Historisch: Verstappen ist Weltmeister, Mercedes protestiert erfolglos

Historisch: Verstappen ist Weltmeister, Mercedes protestiert erfolglos
In einem dramatischen Finale setzt sich der Red-Bull-Star gegen Widersacher Hamilton durch. Mercedes beeinsprucht das Ergebnis, zieht aber den Kürzeren.

Eines der spannendsten WM-Duelle der Formel 1 in den letzten Jahrzehnten endete am Sonntag mit einem doppelten Erfolg für Max Verstappen. Der Red-Bull-Pilot gewann nach einer nicht unumstrittenen Entscheidung der Rennleitung das Saison-Finale in Abu Dhabi und sicherte sich damit seinen ersten Weltmeistertitel. Es ist zudem der erste für einen Niederländer überhaupt. 

Das Nachsehen hatte Rekordweltmeister Lewis Hamilton, der in diesem Rennen lange wie der sichere Sieger aussah. Der Brite zeigte sich dennoch als fairer Verlierer, gratulierte Verstappen zum Triumph.

Historisch: Verstappen ist Weltmeister, Mercedes protestiert erfolglos

Mercedes-Einspruch

Rennausgang und WM-Entscheidung waren lange aber nur inoffiziell, denn Mercedes erhob fristgerecht innerhalb von 30 Minuten gleich mehrere formelle Einsprüche. Ein angeblich inkorrektes Überholmanöver von Verstappen wurde ebenso beanstandet wie auch insgesamt gegen den Rennausgang Einspruch eingelegt wurde. Man werde vorerst keine weiteren Äußerungen dazu machen, hieß es bei Mercedes. Auch nach der Anhörung gab es vorerst keine Kommentare.

Um 20 Uhr MEZ machte die FIA reinen Tisch. Das Ergebnis zählt, Verstappen ist auch offiziell Weltmeister. 

Das 22. und letzte Saisonrennen war aufgrund der Punktgleichheit der beiden Fahrer unter ganz besonderen Vorzeichen gestanden. Die erste ganz große Aufregung in diesem Jahrhundert-Rennen kam schon ganz am Beginn, denn Pole-Mann Verstappen verschlief überraschend den Start. Hamilton hingegen ging dank starker Reaktionszeit souverän in Führung, obwohl er die härteren Reifen am Auto hatte. Verstappen konterte allerdings schon in Kurve sechs mit einem grenzwertigen Kart-Manöver und drängte sich innen hinein, beide Autos berührten sich leicht.

"Unglaublich"

Hamilton blieb nur die Möglichkeit, mittels Notausgang auszuweichen, um eine Kollision zu vermeiden. Danach flogen zwar die Funksprüche hin und her, die Stewards fanden aber keinen Grund für eine Untersuchung und die dementsprechende Entscheidung von Rennleiter Michael Masi kam rasch. Hamilton ließ sich zwar etwas zurückfallen, aber nur bis der alte Vorsprung wieder hergestellt war. Ein Positionswechsel war nicht notwendig.

"Unglaublich" ärgerte sich Verstappen darüber am Funk. Der Niederländer wurde von der Box aber angewiesen, kühlen Kopf zu bewahren. Teamchef Christian Horner monierte, dass in solchen Situationen immer wieder anders entschieden werde. Die Formel-1-Teams hatten zur großen WM-Entscheidung sogar Star-Anwälte mitgebracht, um für solche kritische Situationen gewappnet zu sein.

Taktische Reifenspiele

Den nächsten Schlüsselmoment im Rennen, vor dem man den (später ausgeschiedenen) finnischen Kult-Piloten Kimi Räikkönen auf der Startaufstellung in die Formel-1-Pension verabschiedet hatte, brachten dann die Reifen. Hamilton machte vorne mit Rekordrunden weiter Druck, um Verstappens Reifenverschleiß zu provozieren.

Prompt meldete der hinter Hamilton und vor seinem Teamkollegen Sergio Perez zweitplatzierte Niederländer bei schon fünf Sekunden Rückstand Probleme an seinen superweichen Hinterreifen. In der 14. von 58 Runden kam Verstappen an die Box. Hamilton ging eine Runde später ebenfalls auf harte Pneus. Bei Perez wurde hingegen Plan B ausgerufen mit dem offensichtlichen Ziel, Hamilton aufzuhalten.

Abu Dhabi Grand Prix

Rundenlang blockierte der Mexikaner mit abgefahrenen Reifen am zweiten Red Bull dann tatsächlich den Mercedes von Hamilton. Der Brite verlor dabei über sechs Sekunden und als er endlich an "Bremsklotz" Perez vorbei gekommen war, hatte Verstappen aufgeschlossen. "Er ist eine Legende", lobte Verstappen seinen Teamkollegen. Bei Mercedes sah man das naturgemäß anders.

Reiner Zweikampf

Danach baute Hamilton seinen Vorsprung aber wieder sukzessive aus und war zur Renn-Halbzeit mit vier Sekunden Vorsprung auf Verstappen weiterhin virtuell Weltmeister. Aufgrund der Punktgleichheit zwischen den beiden Fahrern war klar, dass die Trophäe an den im Rennen voranliegenden Fahrer geht. Zu diesem Zeitpunkt war das Rennen längst zu einem reinen Zweikampf geworden, der drittplatzierte Valtteri Bottas hatte schon fast 30 Sekunden Rückstand.

Dann rollte aber in der 36. Runde Antonio Giovinazzis Alfa mit Getriebeschaden aus. Hamilton blieb trotz virtuellem Safety Car draußen, Verstappen riskierte hingegen alles und ging nochmals auf neue Reifen. Damit ging Hamilton zwar mit 17 Sekunden Vorsprung, aber abgefahrenen Reifen in die letzten 20 Runden. "Es war ein wenig riskant, mich draußen zu lassen", zeigte sich der Brite zunächst irritiert.

Es schien aber zunächst doch die richtige Entscheidung im alles entscheidenden Rennen gewesen zu sein. Zwar knabberte Verstappen zunächst erfolgreich am Rückstand und kam tatsächlich immer mehr an Hamilton heran. Zehn Runden vor Schluss lag der Engländer nur noch 12 Sekunden voran, dann ließen aber auch die Reifen von Verstappen nach.

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Chaos am Ende

Noch einmal kam aber im Finish Hochspannung auf, als fünf Runden vor Ende mit Nicolas Latifi weder ein Nachzügler verunfallte und das Safety Car auf die Strecke kam. Verstappen fuhr sofort nochmals an die Box und fasst superweiche Pneus aus, Hamilton blieb wieder draußen. Man baute bei den "Sternen" darauf, dass das Rennen nicht mehr frei gegeben werden würde.

Die überrundeten Fahrer durften sich laut Rennleitung zunächst nicht wie üblich zurückplatzieren, was letztlich die WM-Entscheidung zugunsten Hamiltons festzunageln schien. "Ich bin nicht überrascht", funkte Verstappen ironisch aus dem Auto.

Dann aber schmiss Masi seine Entscheidung um und gab eine Runde vor Schluss das Rennen doch wieder frei. "Das ist nicht in Ordnung!", ärgerte sich Mercedes-Teamchef Wolff. Verstappen hingegen packte die Jahrhundert-Chance beim Schopf, überholte mit einem harten Manöver Hamilton und wurde doch noch erstmals Weltmeister.

Historisch: Verstappen ist Weltmeister, Mercedes protestiert erfolglos

"Oh mein Gott", funkte der fassungslose Niederländer. "Es musste ein Wunder passieren, damit dieser Titel kommt. Davon habe seit meiner Kindheit geträumt." Bei Mercedes war man hingegen "sprachlos". "Ich gratuliere Max und dem Team. Sie haben einen super Job gemacht", meinte Hamilton: "Das war die schwierigste Saison aller Zeiten, wir haben niemals aufgegeben. Nächstes Jahr bin ich wieder da."

Weltmeister-Macher Helmut Marko durfte am Ende vom Podium die Österreichs Bundeshymne hören. "Nach dem Start war der Vorteil der weichen Reifen dahin. Gott sei Dank hat man am Ende das Reglement herangezogen", hielt der Steirer die Masi-Entscheidung natürlich für richtig. Die Erleichterung sei riesengroß. "Wir haben mehrere Jahre wie die Hunde gelitten. Aber wir haben immer an dieses Projekt geglaubt und dass wir die Mercedes-Dominanz brechen. Ende gut, alles gut. Heute kommt keiner früh ins Bett."

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