Paralympics: Hier kommt Alex

Vor 11 Jahren verlor Rennfahrer Alex Zanardi beide Beine, nun macht er in London mit dem Handbike Jagd auf Medaillen.

Darf man eigentlich über Behindertenwitze lachen?

Für Alex Zanardi stellt sich diese Frage erst gar nicht. In seinen Augen dürfe man nicht nur, nein, man solle sogar über die Behindertenwitze lachen, die der Italiener zum Besten gibt. Alex Zanardi, laut Eigendefinition ein "verrückter Italiener", sagt zum Beispiel Dinge wie:

"Beim Barfußlaufen kann ich mich nicht erkälten."

Oder: "Wenn ich mir jetzt noch einmal die Beine breche, dann brauche ich nur noch einen Inbusschlüssel."

Und zum Thema Übergewicht: "Wenn ich zu schwer werde, habe ich ja ein paar Teile an mir, die ich einfach abschnallen kann."

Spaßvogel

Alex Zanardi hat 2001 bei einem Unfall seine Beine verloren, aber nicht seinen Humor und seine unerschütterliche Lebensfreude. Seine Scherzchen auf eigene Kosten mögen für manche befremdlich, gefühlskalt oder gar makaber wirken, für den früheren Formel-1-Piloten sind sie neben dem Sport und der Familie der Weg, sein Schicksal zu meistern.

Zanardis Leidenschaft für Motoren, Wettkämpfe und sportliche Extremleistungen konnte auch der Horror-crash vor elf Jahren auf dem deutschen Lausitzring nichts anhaben. Sieben Mal hatte der Italiener wiederbelebt werden müssen, nachdem sein Bolide von einem anderen Rennauto mit 320 km/h gerammt und in zwei Teile gerissen worden war. Fünf Liter Blut hatte er damals verloren, 15 Notoperationen musste er über sich ergehen lassen.

Gasgeber

Paralympics: Hier kommt Alex

Keine zwei Jahre später kehrte er an den Unglücksort zurück, um sich wieder ins Rennauto zu setzen und das Rennen zu Ende zu fahren, das er damals unterbrechen hatte müssen. "Ich fahre die 13 Runden, die mir noch fehlen."

Nun stellt sich Alex Zanardi der nächsten sportlichen Herausforderung: Bei den Paralympics in London startet der Italiener in drei Disziplinen. Mit dem Handbike, einem Gefährt, das er nur mit der Muskelkraft seiner Arme und Hände betreibt. "Nicht so schnell wie Formel 1, dafür fehlen mir doch etwas die PS. Aber im Einzelzeitfahren schaffe ich einen Schnitt von 44,5 km/h."

Dass der 45-jährige Ex-Rennfahrer ("ich bin der Schumi der Paralympics") auch mit dem Handbike Vollgas gibt, bewies er bereits mit dem Sieg beim prestigeträchtigen New York Marathon. Passenderweise finden nun die paralympischen Radbewerbe in Brands Hatch statt, auf einem früheren Formel-1-Kurs. Ein Heimspiel für Zanardi? "Ich fahre nach London, um eine Medaille zu holen."

Sympathien und Respekt hat Alex Zanardi durch seine beeindruckende Lebensgeschichte ohnehin bereits gewonnen. "Ich habe jetzt mehr Fans als in meinen besten Zeiten als Rennfahrer."

Sprach’s, um prompt noch einen Scherz zu machen. Auf eigene Kosten, versteht sich. "Eigentlich", lächelt Zanardi, "eigentlich müsste ich ja einen deutschen Pass haben. So viel deutsches Blut fließt in meinen Adern."

Alex Zanardi: Das Stehaufmännchen

Die Karriere Alessandro "Alex" Zanardi (*23.10.1966 in Bologna) startete für Jordan, Minardi, Lotus und Williams bei 41 Formel-1-Grands-Prix, kam aber nur ein Mal in die Punkteränge. In der US- Champcar-Serie holte er 1997 und 1998 den Titel.

Der Unfall Bei einem Rennen zur Champcar-Serie 2001 auf dem Lausitzring kam Zanardi mit seinem Wagen nach einem Boxenstopp auf die Wiese und schleuderte auf die Strecke. Der Kanadier Tagliani konnte nicht mehr ausweichen und rammte Zanardis Boliden. Das Rennauto wurde in zwei Teile gerissen, Zanardi verlor beide Beine oberhalb der Knie.

Das Comeback Nach seinem Unfall startete Zanardi in einem speziell umgebauten Boliden in der Tourenwagen-WM und feierte dabei drei Tagessiege. In den vergangenen Jahren konzentrierte sich der 45-Jährige auf seine Karriere als Handbike-Fahrer.

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