Viel Lärm um die Stille im Kopfhörer

Verbunden: Die Teamleitung (Toto Wolff) ist (noch) ständig in Kontakt mit den Fahrern.
Der Funkverkehr sorgt in der Formel 1 für Diskussionen. Aber nicht nur dort ...

Kleine Maßnahme, große Aufregung. Vor dem Rennen in Singapur (Sonntag 14 Uhr/live ORFeins, RTL, Sky) kündigte der Weltautomobilverband FIA an, den Funkverkehr zwischen Team und Fahrer zu beschränken. So wurde unter anderem verboten, ...

... Details zu Sektorzeiten eines Konkurrenten zu nennen,

... Informationen zu geben zum Treibstoffverbrauch, der Kupplungseinstellung, den Getriebeeinstellungen und der Bremsbalance,

... konkrete Fragen zu stellen.

Die Reaktionen der Fahrer kamen prompt. Tenor: Ja, es sei gut, den Fokus mehr auf das Rennfahren zu legen. Aber das Verbot komme für den Grand Prix von Singapur zu plötzlich. Sebastian Vettel befürchtete etwa mehr Rennausfälle; Felipe Massa kritisierte, dass "man die Sache nicht trainieren konnte"; Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff prophezeite neue "Kontroversen".

Genau auf diese Kritik ging die FIA am Freitagnach einer Sitzung mit Renndirektor Charlie Whiting ein, das Funkverbot wurde wieder gelockert und soll in der verschärften Form erst 2015 gelten. Hauptgrund für das Aufschieben der Neuerungen dürften aber die unterschiedlichen Voraussetzungen in den aktuellen Autos sein. So verfügen etwa die Lenkräder der beiden Red-Bull-Teams nur über ein kleines Display, auf dem nicht alle relevanten Daten angezeigt werden können.

Kompliziertes Reglement

Erlaubt sind in Singapur nun Hinweise, Änderungen am Auto vorzunehmen, verboten bleiben Fahrtipps. Konkret bedeutet das: Die Ingenieure dürfen den Piloten auffordern, Einstellungen am Lenkrad vorzunehmen. Sie dürfen ihnen aber nicht mitteilen, an welcher Stelle der Strecke sie sich wie zu verhalten haben.

Der WM-Führende Nico Rosberg würde eine drastischere Einschränkung des Funkverkehrs begrüßen. Der Deutsche sieht sich als Opfer der alten Regelung. Über sein (verlorenes) Duell mit Lewis Hamilton in Monza sagt er: "Seine Ingenieure haben ihm immer vorher gesagt, wann ich meinen elektrischen Zusatzantrieb zum Überholen einsetzte. So konnte er reagieren und die Zusatzenergie auch einschalten. Dadurch waren wir gleich schnell, ich kam nicht vorbei."

Funk oder nicht Funk

Für Diskussionen sorgte der Boxenfunk in der Formel 1 aber schon immer (siehe links). Kritisiert wurde dabei vor allem die von der Boxenmauer verordnete Stallorder. Doch mit diesem Problem hat die Formel 1 nicht alleine zu kämpfen. Diskussionen gibt und gab es auch um den Funkverkehr im Radsport. Er sei eine Bedrohung für die Attraktivität der Rennen, sagen Kritiker. So manche Attacke wurde durch die Stimme im Ohr schon gebremst, so manch spannende Rennsituation neutralisiert. Aus diesem Grund gestattet der Weltradsportverband den Funkverkehr nur noch auf World-Tour-Niveau. Der österreichische Profi Bernhard Eisel möchte hingegen den anderen Weg gehen: "Wir wollen mehr Funk – und damit auch mehr Infos für die TV-Zuschauer."

Im American Football gibt der Headcoach seinem Quarterback Anweisungen, beim Skifahren informieren Teamkollegen im Zielraum jene, die noch am Start stehen, über die Pistenverhältnisse.

Mittlerweile selbstverständlich ist es, dass im Fußball das Schiedsrichter-Team miteinander kommuniziert. Mit großem Erfolg. Im WM-Finale 2006 wurde Zinédine Zidane nach einem Kopfstoß ausgeschlossen. Der Hinweis dazu kam vom vierten Offiziellen. Per Funk.

"Lass Michael für die Weltmeisterschaft überholen."

Ferrari-Rennleiter Jean Todt sorgt mit seiner Anweisung an Rubens Barrichello 2001 für einen Skandal in Spielberg

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"Nicht schlecht für einen Nummer-2-Fahrer."

Mark Webber, Teamkollege und Rivale von Sebastian Vettel, nach seinem Sieg in Silverstone 2010

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"Fernando ist schneller als du."

Felipe Massa muss 2010 seinen Ferrari-Teamkollegen überholen lassen

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"Komm, Junge: Zerstöre Hamiltons Rennen, so gut es geht."

Ferrari-Ingenieur Rob Smedley gibt Felipe Massa in Singapur 2011 eine etwas andere Renntaktik mit auf den Weg

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"Lasst mich in Ruhe. Ich weiß, was ich tue."

Kimi Räikkönen, 2012

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"Schafft ihn aus dem Weg!"

Sebastian Vettel war das Tempo von Mark Webber in Malaysia 2013 zu niedrig

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"Ein Schalter ist vom Lenkrad abgefallen. Ich habe keine Ahnung, wo er ist."

Lewis Hamilton, 2014

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"Ist es normal, dass ich keine Power habe?"

Sebastian Vettel im Seuchenjahr 2014

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