Sportstars im Social-Media-Rausch
Ein Foto, unscharf und unspektakulär. Darauf zu sehen: zwei Männer an einem gedeckten Tisch. Dazu eine kurze Botschaft: „Abendessen mit Freunden in Dubai.“
So harmlos sieht er dann also aus, der explosive Stoff, aus dem heutzutage die Affären und Aufreger sind. Denn die beiden Herren, die da lächelnd auf dem Bild zu sehen sind, heißen Mark Webber und Fernando Alonso und die Nachricht machte schneller die Runde, als die beiden Formel-1-Piloten je in ihren Boliden selbige drehen könnten. Twitter sei Dank.
Wisch und weg – ein kurzer Fingerzeig auf dem Smartphone reicht heute schon, um auf der ganzen Welt Aufsehen zu erregen. In Windeseile sorgte Alonsos Foto für böse Gerüchte und krause Verschwörungstheorien. Macht da der Ferrari-Pilot etwa gemeinsame Sache mit dem verschmähten Roten Bullen Mark Webber? Hecken die beiden bei Kerzenschein gar ein gemeinsames Manöver gegen Sebastian Vettel aus?
Sinnfrage
Bild und Botschaft ließen dank Twitter jedenfalls die Wogen hochgehen. Und natürlich wurde auch Sebastian Vettel zur Causa Prima gefragt, aber als bekennender Ewiggestriger der Kommunikation („Es macht mich einfach nicht an. Ich sehe keinen Sinn darin, mich in jeder Minute der Welt mitzuteilen“) nahm Vettel das allgemeine Getöse um Alonsos Gezwitschere nicht ganz ernst. „Waren die beiden etwa nackt?“, fragte der Deutsche süffisant.
Fernando Alonso hat inzwischen den Eintrag vom gemeinsamen Dinner mit Webber vorsorglich gelöscht. Ein Beleg dafür, dass die moderne Nachrichtentechnik längst die Menschen im Griff hat – und nicht umgekehrt.
Twitter-Accounts ausgewählter Sportler
Die neuen Medien wie Twitter und Facebook haben binnen kürzester Zeit den Sport und seine Stars verändert. Sie haben den Sport zugänglicher gemacht und seine Protagonisten nahbarer und menschlicher – zugleich aber auch nackter. Der gläserne Sportler, er ist im World Wide Web längst schon Realität. Nicht zuletzt weil die meisten Sportstars diesen Status freiwillig und sogar ganz bewusst gewählt haben und dabei mitunter Einblicke in die Privatsphäre gewähren, die noch vor wenigen Jahren tabu gewesen wären.
Oder durfte vor Twitter und Facebook jemals ein neugieriger Paparazzo zu Gregor Schlierenzauer ins Bett steigen? Undenkbar.
Einblicke

Das Netzwerken gehört für viele Sportler längst zum Trainingsalltag wie die Einheit in der Kraftkammer. So vergeht kein Tag, an dem sich David Alaba nicht bei seinen Fans meldet. Kürzlich hat der Bayern-Jungstar den angesehenen ORF-Moderator und mitteilungsbedürftigen Twitter-Nutzer Armin Wolf an Followern überholt.
Auch Marcel Hirscher, der sogar zwischen Slalom-Durchgängen Zeit für Mitteilungen und Schnappschüsse findet, twittert und facebookt, was das Smartphone hergibt. „Das ist die ehrlichste Form der Kommunikation“, meint Hirscher, mit 211.000 Likes bei Facebook ein echtes Massenphänomen.
Problemzone

Das ist nur die eine Seite. Der lockere Umgang der Sportler mit Informationen bereitet vor allem Trainern und Funktionären Kopfzerbrechen. Bei der EM 2012 hatten die dänischen Fußballer ein Twitter-Verbot erhalten. Im deutschen Team wurde tagelang ein Maulwurf gesucht, nachdem die Aufstellung schon Stunden vor der Bekanntgabe im Internet aufgetaucht war. „In den Zeiten der neuen Medien ist es kaum möglich, den Spielern dies zu verbieten“, sagt Manager Oliver Bierhoff. „Aber es ist untersagt, Interna über Mitspieler sowie relevante Nachrichten wie die Aufstellung oder Verletzungen zu veröffentlichen.
Hätte es so eine offizielle Richtlinie doch bloß beim Formel-1-Rennstall McLaren gegeben. Denn einmal verbreitet, kann sich ein einzeiliges Gezwitscher zum dröhnenden Geschwader ausbreiten. Siehe Lewis Hamilton. Der erfolgsverwöhnte Pilot hatte letztes Jahr in Belgien seinen 1,4 Millionen Abonnenten die teaminternen Telemetrie-Daten zur Verfügung gestellt, nachdem sein Teamkollege mit einem neuen Heckflügel das Qualifying dominiert hatte.
Kurz darauf twitterte Ex-Pilot Alexander Wurz: „Könntest Du bitte auch noch die Strategie und das Set-up twittern? Danke!“ Wenig später war Hamiltons Eintrag gelöscht. Was blieb, war die üble Nachrede.
Kommentare