Hannes Arch: "Früher waren wir einfach nur wild"
Gdynia liegt nördlich von Danzig an der Ostsee und hat 250.000 Einwohner. Gestern pilgerte ein Großteil der Menschen zum Hafen, wo die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten ihre Runden drehten. Das Air Race war an diesem Wochenende in Polen zu Gast, und es hat von seiner Faszination nichts eingebüßt. Daran konnte auch die dreijährige Pause, die die Serie aus Sicherheits- und Kostengründen eingelegt hatte, nichts ändern.
150.000 Menschen säumten den Strand und werden eine kollektive Nackenstarre haben, weil sie stundenlang in den Himmel blickten und die Flugkünste der Besten der Besten bestaunten. Der Beste war gestern der Österreicher Hannes Arch, der mit 13 Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung auf Paul Bonhomme (Eng) aus Polen abreist.
"Der Spirit lebt genauso wie vor der Pause", weiß Arch nach der vierten Station des Jahres zu berichten. "Nicht nur unter uns Piloten, sondern auch unter den Fans." Der Event in Gdynia wurde zum Volksfest mit Ringelspielen, Würstel- und Bierbuden, Restaurants und Ständen mit Red-Bull-Devotionalien. Nicht einmal eine Flugminute vom Hafen entfernt stieg eine Strandparty, die an Ibiza erinnerte. "Diese Location hat schon etwas Besonderes", gestand Peter Besenyei. Der 58-jährige Ungar ist der Langstreckenflieger unter den Air-Race-Piloten, immerhin war er Gründungsmitglied der Serie.
Gelungener Neustart
Und die hat sich gewandelt. Weg vom absoluten Risikofliegen hin zum seriösen Sport, wo alles viel enger beisammen liegt. "Früher waren wir einfach nur wild. Richtige Draufgänger. Da ist es darum gegangen, wer mehr Risiko nimmt", sagt Arch, dem das Risiko auch den Gesamtsieg einbrachte. Am Ende wurde dieses Risiko aber zu hoch, Red Bull stoppte die Serie und ließ sie sicherer machen. So wurden die Pylonen der Gates, durch die man fliegen muss, fünf Meter höher, was einen gefährlichen Tiefflug verhindern soll, wie Renndirektor Steve Jones bestätigt. "Außerdem hat dadurch jeder Pilot etwas mehr Spielraum."
Weiters wurden die Motoren der Maschinen vereinheitlicht, was die Rennen spannender macht. Arch begrüßt diesen Schritt. "Die Zeitabstände sind viel geringer, es wird dadurch spannender. Früher machten wir große Fehler und hatten große Abstände. Heute machen wir kleine Fehler und haben kleine Abstände."
Zudem gibt es eine vorgeschriebene Maximal-Geschwindigkeit, mit der die Piloten in den Kurs brausen dürfen. Jones begründet: "Weil man in den anspruchsvollen Kursen viel eher die Kontrolle behält." Ebenso wurde die Fliehkraft von zwölf auf zehn g verringert. "Die Piloten sind nicht sinnlosen Belastungen ausgesetzt."
Dem Fluggefühl der Piloten tut das alles keinen Abbruch. Sie haben ihren Spaß, allen voran Oldboy Besenyei, auch wenn er mittlerweile etwas flügellahm wirkt. Immerhin, auf die Frage nach den schönsten Momenten in all den Jahren des Air Race machte er eine Punktlandung. "Meinen Sie Abende mit schönen Frauen?" Zwischenfrage: "Können Sie Namen nennen?" Besenyei: "Natürlich könnte ich. Aber hier geht es doch um die Fliegerei. Und die ist für uns ungebrochen toll." Auch für 150.000 Fans in Gdynia.
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