Die Vierklassengesellschaft in der Formel 1

Die Vierklassengesellschaft in der Formel 1
Vor dem Grand Prix in Monza gibt es wieder einmal Diskussionen über die Chancengleichheit.

48 Punkte hat Kevin Magnussen in dieser WM-Saison gesammelt. Der Däne im Haas-Rennwagen liegt damit auf Rang acht der Fahrerwertung und nur noch drei Punkte hinter seinem großen Saisonziel. Das ist nicht einfach nur Platz sieben, der derzeit von Nico Hülkenberg gehalten wird. Vor allem wäre es der von ihm selbst kreierte Titel „Weltmeister der Klasse B“. Hülkenberg nennt es einfach „Best of the Rest“.

Die Formel 1 ist zersplittert. Die Top-Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull hängen die Konkurrenz Rennen für Rennen ab. Seit mehr als fünf Jahren haben ausschließlich die großen drei Rennen gewonnen.

Selbst Red-Bull-Teamchef Christian Horner gesteht, dass die Formel 1 aus der Balance gekommen ist. Schuld seien die Motorenhersteller mit der immer komplizierteren und dadurch auch teureren Technik.

Sergio vom soeben geretteten Force-India-Team klagt: „Kleine Rennställe können bei diesen enormen Budgetunterschieden nicht mithalten.“ Deshalb arbeiten Rechteinhaber Liberty Media und der Automobilweltverband FIA an einer Budget-Obergrenze. Bis jetzt ohne Erfolg. Pérez: „Seit ein paar Jahren gibt es zwei Klassen in der Formel 1. Das schadet dem Sport enorm.“

Die Meinung des 28-jährigen Mexikaners wird von vielen geteilt. Doch bei genauer Betrachtung des WM-Standes teilt sich das Fahrerfeld 2018 mittlerweile in vier Klassen auf.

Die WM-Rivalen Lewis Hamilton (231 WM-Punkte) oder Sebastian Vettel (214 Punkte). So viel ist klar. Einer der beiden wird heuer seinen fünften WM-Titel holen und damit zu Juan Manuel Fangio aufschließen. Nur noch Michael Schumacher hat öfter die WM gewonnen, nämlich sieben Mal. Hamilton und Vettel halten bei je fünf Saisonsiegen, noch führt der Brite die WM an, doch Ferrari machte in den vergangenen Wochen große Schritte. In der Motorleistung scheint die Scuderia bereits vor den Silberpfeilen zu liegen. Teamchef Maurizio Arrivabene sagt: „Wir müssen Mercedes unter Druck setzen. Denn das kennen sie nicht.“

Die Wingmen Im Radsport nennt man sie Domestiken, im Langstreckenlauf Pacemaker, in der Formel 1 eben Wingmen. Jene Sportler, die dafür da sind, ihre Stars zu Erfolgen zu führen. Große Aufregung gab es in dieser Saison, als Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff Valtteri Bottas (144 Punkte) als „hervorragenden Wingman“ bezeichnete. Das sei ausschließlich positiv gemeint gewesen und natürlich gebe es im Team keine Stallorder. Doch Fakt ist, dass sowohl Bottas bei Mercedes als auch Kimi Räikkönen (146 Punkte) bei Ferrari sich auch heuer mit der Rolle als Nummer 2 im Team zufriedengeben müssen. Keiner der beiden konnte (oder durfte) heuer ein Rennen gewinnen.

Red Bull Schön wäre es für das österreichische Team mit der Fabrik in England, wenn es auf Augenhöhe mit Mercedes und Ferrari wäre. Doch Max Verstappen (120 Punkte) und Daniel Ricciardo (118 Punkte) haben auch heuer mit dem WM-Kampf nicht das Geringste zu tun. Bis zu 80 PS sollen Red Bull auf Ferrari und Mercedes fehlen. Besonders gravierend ist dieser Nachteil auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke wie in Monza. Red Bull muss bereits auf 2019 hoffen: Da wechselt das Team von Renault- zu Honda-Motoren.

Der Rest Wenn alles normal läuft, belegen Ferrari und Mercedes die ersten vier Ränge, Red Bull die Ränge fünf und sechs. Dahinter kämpfen die restlichen 14 Fahrer um Punkte, Geld und Ehre. Force India wurde gerettet, fährt jetzt unter dem Namen Racing Point Force India um WM-Punkte. Im Cockpit sitzen Sergio Pérez und (noch) Esteban Ocon. Für den Franzosen könnte Monza das letzte Rennen sein, er wird vermutlich durch Lance Stroll ersetzt, den Sohn des kanadischen Milliardärs Lawrence Stroll, der maßgeblich an der Force-India-Rettung beteiligt war. Pierre Gasly sollte in der kommenden Saison die „vierte Klasse“ verlassen. Der 22-jährige Franzose wechselt von Toro Rosso zum Schwesternteam Red Bull.

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