Die Formel 1 träumt von der Normalität

Die Formel 1 träumt von der Normalität
23 Rennen und volle Tribünen – nach dem Corona-Jahr soll 2021 alles anders werden.

Dass Lewis Hamilton die bedeutendste Bestmarke von (noch) Rekordweltmeister Michael Schumacher in der Türkei einstellen kann, ahnte im März noch niemand. Erst durch die Corona-Krise rückte der Grand Prix vor den Toren Istanbuls nach neun Jahren Pause in den Notkalender der Formel 1. Ein Sieg reicht dem Mercedes-Piloten am Sonntag (11.10 Uhr/ORF1, RTL, Sky) zu WM-Titel Nummer sieben. Kaum jemand hatte noch im Frühjahr nach Verschiebungen und Absagen der ersten zehn Saisonläufe daran geglaubt, dass es 2020 überhaupt einen Champion geben wird. Dennoch steht die Rennserie vor riesigen Herausforderungen.

Die Situation werde "immer ernster", sagte Toto Wolff, Motorsportchef bei Mercedes, und ergänzte mit Blick auf die letzten vier Saisonläufe: "Es liegt in den Händen der Gesundheitsbehörden, ob Motorsport zugelassen wird und wir dorthin reisen können."

Nach der Station Istanbul sind noch zwei Rennen in Bahrain und das Finale in Abu Dhabi vorgesehen. Erstmals würden Hamilton und Co. nach dem kurzfristig abgesagten Saisonstart in Melbourne wieder weit außerhalb Europas fahren. Verschärfte Corona-Maßnahmen und strenge Reisebeschränkungen erschweren das ebenso wie die erhöhte Gefahr von Infektionen. Ein Saisonabbruch gilt aber derzeit als unwahrscheinlich.

In den vergangenen Monaten gab es auch dank eines aufwendigen Hygienekonzepts mit vielen Corona-Tests verhältnismäßig wenige Zwischenfälle, doch die Formel 1 bleibt ein Wanderzirkus mit mehr als 1.000 Personen. Dass dieser schon 2021 wieder um die Welt reisen soll, als wäre nichts gewesen, ist schwer vorstellbar.

Rekordzahl an Rennen

23 Rennen, so viele wie nie zuvor, sind vorgesehen. In Australien, dem Mittleren Osten, Europa, Asien, Nord- und Südamerika sollen die Events stattfinden.

Laut eines Berichts des Fachmagazins Auto, Motor und Sport hat das Formel-1-Management die Zusage aller Länder, dass der ganze Tross unter besonderen Bedingungen einreisen darf, falls es noch keinen Corona-Impfstoff gibt. Darüber hinaus soll auf Schnelltests gesetzt werden, um Infektionen zu jedem Zeitpunkt festzustellen.

Vorerst ist der Kalender aber nur ein provisorischer. Nach Millionenverlusten der Veranstalter und steigender Existenzangst bei den kleinen Rennställen gibt es aber keinen Plan B. Ein weiteres Jahr wie 2020 würden viele Teams wohl nicht überstehen. Und trotzdem gibt es Kritik am Mammutprogramm. "Ich bin kein Fan von so vielen Rennen", sagte Red-Bull-Pilot Max Verstappen.

Für ihn selbst sei es kein großes Problem, bemerkte der Niederländer. Vor allem die sogenannten Triple-Header, also drei Grands Prix an drei Wochenenden nacheinander, stellen die Teams aber vor Probleme. Bei seinen Mechanikern würde er dann aber mehr Müdigkeit feststellen als gewöhnlich, hatte der 23-Jährige bereits vor der Veröffentlichung des neuen Kalenders gesagt. Die Rennställe hatten sich eigentlich gegen die Triple-Header gewehrt, trotzdem soll es 2021 gleich zwei geben.

Spontane Streichungen?

Ob diese stattfinden, bleibt offen. Dass so viele Grands Prix geplant sind, bedeutet auch, dass kurzfristig einzelne Rennen gestrichen werden können, sollte die Pandemie weiter nicht beherrschbar sein. Dieser Puffer ist aus finanzieller Sicht wichtig. Denn in diesem Jahr gilt beispielsweise: Damit das TV-Geld vollständig fließen kann, müssen mindestens 15 Läufe stattfinden. In der Türkei steht nun das 14. von 17 Rennen an, eigentlich sollten es in diesem Jahr 22 sein.

Die Veranstalter hatten noch im September auf bis zu 100.000 Fans an der Strecke im asiatischen Teil Istanbuls gehofft. Die Corona-Krise sorgt aber erneut für ein Geister-Rennen und damit auch für eine triste Kulisse, wenn Hamilton seinen siebenten Titel holen kann. Es dürfte allerdings nicht das letzte Mal sein, dass die Pandemie die optimistischen Formel-1-Pläne zunichtemacht.

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