Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

Österreichs Ass fädelt im zweiten Durchgang ein. Neureuther siegt zum zweiten Mal in Kitzbühel.

Schnee! Für die Slalomläufer nahm Frau Holle zum ungünstigsten, für die Tourismuswerbung hingegen gerade noch richtigen Zeitpunkt ihre Arbeit auf. Als auch das ZDF live aus Kitzbühel übertrug und mit Felix Neureuther ein Deutscher im Flutlicht glänzte.

Hirscher, der traurige Halbzeit-Held
epa04039943 Germany's Felix Neureuther (L) talks to Austria's Marcel Hirscher (R) in the finish area after winning the men's Slalom race of the FIS Alpine Skiing World Cup in Kitzbuehel, Austria, 24 January 2014. EPA/HANS KLAUS TECHT

An seinem zweiten Kitzbüheler-Sieg (nach 2010) empfand der bayrische Sympathikus nur ein kleinen, wie er sagt, fahlen Beigeschmack. „Dass der Marcel net ins Ziel gekommen ist.“

Punkt 12 Uhr mittags hatte Hirscher seine Startnummer 1 noch zu Halbzeit-Rang 1 genützt. Einzig Neureuther vermochte den Zeitrückstand gegenüber dem Salzburger Torlaufgenie in halbwegs erträglichen Grenzen zu halten. Der spätere Sieger sprach nach dem ersten Lauf noch vom schwersten Slalom überhaupt, zumal neben Sicht und Piste auch die (von Trainvervater Ante Kostelic vorgenommene) Kurssetzung nicht Neureuthers Idealvorstellungen entsprach.

Nach dem zweiten Lauf sollte es dann Hirscher sein, der seinen Grant nicht verbergen konnte. „Warum muss mir der Einfädler gerade in Kitzbühel passieren“, fluchte der Sieggewohnte. Nachsatz: „Mein Selbstvertrauen ist angeknackst.“

An Stelle des Slalom-Weltmeisters lächelten zur Überraschung der 22.000 Ski-Fans neben dem glücklichen Felix der 19-jährige Norweger Henrik Kristoffseren und der 17 Jahre ältere Patrick Thaler vom Podium. Worauf der Trainer des Südtiroler Slalom-Oldies ein Wettversprechen einlöste und via ORF seiner Freundin einen Heiratsantrag machte.

Im österreichischen Lager gab es weniger Grund zu feiern. Ausgenommen Manuel Feller, 21. Der Junior des ÖSV-Slalom-Teams carvte (mit Startnummer 31) erstmals unter die Top Ten. Versicherte aber danach diplomatisch, dass Olympia für ihn noch kein Thema sei.

Promi-Desaster

Ähnlich wie der 19-jährige Luca Aerni (Halbzeit-Rang 3 mit Nummer 27) hatte Feller im ersten Lauf die zwischenzeitlich besseren Sichtverhältnisse zu einem Platz im Rampenlicht (11.) genutzt. Promis hingegen verbrachten den zweiten Lauf nur noch vor dem TV-Apparat. Darunter Mario Matt, dessen Stern vor 14 Jahren in Kitz aufgegangen war.

Im Gegensatz zum Ausscheiden der Olympia-Fixstarter Matt und Raich (Lauf zwei ) war das Scheitern eines italienischen Olympiasiegers (Giuliano Razzoli) und eines Tiroler Ex-Weltmeisters (Manfred Pranger wurde 38.) folgenschwer: Beide werden Olympia nur im TV miterleben. Selbst dann, wenn sie sich Dienstag in Schladming steigern. Die Nennfrist für Sotschi endet nämlich schon am Montag.

Slalom in Kitzbühel
1. Felix Neureuther (GER) 1:53,23 Min. 57,30 55,93
2. Henrik Kristoffersen (NOR) 1:53,80 +00,57 58,82 54,98
3. Patrick Thaler (ITA) 1:54,05 +00,82 58,49 55,56
4. Alexis Pinturault (FRA) 1:54,28 +01,05 58,28 56,00
5. Luca Aerni (SUI) 1:54,33 +01,10 58,18 56,15
6. Mattias Hargin (SWE) 1:54,45 +01,22 58,75 55,70
7. Daniel Yule (SUI) 1:54,61 +01,38 1:00,46 54,15
8. Manuel Feller (AUT) 1:54,66 +01,43 59,18 55,48
9. Andre Myhrer (SWE) 1:54,73 +01,50 1:00,18 54,55
10. Fritz Dopfer (GER) 1:54,78 +01,55 58,27 56,51
. Reinfried Herbst (AUT) 1:54,78 +01,55 59,28 55,50
12. Sebastian-Foss Solevaag (NOR) 1:55,17 +01,94 1:00,07 55,10
13. Anton Lahdenperä (SWE) 1:55,21 +01,98 1:00,37 54,84
14. Michael Janyk (CAN) 1:55,31 +02,08 59,82 55,49
15. Ted Ligety ( USA) 1:55,39 +02,16 59,67 55,72
16. Markus Vogel (SUI) 1:55,44 +02,21 1:00,40 55,04
17. Ivica Kostelic (CRO) 1:55,48 +02,25 58,61 56,87
18. Nolan Kasper (USA) 1:55,52 +02,29 1:00,26 55,26
19. Wolfgang Hörl (AUT) 1:55,76 +02,53 1:00,26 55,50
20. Jonathan Nordbotten (NOR) 1:55,77 +02,54 1:00,44 55,33
21. Ramon Zenhäusern (SUI) 1:55,90 +02,67 1:00,10 55,80
22. Cristian Deville (ITA) 1:56,75 +03,52 59,95 56,80
23. Marcel Hirscher (AUT) * 2:26,77 +33,54 56,92 1:29,85

U.a. ausgeschieden im 1. Durchgang Mario Matt (AUT), Marc Digruber (AUT), Giuliano Razzoli (ITA), Markus Larsson (SWE), Mitja Valencic (SLO), Axel Bäck (SWE), David Chodounsky (USA)

Ausgeschieden im 2. Durchgang Benjamin Raich (AUT), Stefano Gross (ITA), Alexander Choroschilow (RUS), Julien Lizeroux (FRA), Manfred Mölgg (ITA), Jean-Baptiste Grange (FRA) Disqualifiziert nach dem 2. Durchgang wegen Torfehlers: Santeri Paloniemi (FIN)

* Hirscher nach Einfädler zurückgestiegen und deshalb wegen zu großen Rückstands ohne Weltcup-Punkte

U.a. nicht für den zweiten Lauf der Top 30 qualifiziert Manfred Pranger (AUT/38.)

Gesamtweltcup

Slalom-Weltcup

Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

SLALOM DER HERREN IN KITZBÜHEL: SIEGEREHRUNG/NEURE
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

Hirscher of Austria skis to win the second run of
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

AUSTRIA ALPINE SKIING WORLD CUP
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

AUSTRIA ALPINE SKIING WORLD CUP
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

Germany's Neureuther reacts after winning the Alpi
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

AUSTRIA ALPINE SKIING WORLD CUP
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

Grange of France celebrates after a World Cup slal
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

SLALOM DER HERREN IN KITZBUEHEL / VIDAL (FRA)
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

AUSTRIA ALPINE SKIING
Hirscher, der traurige Halbzeit-Held

PALANDER OF FINLAND CLEARS A GATE IN KITZBUEHEL

Marcel Hirscher war stocksauer. Mit dem Heimtriumph in Kitzbühel vor Augen fädelte Österreichs Ski-Superstar ein. "Einfädeln ist nie schön. Aber dass es ausgerechnet hier und heute passiert, ist extrem bitter", sagte der Salzburger, für den 70.000 Euro Preisgeld, die Führung im Gesamtweltcup, der zweite Kitz-Slalom-Sieg in Folge und die große Party vor 22.000 Fans bereit gestanden waren.

So sehr hatte sich Hirscher eine Slalom-Siegerehrung auf dem Balkon des Kitz-Zielhauses gewünscht. Die wetterbedingte Programmänderung, der Slalom wurde von Sonntag auf Freitag vorverlegt, hätte diesen Traum nun wahr werden lassen. Und der 24-Jährige war im Tiroler Schneetreiben voll auf Kurs, nach dem ersten Durchgang führte Hirscher 0,38 Sekunden vor dem späteren Sieger Felix Neureuther aus Deutschland und schon 1,26 Sekunden vor dem drittplatzierten Schweizer Luca Aerni.

Doch Hirscher wollte nicht mit einem Sicherheitslauf aufs Stockerl, blieb seinem Motto "Vollgas" treu und griff so richtig an. "So habe ich Marcel in einem Rennen noch nie angreifen gesehen. Heute wollte er den Sieg so richtig", meinte auch Manuel Feller, der als Achter im Endeffekt bester Österreicher war. Diesmal bezahlte Hirscher dieses Risiko allerdings mit einem Einfädler.

"Mir geht es einfach irrsinnig auf den Keks, weil ich sauschnell war", sagte der zweifache Gesamt-Weltcup-Sieger. "In Levi wär's mir lieber gewesen", brachte Hirscher seinen Ärger über das Missgeschick in der Heimat auf den Punkt. Auf die Frage, wie oft ihm im Training Einfädler passieren, antwortete Hirscher: "So gut wie nie." Bremsen wird Hirscher aber auch in Zukunft nicht. "Ein Einfädler ist halt Teil des Spiels. Aber ich werde weiter Gas geben", versprach Hirscher.

"Einfädeln heißt das" - Marcel Hirscher

"Marcel, was war los?", lautete kurz nach dem Ausscheiden die am häufigsten gestellte Frage in Richtung Hirscher. Die knappe Antwort des richtig angefressenen Annabergers lautete: "Einfädeln heißt das, Einfädeln nennt man das." Bis Sonntag sollte Hirschers Ärger halbwegs verflogen sein, da will er in der Super-Kombi an den Start gehen.

Ob ihm in Zukunft der Slalom in Kitz am Sonntag oder die neue Version am Freitag unter Flutlicht lieber wäre, darauf wollte sich Hirscher nicht festlegen: "Ist beides geil, hat beides seinen Reiz."

Herren-Slalom in Kitzbühel - 1. Durchgang
1. Marcel Hirscher AUT 0:56,92
2. Felix Neureuther GER 0:57,39 0,47
3. Luca Aerni SUI 0:58,18 1,26
4. Fritz Dopfer GER 0:58,27 1,35
5. Alexis Pinturault FRA 0:58,28 1,36
6. Patrick Thaler ITA 0:58,49 1,57
7. Ivica Kostelic CRO 0:58,61 1,69
8. Mattias Hargin SWE 0:58,75 1,83
9. Henrik Kristoffersen NOR 0:58,82 1,90
10. Manfred Mölgg ITA 0:58,99 2,07
11. Manuel Feller AUT 0:59,18 2,26
12. Jean-Baptiste Grange FRA 0:59,26 2,34
13. Reinfried Herbst AUT 0:59,28 2,36
14. Benjamin Raich AUT 0:59,36 2,44
15. Stefano Gross ITA 0:59,64 2,72
16. Ted Ligety USA 0:59,67 2,75
17. Michael Janyk CAN 0:59,82 2,90
18. Santeri Paloniemi FIN 0:59,87 2,95
19. Cristian Deville ITA 0:59,95 3,03
20. Julien Lizeroux FRA 1:00,06 3,14
21. Sebastian-Foss Solevaag NOR 1:00,07 3,15
22. Alexander Khoroshilov RUS 1:00,08 3,16
23. Ramon Zenhäusern SUI 1:00,10 3,18
24. Andre Myhrer SWE 1:00,18 3,26
25. Wolfgang Hörl AUT 1:00,26 3,34
26. Nolan Kasper USA 1:00,26 3,34
27. Anton Lahdenperae SWE 1:00,37 3,45
28. Markus Vogel SUI 1:00,40 3,48
29. Jonathan Nordbotten NOR 1:00,44 3,52
30. Daniel Yule SUI 1:00,46 3,54

Nicht für den 2. Durchgang qualifiziert: u.a.

Manfred Pranger AUT 1:00,95 4,03

Ausgeschieden: Mario Matt (AUT), Markus Larsson (SWE), David Chodounsky (USA), Giuliano Razzoli (ITA), Axel Bäck (SWE), Mitja Valencic (SLO), Paul Stutz (CAN)

Kommentare