nach oben

Eine Bank im österreichischen Tennis: Dominic Thiem
Österreichs Topmann präsentiert seine Pläne, seine Wünsche und einen neuen Sponsor

Kaiserwetter am Kaiserwasser. Mittendrin unter rund 80 Medienvertretern präsentierte sich Österreichs Tennis-Fürst Dominic Thiem. Und es werden tatsächlich immer mehr Hände, die geschüttelt werden müssen. Der Gratulantenschar ist gegenwärtig kaum mehr zu entkommen.

In Wien 22 präsentierte der Niederösterreicher am Dienstag sich selbst, zuvor aber seine brandneue Rolle als Markenbotschafter der UniCredit Bank Austria. Freilich ist dies keine familiäre Verpflichtung, aber „mein Großvater hat schon für diese Bank gearbeitet“. Demnächst lacht der 23-Jährige auch aus einem Werbespot.

Historisch

Werbung in eigener Sache macht Thiem ohnehin regelmäßig auf den großen Tenniscourts dieser Welt. Zuletzt mit seinem Finaleinzug in Barcelona. Verbunden mit dem Semifinalsieg über den Weltranglisten-Ersten Andy Murray. Als erst dritter Österreicher überhaupt (Thomas Muster schlug 1998 Pete Sampras, Jürgen Melzer 2010 Rafael Nadal) hat er eine regierende Nummer eins bezwungen, ehe im Endspiel Rafael Nadal wie in besten Sandplatz-Tagen spielte.

Das Resümee fällt dennoch positiv aus. „Wenn man ein Finale verliert, ist das immer bitter, aber ich habe gesehen, dass meine Schläge auch Nadal weh tun können.“ Und noch etwas Positives durfte er aus Barcelona mitnehmen: „Ich habe innerhalb von zwei Tagen gegen zwei absolute Weltklassespieler gespielt. Das kann man nicht trainieren, solche Matches bringen mich weiter, weil solche Gegner bis zum letzten Punkt mit der immer gleichen Intensität spielen.“

Gegen Nadal habe es nicht an den Schlägen, sondern vielmehr an der Konstanz gelegen. „Er hat zwei Sätze absolutes Weltklasse-Sandplatz-Tennis geboten.“

Entwicklungen

Für Thiem-Kenner sind die Erfolge längst keine Überraschung mehr. Sein Talent war schon vor etlichen Jahren unübersehbar. Sein einziges Problem war der Körperwuchs, der Thiem etwas in seiner Entwicklung bremste. „Als er 16, 17 war, attestierten ihm viele den Körper eines 13-Jährigen“, erinnert sich Erfolgstrainer Günter Bresnik. „Und trotzdem war er der Beste in seinem Alter.“ Als der Körper mitspielte, wurde er noch besser. Besonders aufbauend: Die Trainingspartner wurden es auch. Roger Federer lud den Burschen Thiem sogar in die Schweiz zum Sparring ein.

Bresnik muss Thiem heute nicht mehr formen. „Es ist unglaublich, wie geduldig Dominic ist. Das kann man bei einem 21- bis 25-Jährigen von außen kaum mehr beeinflussen. Das ist seine großartige Entwicklung als Mensch.“

Diese Entwicklung steht im Gleichklang zur spielerischen Entwicklung. In der Vorbereitungszeit wurde auch heuer wieder auf Teneriffa viel probiert, viel verbessert. Seine Schläge kommen noch schneller, stärker. „Keiner schlägt so hart wie Thiem“, sagte etwa der Franzose Gilles Simon, nachdem er gegen Österreichs Nummer eins chancenlos war.

Verbesserungen

Dass sich Thiem ständig verbessert, liegt freilich auch am Umfeld. Bresnik ist das Mastermind im Thiem-Team, in Barcelona waren Ex-Top-Ten-Spieler Joakim Nyström und der deutsche Physio Alex Stober (trainierte Größen wie Sampras) an seiner Seite. Und daheim hat Thiem mit den Eltern Karin und Wolfgang zwei erfahrene Tennislehrer.

Das ständige An-sich-Arbeiten hat Thiem weit gebracht. „Ich kann mich bei allen Schlägen noch verbessern“, sagt Thiem regelmäßig. Er tut es. Was aktuell auf der To-do-Liste steht? „Ich will mehr nachgehen, weil ich da selbst gegen die besten Spieler gute Chancen habe, den Punkt zu verkürzen.“ Zudem möchte er auch an seinem Return feilen.

Besonders beachtlich: Thiem ist seit 6. Juni des vergangenen Jahres ständiger Gast in den Top Ten (derzeit die Nummer neun). Und das mit jungen 23. Die Türen für die Zukunft stehen damit offen? „Nein, man muss jedes Match erst gewinnen. Auch wenn die Topstars älter sind, aber es gibt viele Gleichaltrige und Jüngere, die gefährlich sind.“

Höhepunkt

Und deshalb wird auch in den Zeiten, in denen er in Österreich ist (nur am Montag wurde der Geburtstag seiner Mutter Karin gefeiert), ständig trainiert, derzeit in der Südstadt mit Jürgen Melzer. Ehe es Freitag oder Samstag nach Madrid geht, danach führen die Wege nach Rom, ehe Ende Mai bei den French Open der Höhepunkt der Saison auf seinem Lieblingsbelag Sand ansteht. Vielleicht kann sich Thiem heuer schon einen Traum erfüllen, „einen Grand-Slam-Titel. Aber das ist nicht mein kurzfristiges Ziel. Für mich wäre es absolut toll, wieder das ATP-Saisonfinale in London zu erreichen.“

Dominic Thiem hat gelernt, geduldig zu sein. Auch wenn sein Aufstieg in die Weltspitze noch so rasant ist.

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