"Oooonehundredandeeeeighty!": Eintauchen ins Spektakel der Londoner Darts-WM

"Oooonehundredandeeeeighty!": Eintauchen ins Spektakel der Londoner Darts-WM
Während sich das übrige London noch von den Neujahrsfeierlichkeiten erholt, wird im Norden der englischen Hauptstadt gegrölt, getanzt, gefeiert – und zwischendurch werden die Spieler angefeuert

Zumindest dieses Ziel kann nicht verfehlt werden. Auf der Suche nach dem Bus zum Austragungsort bleibt in der Nordlondoner Finchley Road kein Zweifel an der richtigen Haltestelle, als der Blick auf die Gruppe Schlümpfe (mit märchenhaft inakkuratem Schneewittchen) fällt.

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Während sie hier noch überraschte Blicke von Passanten auf sich ziehen, fallen sie beim Aussteigen kaum noch auf. Eine männerlastige Schlange mit grünen Haaren, Zielscheiben-Gesichtern, Sombrero-Hüten und weißen Hühnerbeinen bahnt sich den Weg zum Eingang des Alexandra Palace, in dem noch bis heute, Mittwoch, die alljährliche Darts-Weltmeisterschaft stattfindet. Doch die Profispieler, die in dem zweieinhalbwöchigen Spektakel, um den Meistertitel kämpfen sind für viele nicht der einzige Grund für den Besuch im „Ally Pally“.

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Hitze in der Halle

„Die Atmosphäre ist magisch!“, ruft Amy Sharpulle aus Manchester ein paar Minuten vor Spielbeginn, als die große Halle vor Gelächter und Stimmengewirr vibriert und mit den langen Holztischen mehr an ein Oktoberfestzelt als an ein Sportevent erinnert. Feeling hot hot hot, schallt es wenig später durch die Lautsprecher, als sich Rob Cross mit seinem Auftrittslied unter Jubeln, Trommeln und Klatschen den Weg durch die Menge aufs Podium bahnt. „Was für eine Stimmung!“, ruft nun auch der 23-jährige Juan im Mario-Kart-Outfit.

Die Verkleidung bei dem Event ist zwar eigentlich optional, aber unter den gut 3.100 Zuschauern finden sich kaum Gäste ohne zumindest einem kreativen Accessoire.

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Dafür ist für viele gar nicht so wichtig, wer gerade spielt. Egal für welchen Spieler das trommelnde „Ooooonnnehundredandeeeeighty!“ (die höchste Punktezahl pro Wurf) von Schiedsrichter Russ Bray durch die Lautsprecher knallt, springen die Besucher mit ihren 180-Schildern auf, hüpfen, jubeln, und verschütten mit fortschreitendem Abend immer mehr Bier.

„Mir ist eigentlich nicht wichtig, wer gewinnt. Hauptsache, das Spiel ist spannend!“, erklärt Johannes Müller, der mit seinen Freunden ein auffallendes Outfit wählen wollte und sich für einen blau-weißen Anzug im Muster der bayrischen Flagge entschieden hat. Doch damit stechen sie in der englischen Halle zwischen zahlreichen Lederhosen und Trachtenhüten kaum hervor. Das hat einen Grund.

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Deutsches Zielpublikum

„Ein Viertel der Tickets werden in Deutschland verkauft“, sagt Kommunikationschef Dave Allen. Man arbeite seit 15 Jahren mit dem deutschen Markt. In den jüngsten Jahren gab es aber einen starken Interessensanstieg. Und der ist durch den Semifinal-Einzug des Deutschen Gabriel Clemens vergangenes Jahr noch einmal gehoben worden. Fast vier Millionen Deutsche verfolgten das Spiel über Sport1. Der Sender überträgt die Meisterschaft auch heuer zusätzlich zum britischen Sky.

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Die Ticketverteilung erklärt dann auch, warum mit zunehmender Spieldauer die Sprechchöre des Publikums immer seltener auffordern, „Stand up, when you love the darts“ – auch weil die Securitys mit böser Miene sicherstellen, dass die verpflichtende Sitzposition während des Matches eingehalten wird. Stattdessen wandert immer öfter das von deutschen Fußballspielen vertraute „Allee, Allee ...“ durch die Reihen.

In den kurzen Pausen zwischen den Sets, pilgern dann stets große Männergruppen auf die Toilette. Die deutsche Maria Pflanz und ihre Freundinnen im Barbie-Kostüm probieren sich unterdessen an der Dartscheibe in der Food Hall. Der Vorteil des großen Männeranteils bei der WM: „Hier müssen wir am Klo nicht anstehen.“

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