Werbewert "unbezahlbar": Wer vom Saisonstart in Spielberg profitiert

Werbewert "unbezahlbar": Wer vom Saisonstart in Spielberg profitiert
Die Welt blickt ins Murtal. Der verspätete Formel-1-Auftakt ist auch ohne Fans ein Erfolg – nicht nur für Red Bull.

Man kann sich nur ausmalen, welche Aktionen Red Bull vorgehabt hätte, um den verspäteten Saisonstart der Formel 1 an der hauseigenen Rennstrecke in Spielberg medial in Szene zu setzen. Arm an Ideen ist das Unternehmen prinzipiell nicht. Max Verstappen durfte einmal die Kitzbüheler Streif mit dem Rennwagen bezwingen, mit dicken Schneeketten, weil Winter. Jahre davor ließ der Rennstall seine Mechaniker in Star-Wars-Uniformen zum Reifenwechsel antreten. Auf all diese Spielereien muss die Renngemeinde an diesem Wochenende verzichten. Nur das große Ganze zählt: eine Formel-1-Saison mit Corona als Beifahrer.

Dennoch blickt die Welt, zumindest jene des Sports, gespannt und vorfreudig ins Murtal. Und sieht neben der obligatorischen Kuh- und Schafherde so manch andere fremde Gestalt. Maskierte Männer und Frauen, die penibel Abstand halten. Der Saisonstart der Motorsport-Königsklasse gilt auch als Versuchslabor für viele andere internationale Sportserien und Veranstaltungen.

Und wer hat’s ermöglicht? Dietrich Mateschitz. Der 76-jährige Red-Bull-Chef, selbst ein Kind der Obersteiermark und mittlerweile der reichste Mensch im Land, gab früh sein Okay, den Saisonstart auf seiner Strecke zu wagen.

Der Mut dürfte belohnt werden, sofern das engmaschige Sicherheitsnetz keine großen Lücken reißt. Wie immer ist der exakte Werbewert für den Konzern oder den österreichischen Tourismus schwer zu beziffern. „Unbezahlbar“, nannte es jedenfalls Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko im KURIER.

Die kurzfristigen Effekte dürften überschaubar ausfallen. „Etwa 40 Prozent der Ticketbestellungen kamen aus dem Ausland. Der Großteil davon fordert das Geld zurück“, sagt Christoph Ammann. Der Steirer wickelt mit seinem Unternehmen seit Jahren nicht nur den Ticketverkauf für die gesamte Formel 1 ab, er stellt bei vielen Rennen auch die Mehrheit des Sicherheitspersonals. „Die Situation ist doch angespannt. Niemand weiß, wie viele Grands Prix 2020 tatsächlich über die Bühne gehen können.“

Da Werbung und TV-Rechte zentral von der Formel 1 vermarktet werden, bleibt den Veranstalter nur der Ticketverkauf als Einnahmequelle. Immerhin verzichtet Rechteinhaber Liberty in der aktuellen Situation auf die üppigen Antrittsgagen, die die Streckenbetreiber für den Wanderzirkus hinblättern müssen. Im Fall von Red Bull sollen das gut zwanzig Millionen Euro pro Jahr sein.

Dass der Ring dem Getränkeunternehmen seit der Eröffnung 2011 prinzipiell Geld kostet, ist kein Geheimnis. Allein 240 Millionen war Mateschitz die Adaptierung des A1-Rings wert. Dabei war der Milliardär ursprünglich bereit, mehr als das Doppelte in den Umbau fließen zu lassen. Das Großprojekt, das unter „Spielberg alt“ firmiert, scheiterte an Umweltauflagen und Anrainerprotesten.

Die kritischen Stimmen aus der Bevölkerung sind sechs Jahre nach dem ersten Formel-1-Rennen sehr leise geworden. Wirte und Vermieter freut der stete Gästestrom, der das Treiben am und rund um den Ring auch abseits von Formel 1 und Motorrad-WM auslöst.

Neu für die Formel 1 ist, dass es aktuell mehr als nur einen Gewinner gibt. Trotz fehlenden Startgelds ist es für den Rechteinhaber ein guter Deal mit Red Bull. Neben der gewohnt professionellen Abwicklung des heiklen Saisonstarts wird ein Big Player mit einem Auftaktrennen belohnt. Im Gegenzug dürfte sich das österreichische Unternehmen mit seinen Teams (Red Bull Racing, Alpha Tauri) sowie mit seiner Strecke weit über das Jahr 2020 an die Königsklasse binden. Ein Deal, der dem konzerneigenen Fernsehsender ServusTV erstmals ab 2021 einen Teil der Übertragungsrechte sichert, gilt obendrein als beschlossene Sache.

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