Wolff will "sauber analysieren"

Der Wiener wird mit Mercedes-Teamchef Ross Brawn "eine Doppelspitze" bilden.

Mit Gelassenheit, Realitätssinn und einer Prise Humor geht Toto Wolff seine schwierige Aufgabe als neuer Motorsportchef beim zuletzt nur noch hinterherfahrenden Mercedes-Team an. Er nehme zur Beruhigung "Baldriantropfen", meinte der Wiener in einer Telefonkonferenz am Dienstag mit einem Augenzwinkern. Bevor der ehemalige Rennfahrer personelle und strukturelle Veränderungen vornimmt, will er sich in Ruhe und grundlegend ein genaues Bild über die Lage verschaffen.

"Ich möchte verstehen, wie die Struktur funktioniert und dann entscheiden", sagte Wolff. Der Nachfolger von Norbert Haug möchte "sauber analysieren, warum es im letzten Jahr nicht so gelaufen ist". Erst in ein paar Wochen könne er Genaueres sagen. Wolff räumte ein, noch nie "in so großen Strukturen" gearbeitet zu haben. Das sei für ihn eine neue Erfahrung. Um den besten Einblick zu bekommen, will er am Formel-1-Sitz Brackley seine Hauptbasis beziehen. Er werde aber auch in Stuttgart sein.

Mit Teamchef Ross Brawn will Wolff in der Formel 1 "eine Doppelspitze" bilden. Der Brite sei für den technischen Bereich und die Leitung, er für den kaufmännischen Bereich zuständig. Der dreifache Weltmeister Niki Lauda komplettiert als Aufsichtsratschef des Formel-1-Teams das neue Führungstrio. "Ich kenne beide gut", sagte Wolff und wies darauf hin, dass er seinen Landsmann "Niki natürlich schon etwas länger kenne". Auch wenn nun zwei Österreicher und ein Brite das Sagen haben, versicherte er, dass bei Silberpfeil-Siegen die deutsche Hymne erklingt.

Fahrerduo Hamilton/Rosberg

Wann das in der Königsklasse wieder passiert, darauf ließ sich Wolff nicht festlegen. "Wir haben einen tollen Motor und eine super Fahrerpaarung", blieb er vage. In dieser Saison sitzen Lewis Hamilton und Nico Rosberg im Silberpfeil. Unter dem Mitte Dezember entlassenem Haug gelang dem Mercedes-Werksteam in drei Jahren nur im April 2012 in China durch Rosberg ein Sieg. Der nun endgültig zurückgetretene Rekord-Champion und einstige Seriensieger Michael Schumacher blieb bei seinem glücklosen Comeback ohne Erfolg.

Wolff ist aber nicht nur "der Gesamtverantwortliche", wie er seine Funktion beschrieb. Er steigt - Lauda übrigens ebenfalls - auch als Finanzier ein. Fragen, ob er bei MercedesGP die Mehrheit anstrebe, wies Wolff zurück: "Ich freue mich, Minderheitsgesellschafter zu sein. Das ist das Mercedes-Benz-Rennteam, das soll so bleiben." Schon seit 2006 ist der Österreicher am Mercedes-Team HWA im Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) beteiligt.

Ehefrau arbeitet für Williams

Probleme wegen möglicherweise divergierender finanzieller und sportlicher Interessen sieht Wolff nicht. Auch dass er seine Anteile am Konkurrenzteam Williams vorerst behalten will, stelle keine Schwierigkeit dar - höchstens in familiärer Hinsicht. Ehefrau Susie Wolff arbeitet für Williams als Entwicklungspilotin. "Das wird ziemlich schwer. Letzte Woche war sie beim Aero-Test und ich frage sie, wie ihr Tag war? Sie sagte: 'Ich denke, ich kann darüber nicht mit dir sprechen.' Wir müssen also zu Hause neue Wege der Kommunikation finden", berichtete Wolff.

80 Prozent seiner Arbeit will Wolff für die Formel 1 verwenden und auch zu allen Rennen anreisen. Bei der DTM werde er zu den größeren Ereignissen kommen. Hoffnungen auf einen Stammplatz im DTM machte Wolff auch Robert Kubica. Der ehemalige Formel-1-Pilot aus Polen werde in dieser Woche bei den Tests in Valencia einen Mercedes steuern. "Er verdient diese Chance", sagte Wolff.

Kubica hatte nach seinem schweren Rallye-Unfall in Italien im Februar 2011 nicht mehr in der Formel 1 starten können. Nun sucht der 28-Jährige nach seiner langen Reha-Pause neue Herausforderungen, ist aber durch die Nachwirkungen der Verletzungen an Armen und Beinen immer noch leicht eingeschränkt.

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