Formel 1: Warum Mercedes zu schnell für die Reifen ist
An der gleißenden Sonne über Katalonien kann sich Mercedes nur bedingt erfreuen. Die Hitze bringt die Ingenieure des Formel-1-Teams ins Schwitzen - eine Lösung für das Reifenproblem muss gefunden werden. Das kommt daher, dass der schwarze "Silberpfeil" einfach zu schnell ist. Das kann "gleichzeitig Segen und Fluch" sein, wie es Teamchef Toto Wolff formulierte.
Bei Temperaturen von 30 Grad und mehr bekommen die Reifen am Mercedes schnell Haltbarkeitsprobleme, Blasenbildung tritt auf. Es sind Temperaturen, wie sie nun auch für den Großen Preis von Spanien in Montmelo bei Barcelona an diesem Wochenende erwartet werden. Das treibt nicht nur den Fahrern in den feuerfesten Rennoveralls den Schweiß auf die Stirn.
Erfahrungen aus Silverstone
Mit Hochdruck sucht Mercedes den Ausweg aus dem Gummi-Teufelskreis. "Wenn wir das nicht schnell hinbiegen, werden wir auch nächsten Sonntag dumm aus der Wäsche schauen", betonte Mercedes-Renningenieur Andrew Shovlin, nachdem die Reifen am vergangenen Sonntag in Silverstone an den Autos von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas schwer gelitten hatten. Eine Woche vorher war beiden Piloten ein Vorderreifen sogar geplatzt.
Allerdings waren die Ursachen für die massiven Probleme mit den Pirelli-Reifen unterschiedlich. Beim ersten Rennen des Silverstone-Doppelpacks wirkten die Seiten- und Längskräfte zu stark auf die Gummis ein - durch das Bremsen und durch die Kurven. Mit mehr Reifendruck fürs zweite Rennen konnte das Problem gelöst werden. Dann aber machten die Hinterreifen zu schaffen.
Im Zentrum seien diese sehr heiß geworden. "Wenn der Reifen heiß wird, schlittert er mehr und produziert so noch mehr Hitze", erklärte Shovlin. Die Folge: Der Wagen verliert an Bodenhaftung, der Fahrer an Kontrolle über den Wagen. Im Regen oder bei kühleren Temperaturen passiert das nicht, da funktioniert das Zusammenspiel zwischen Aerodynamik und Motorleistung beim "Silberpfeil" auch nahezu perfekt. "Aber bei anderen Rennen, wo der Reifen der limitierende Faktor ist, machen wir den Reifen halt platt", betonte Wolff.
Das sah dann nach dem Rennen am vergangenen Sonntag, bei dem sich Hamilton und Bottas hinter Max Verstappen im Red Bull noch auf die Plätze zwei und drei gerettet hatten, so aus, als ob die schwarzen Walzen eine zweite Schicht aus verbrauchten Reifenresten aufgesammelt hätten - eine rollende Kraterlandschaft aus Gummi. Erstaunt hatten sich WM-Spitzenreiter Hamilton und Bottas danach die weit weniger malträtierten Reifen von Verstappen angeschaut, der mit 30 Punkten Rückstand auf Rang zwei im Klassement kletterte.
Erstmals in der Sommerhitze
Auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya konnte sich Mercedes seit der Wiedereinführung der Turbomotoren nur selbst schlagen und gewann seit 2014 fünf der sechs Rennen. "Normalerweise fahren wir dort jedoch bei den Wintertests und beim Europaauftakt im Frühjahr. Dieses Mal erwarten uns allerdings Sonnenschein und die spanische Sommerhitze von mehr als 30 Grad Lufttemperatur", führte der Wiener Wolff aus. "Entsprechend wird die Hitze definitiv eine größere Herausforderung für uns darstellen, aber wir sind gespannt darauf, wieder auf dieser Strecke zu fahren und herauszufinden, ob wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben."
Laut Mercedes-Aussendung erreicht die Formel 1 in Montmelo mit 41 Grad die vierthöchste durchschnittliche Streckentemperatur des Jahres (auf Basis des Durchschnitts der letzten fünf Jahre). Zwei Faktoren sind demnach dafür ausschlaggebend: die Streckenoberfläche absorbiert sehr gut Hitze, gleichzeitig ist die elektromagnetische Strahlung von der Sonne in Barcelona besonders hoch. Deshalb steigt die Streckentemperatur rasch an, wenn der Himmel nicht bewölkt ist.
Kleiner Trost für die Marke mit dem Stern: Exklusivausrüster Pirelli hat zumindest nicht dieselben Gummimischungen wie zuletzt in Silverstone im Gepäck. Wohlwissend, dass der vor zwei Jahren neu asphaltierte Kurs die Reifen verschleißt, entschied sich der italienische Hersteller für die drei härtesten Mischungen - so wie vor knapp zwei Wochen im ersten Silverstone-Rennen.
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