Mehr als nur ein Spiel: Der eSport auf der Überholspur
Es ist zwei Wochen her, dass sich Millionen Menschen vor ihre Bildschirme hockten und gebannt nach Südkorea starrten. Sie alle wurden Augenzeugen, wie im Munhak-Stadion in Incheon die alte und die neue Sportwelt aufeinander prallten. 2002 war die Arena noch Schauplatz der Fußball-WM gewesen, doch an diesem Wochenende rollte im Stadion kein einziger Ball. Es klickten vielmehr die Tastaturen und Mäuse der Computer.
Das digitale Kräftemessen der besten eSport-Akteure der Welt hat längst Dimensionen angenommen, wie man es bislang nur von Sport-Spektakeln wie dem Super Bowl oder dem Champions League-Finale kannte. Allein das WM-Finalturnier im Strategiespiel „League of Legends“ in Incheon wurde heuer weltweit von 205 Millionen Menschen live verfolgt. Wie rasant die Szene und die Begeisterung um die Computerspieler wachsen, zeigt sich schon daran, dass sich die Zuseherzahl innerhalb von nur einem Jahr verdoppelt hat.
Geld im Spiel
Ist da gerade eine kleine digitale Revolution im Gange? Wird die Sport-Realität schon bald von der Fiktion überholt? Liegt die Zukunft vielleicht gar in Olympischen Computer-Spielen?
Was unbestritten ist: eSport ist längst kein Spiel mehr, sondern ein Business, das vor allem in Asien boomt. Es gibt dort eigene TV-Sender, die Stars der Szene verdienen Millionen und werden wie Popstars verehrt.
Krank? Kult? Oder beides?
Wenn es nach Peter Schröcksnadel geht, dann ist dieser Trend nicht mehr aufzuhalten. Der 77-jährige ÖSV-Präsident hat sich zuletzt im KURIER-Interview als Fan des jungen eSports geoutet. Schon 2019 will er mit dem ÖSV die digitale Sportwelt erobern und im Idealfall irgendwann mit den PC-Skiläufern sogar das Bergiselstadion füllen.
Wobei die Frage erlaubt sein muss, ob es wirklich die Aufgabe eines Sportverbandes sein kann, die Menschen zum Sitzen vor dem Computer zu animieren. Gerade in diesen Smartphone-Zeiten, in denen so schon immer weniger Jugendliche den Weg zum richtigen Sport finden.
Erster PC-Profi
Ohnehin lässt es sich darüber streiten, ob das Spielen am Computer die Bezeichnung Sport tatsächlich verdient. „Man braucht Training, Ausdauer, Leistungsfähigkeit – also ist es Sport“, sagte Bundesliga-Vorstand Reinhard Herovits anlässlich des ersten Finalturniers der eBundesliga.
Seit einiger Zeit ist auch die Bundesliga im eSport am Ball, gespielt wird dabei das FIFA-Computerspiel, in der ersten Saison nahmen gleich 6000 PC-Kicker an dem Turnier teil. Darunter war auch Andres Torres, der erste eSport-Profi von Fußballmeister Salzburg. Der frühere österreichische Teamkapitän Christian Fuchs (Leicester City) hat mittlerweile sogar ein eigenes eSport-Team ins Leben gerufen.
Andere gehen derweil wieder etwas auf Distanz. Der FC St.Gallen hatte vor zwei Jahren als erster Schweizer Fußballklub zwei eSport-Spieler verpflichtet, im Sommer erfolgte der Rückzug. „Wir hatten gehofft, dass wir durch unsere eSportler die Jugend der Region für den Klub begeistern können, aber eSport funktioniert in erster Linie global“, sagte Troy Lüchinger, der Marketingchef des Klubs, zuletzt beim „eSport.Business.Forum St.Gallen.“ „Das ist eine ganz andere Welt.“
In manchen Dingen ähnelt der eSport dann aber wieder dem echten Sport. Denn auch Computerspieler sind vor Verletzungen nicht gefeit. Was dem Fußballer der Kreuzbandriss das ist dem Gamer das Karpaltunnelsyndrom. Nichts ist für einen eSportler schlimmer als ein tauber Arm, mit dem sich der Computer nicht mehr bedienen lässt.
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